Samstag, 9. Januar 2021

Der literarische Rückblick 2020

 

Der literarische Rückblick 2019

Was die Leseplanung 2019 anbelangt, so hatte ich für dieses Jahr 2020 Folgendes anvisiert: „Für 2020 möchte ich zum einen meinem Vorhaben, nur eine überschaubare Bücheranzahl einziehen zu lassen, treu bleiben. Und ich möchte viele Bücher, die noch ungelesen hier liegen und die schon etwas älter sind, lesen. Was auch bedeutet - und da werde ich wohl langsam strange -, dass ich insgesamt weniger lesen möchte und das Lesen an sich nicht als eine Art Sport betrachten.“
Wenn ich dazu meine „Leseliste“ anschaue, ist mir das mal mehr und mal weniger gut gelungen. Zwar habe ich vieles weggelesen, aber eben auch vieles neu angeschafft. Allerdings konnte ich tatsächlich einige ältere Titel von der Liste streichen. Weniger habe ich jedoch nicht gelesen, im Gegenteil – wie sich herausgestellt hat, gab es 2020 plötzlich mehr Zeit, als ursprünglich angedacht.


Als Corona über uns kam, war ich erstaunt, als ich überall Empfehlungen für die neusten Filme und Serien auf den einschlägigen Portalen entdeckte, aber leider keine für gute Bücher. Dabei sind die meisten Follower in den Social-Media-Kanälen Autoren, Textarbeiter, Verleger oder Buchblogger. Dass es für die Branche generell ein sehr hartes Jahr war, liegt auf der Hand. Die Abverkäufe gingen sehr stark zurück und fanden wenn, dann nicht im Buchladen statt. Die meisten Events mussten abgesagt werden, was gerade viele Kleinverlage (aber nicht nur) vermutlich mindestens die Hälfte ihrer Einnahmen gekostet hat. All das hatte Einfluss auf die Vergabe neuer Aufträge an Autoren und Lektorate und Übersetzer. Auch mich, wenn ich zugeben muss, dass ich es letztendlich gut hinbekommen habe. Aber ich hörte leider auch das Gegenteil und am Ende vom Jahr kamen noch einmal eine ganze Reihe Kurzarbeiter (z. B. auch in Agenturen) hinzu. Selbst wenn es im Frühling einigermaßen alltäglich weitergehen sollte, dürfte die Schlagseite in der Branche sichtbar werden. Immerhin: Die unerwartete Freizeit hat bei vielen Autoren für fliegende Finger gesorgt. Im nächsten Jahr kommen ab Sommer vermutlich viele neue Bücher auf den Markt. Ich bin sehr gespannt, was das bewirken wird, denn ein Überangebot kann sich für gewöhnlich kein Markt leisten. Es bleibt abzuwarten – und das Beste zu hoffen. Vielleicht ist es auch eine ganz neue Chance. Wenn ich im Rückblick 2016 lese, dass in jenem Jahr so viele von oben Genannten böse aufeinander waren – Autoren auf Verlage auf Buchhändler und umgedreht, Verlagsautor gegen Selfie, etc. – dann ist die Not vielleicht eine Möglichkeit, sich ganz neu einander anzunähern. Gemeinsam waren wir noch immer am stärksten.
Was ich allerdings befürchte ist, dass der Ton noch rauer werden wird. Nicht nur, weil unter Umständen ein zusätzliches Stück vom Kuchen wegbricht, sondern auch, weil der Ton gesellschaftlich generell rauer geworden ist. Ganz besonders auch digital. Es gab 2020 einige sog. Shitstorms, denen sich die meisten auch vorbehaltlos, und ich fürchte fast auch ungesehen, angeschlossen haben. Der letzte betraf einen „Flirtratgeber“, der Frauen als Opfer bezeichnet hat und Wege aufzeigte, sie zu isolieren und in eine undankbare und absolut abhängige Position zu bringen. Ich kannte den Autor bereits, da das Werk älter ist und vor Jahren im Original zu Recht auseinandergenommen wurde. Warum der deutsche Verlag es 2017 noch einmal neu aufgelegt hat, ist mir daher unverständlich. Protest war angebracht. Aber warum, habe ich mich gefragt, musste das in einer öffentlichen Schlammschlacht ausarten? Der Verlag war willig und hat das Buch aus seinem Programm entfernt. Das hätte er sicher auch getan, wenn ihn mehrere Zuschriften erreicht hätten. Einfach auf Augenhöhe miteinander klären – das kann nicht so schwer sein. Ich habe ungläubig ein paar Beiträge der Empörten gelesen, in denen äußerst despektierliche Dinge geschrieben worden sind. Ein bisher sehr renommierter Verlag, der deutlich mehr wertvolle Bücher im Angebot hat, der anderen Lohn und Brot gibt, hat so ein Verhalten nicht verdient. Ein kleinerer Verlag könnte dank so eines Protestes alles verlieren, wofür er hart gearbeitet hat, und selbst dieser wird ein wenig brauchen, um sich davon zu erholen. Ich bin mir nicht sicher, ob das den Empörten klar ist.
Besonders hohe Wellen hat eine sehr bekannte englische Autorin geschlagen, die Millionen von Kindern mit ihren Büchern glücklich gemacht hat. Sie äußerte sich zu einem Artikel, in dem Frauen als „persons who menstruated“ bezeichnet wurden und musste sich schließlich den Vorwurf gefallen lassen, sie sei transgenderfeindlich. Erschrocken war ich über die weltweiten Reaktionen, besonders in den sozialen Medien. Wie leicht es heutzutage ist, jemanden an den Pranger zu stellen und dafür zu sorgen, dass alle die digitalen Fackeln und Heugabeln auspacken, war nie deutlicher als in diesem Fall. Natürlich kann man über das Thema diskutieren, aber offenbar nicht anderer Meinung sein. Nur weshalb? Abgesehen davon bin ich davon überzeugt, dass mindestens die Hälfte aller, die nur zu bereit waren, mit den scharfen Zinken zuzustechen, die Bedeutung einiger Fachbegriffe aus den Sozialwissenschaften nicht kennen, welche die Runde gemacht haben. Ob alle wussten, worum es überhaupt geht? Ich vermute, dass es gereicht hat zu behaupten, „Autorin x ist transgenderfeindlich“. Wer überprüft denn heute noch Meldungen, die im Sekundentakt an einem vorbeiflackern? Vielleicht wäre alles auch in den hunderttausenden anderen Meldungen untergegangen, wenn nicht der Name dieser Autorin J.K. Rowling lauten würde. Zeit ist dabei ein gesondertes Stichwort. Sich nämlich in die Materie einzulesen, dauert. Ich war entsetzt, wohin die alte Diskussion (älter als die meisten von uns auf der Welt sind) in der Geschlechterforschung rund um biologisches vs. soziales Geschlecht inzwischen gelangt ist. Jene, die das biologische betonen, werden inzwischen als „radikal“ bezeichnet. Ich finde diese Wertung nicht richtig, sie nimmt bereits im Vorfeld die Neutralität aus jeder möglichen Diskussion. Wobei ich vermute, dass eine solche auch nicht mehr gewollt, da als beendet erklärt worden ist (ob sie das auch wirklich ist, wird sich zeigen (müssen)). Schließlich hieß es, die Autorin hätte in ihren Erwachsenenbüchern, die sie unter männlichem Pseudonym geschrieben hat, ihre (wie auch immer geartete) Sichtweise gezeigt. Wieder wurden die digitalen Heugabeln ausgepackt und das, obwohl sogar einige zugaben (!), dass sie diese Bücher nie gelesen haben. Das war der Punkt, an dem ich beschlossen habe, dass ich so ein Mensch niemals sein möchte.
Eine eigene Meinung ist nie wichtiger gewesen als heute und sie braucht Zeit. Zeit für Recherche, das Thema von allen Seiten zu betrachten und dann dem eigenen Geist Zeit geben, darüber zu reflektieren. Wenn die Schlammschlacht aber schon in vollem Gange ist und es reizvoll wirkt, sich dazwischenzuwerfen … wer hat sich diese Zeit genommen? Ich glaube, das waren nicht so viele. Inzwischen habe ich Band 1, 2 und 3 gelesen (plus die Serie dazu geschaut), die 4 liegt bereits hier. Jedes dieser Taschenbücher hat über sechshundert Seiten. Ich kenne Rowlings Texte zum Thema und ich habe auch einige ihrer Gegner gelesen. Das hat gedauert. Die Schlacht ist aber erst einmal ausgesetzt und wird vermutlich bald vergessen sein. Ob die einstigen Fans wirklich all ihre Potter-Bücher auf der Straße verbrannt haben, bleibt ungewiss.
Ich vermute, dass hinter all dieser Bereitschaft, etwas oder jemanden ungespitzt in den Boden zu rammen, oft noch etwas ganz anderes steckt. Als erhielten all jene eine Art Kick, besonders wenn sie dafür auch noch Zustimmung ernten oder sich generell als Teil einer größeren Masse (Gemeinschaft?) fühlen können. Bestätigung brauchen wir schließlich alle ab und zu. Als Sozialwissenschaftlerin finde ich es unheimlich interessant in den nächsten Jahren zu sehen, wohin die Digitalisierung dahingehend wohl noch führen wird. Aber ich fürchte, schön wird das nicht. Darum habe ich schon vor einer ganzen Weile entschieden, mich aus den meisten Social-Media-Kanälen zurückzuziehen. Besonders Twitter ist mir negativ ins Auge gefallen.
Aus all diesen genannten Gründen möchte ich mir als gesondertes Ziel vornehmen, unvoreingenommen(er) an Bücher heranzugehen. Das hatte ich bereits einmal vor Jahren so gehandhabt, habe es aber nicht durchhalten können, als der Dino-Porn (ja, richtig gelesen) aufgekommen ist. Dafür Lebenszeit aufzubringen, war mir dann doch nicht möglich. Aber nur deswegen auf ein Buch zu verzichten (oder es gar zu verbrennen!), weil ich gehört habe, dass … nein. Einfach nur nein.
An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich schon länger einen Beitrag im Blog plane, in dem es um Autoren hinter den Werken gehen sollte. Sollte das, was sie getan oder nicht getan haben, ihre politische Meinung oder ähnliches eine Rolle dabei spielen, ob man das Buch liest? Eine Meinung habe ich bisher nicht dazu, fände es als Diskussionspunkt aber ganz interessant.

Neben all diesen Dingen gab es 2020 einen Gedanken, der mir nicht aus dem Kopf gegangen ist. Im letzten Jahr sollten Blogger auf der Buchmesse Vorträge halten können, was dann aber nicht stattgefunden hat. Vorschläge waren aber bereits eingereicht. Einer ist mir nicht aus dem Kopf gegangen: Blogger müssen politischer werden. Die Bloggerin meinte damit die üblichen Themen mit den üblichen Schlagworten, die nun zur Genüge zerknautscht wurden, ohne auch nur ansatzweise neue Ideen oder Gedankengänge zu generieren. Aber der Satz an sich ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Zunächst hat mich das verwirrt, denn ich wollte im Blog nie politische Themen behandeln, es sollte ausschließlich um Bücher gehen. Bis ich dann immer öfter fast automatisch damit konfrontiert wurde. Übrigens auch beruflich. Und wer glaubt, in der Belletristik gäbe es das nicht, dem sei gesagt, dass auch hier längst der neue Zeitgeist eingeflossen ist. Und mit diesem kann ich einfach nicht gut.

Es war ein langer Weg, mir das nicht nur einzugestehen, sondern auch damit aufzuhören, herumzudrucksen. Schönzureden, etwas weg- oder auszulassen, eine gezielte Wahl wegen des Zeitgeistes zu treffen und ähnliches. Ich habe beschlossen, dass ich ehrlich sein möchte, denn zwischen den Zeilen ist immer herauszulesen, wie es wirklich ist. Ich bin in etwa auf Rezensionen gestoßen, die sich auf ein Buch einer farbigen Autorin bezogen, die zwar aussagen wollten, dass die Geschichte gut sei, im Grunde aber völlig anderer Meinung waren. Nur wieso? Geht es denn nicht genau darum? Ich war irgendwann so abgestoßen von allem, dass ich für mich beschlossen habe, einfach allen auf Augenhöhe zu begegnen. Ich denke, da macht man am wenigsten falsch und letztendlich wusste es die Oma noch am besten: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.
Ich möchte also auch weiterhin nur solche Bücher lesen, die mich inhaltlich interessieren. Also nicht nach dem Drumherum auswählen, nach Geschlecht des Autors etc. Eifrige Leser wissen, dass dies in der Vergangenheit einmal anders gewesen ist und ich fast ausschließlich weibliche Autoren gelesen habe.

Mich hat kürzlich übrigens jemand gefragt, was ich mit dem „Zeitgeist“ eigentlich meine. Das kann in der Tat verwirrend sein. Immerhin habe ich mich immer für das Frauenbild in Büchern interessiert und mir besonders die weiblichen Charaktere (sofern vorhanden) angeschaut. Ich war auch eine der ersten Bloggerinnen, die queere Bücher – dank einer engagierten, fleißigen (Mit-)Autorin – thematisiert hat. Ich will das Thema an der Stelle gar nicht ausreizen. Es hat eine lange Zeit gedauert, ehe mir klar geworden ist, dass mir der neue Zeitgeist nicht gefällt und dann noch einmal eine Weile, warum. Nicht die Themen stören mich, sondern deren Auf- und Ausarbeitung. Es erscheint fast so, als hätte das jemand für alle definiert und festgelegt und die meisten haben es (unbesehen?) aufgegriffen und angenommen. Aber mir gefällt es nicht. Es ist nicht das, wofür ich jahrelang gestanden habe. Es ist nicht das, wie es sein sollte. Manchmal habe ich das Gefühl, es steckt irgendetwas ganz anderes dahinter, aber ich hoffe, ich irre mich da. Nichtsdestotrotz setze ich mich natürlich auch weiterhin für Gleichberechtigung für alle ein. Nur eben auf meine eigene Art und Weise.
Eine davon wird übrigens sein, dass ich mich dafür stark machen möchte, dass die Inhalte von Büchern wieder in den Fokus geraten und eben nicht das Drumherum. Schon beruflich bin ich oft recht angemeiert davon, wie Werke ausgewählt werden. Da reicht es heute, ein youtube-Sternchen zu sein oder grün-lila gestreifte Haare zu haben, um veröffentlicht zu werden. Schei… auf die Qualität des Textes. Ich bin generell sehr enttäuscht davon, wie wenig kritisch die Leser (auch und besonders die, die es besser wissen müssten) heute an Geschichten herangehen. Das meine ich nicht einmal thematisch, sondern einfach von der Art wie erzählt wird, ob der Autor einen reichen Sprachschatz besitzt, wie die Story aufgezogen wurde und strukturiert ist usw. Werke, die ich grottenschlecht fand (und zwar nicht als subjektive Meinung), erhielten volle Punktzahl und das nicht nur von einem Leser, sondern gleich einer ganzen Reihe. Und ich verstehe es nicht. Natürlich sind viele Werke kostenlos vergeben oder sehr geschickt vermarktet worden. Aber ich befürchte, dass es inzwischen auch eine ganze Reihe Leser gibt, die es selbst nicht mehr besser weiß. Und davor fürchte ich mich. Was ist denn noch besonders am lesen – oder weitergedacht: am schreiben –, wenn es nichts mehr zählt? Wenn nicht mehr gelesen, sondern mehr konsumiert wird? Wir haben eine sehr schöne und reiche Sprache, die aber immer nur so gut sein kann, wie derjenige, der sie benutzt.
Wenn ich so das bisher Niedergeschriebene lese, wird mir klar, dass ich im Prinzip nichts ändern möchte, nur einfach weitermachen wie bisher. Aber vielleicht ist das in einer sich rasant verändernden Welt auch die größte Herausforderung.
Für den Blog: Ich werde auch weiterhin Bücher besprechen, die im Sachbuch-Bereich angesiedelt sind. Und ich möchte weiterhin mutig bleiben. Das klingt so strange, dass offensichtlich sein sollte, dass etwas in unserer Gesellschaft in Schieflage geraten ist. Denn wenn es Mut braucht, seine Meinung kundzutun, stimmt etwas nicht. Ich möchte mehr Beiträge posten, die keine Rezension sind und ein Thema zur Diskussion stellen. Aber da ich meine Zeitressourcen schlecht abschätzen kann, möchte ich an dieser Stelle keine Versprechungen machen. Aus meiner Idee, jedem Monat ein Thema zu widmen, wird vermutlich aus gleichem Grund nichts. Aber zumindest habe ich es versucht und die ersten drei Monate 2021 sind bereits eingetaktet.
Die Highlights 2020 sind nicht als überragende Werke zu verstehen, sondern als solche, nach deren Lektüre ich schlicht sehr zufrieden war und jede Menge tolle Lesezeit verbringen konnte. Sie sind nach Erscheinungsdatum im Blog geordnet.

Lese-Highlight:

Unter den Armen und Elenden Berlins - HansRichard Fischer


Zerrissene Erde - N. K. Jemisin

Milchmann - Anna Burns

Die Tochter des Wolfs - Robin Hobb

Der letzte Mensch - Mary Wollstonecraft Shelley

Die fast vergessene Kunst des Briefeschreibens - Titus Müller/ Gaby Trombello-Wirkus

Weizenwampe: Warum Weizen dick und krank macht - Dr. med. William Davis

Unter der Haut: Eine literarische Reise durch unseren Körper

Code kaputt: Macht und Dekadenz im SiliconValley - Anna Wiener


Das kleine Buch vom großen Knall: und was imUniversum seitdem geschah - Dr. Becky Smethurst

I'm a Nurse: Warum ich meinen Beruf als Krankenschwester liebe – trotz allem
- Franziska Böhler

(Rezension: gesammelt) Von Grenzschützern und wie Logos unser Leben diktieren

Konsum - Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen
- Carl Tillessen

LoveStar - Andri Snær Magnason

 

Enttäuschend:


Eine Krone aus Feuer und Sternen - Audrey Coulthurst

Jägerin des Sturms - Rebecca Roanhorse

Das Spiel des Barden - Kevin Hearne

Wuhan Diary: Tagebuch aus einer gesperrten Stadt - Fang Fang

Das Reich der zerbrochenen Klingen - Anna Smith Spark

Die dunklen Pfade der Magie - A. K. Larkwood

Paper Girls 1 - Brian K. Vaughan

 

Erwähnenswert, weil ebenfalls gerne gelesen:

Priest of Bones - Peter McLean


Die schwarze Schar - Nicholas Eames

Der Ursprung der Welt - Liv Strömquist

Klee Wyck – Die, die lacht - Emily Carr

Die Magierin - Samantha Shannon

The Game: Eine Reise durch die Digitale Welt - Alessandro Baricco, Sara Beltrame

Bob, der Streuner - James Bowen


In diesem Jahr gab es knapp dreihundert Kommentare in diesem Blog, für die ich mich ganz herzlich bedanken möchte. Sie zeigen mir, dass ich mich mit den Texten nicht nur selbst unterhalte.
:)

Die meisten Besucher waren im Februar da, obwohl dieser auch der Monat mit den wenigsten Beiträgen gewesen ist. Die fünf am meisten gesuchten Begriffe waren: verstand und gefühl erstveröffentlichung, prinzessin fantaghiro ende, entsnowden bedeutung, lesbische literatur, andrzej sapkowski neues buch.

Die meisten Besucher kommen aus Deutschland, den Vereinigten Staaten und Hong Kong, gefolgt von Russland und Frankreich. Bei den Seiten führen die Leseliste und die Fantasy-Challenge. Bei den Beiträgen führen:

(Neuauflage) Andrzej Sapkowski „Geralt-Saga“ –mit Verlagsinterview

(Neu) C.L. Wilsons "Mystral"-Reihe geht endlich weiter

(DVD) Prinzessin Fantaghiró (9+10)

Dieser Text war sehr lang und ich bedanke mich ganz herzlich bei allen, die ihn bis zum Ende gelesen haben. Lasst mich wissen, wie Eure Gedanken zu den Themen aussehen oder einfach welches Buch euch in 2020 am meisten begeistern oder enttäuschen konnte.

Ich wünsche allen Leser ein wunderbares Jahr 2021!

 

11 Kommentare:

  1. Die Pandemie hat sicher noch langfristige Auswirkungen auf die gesamte Buchbranche und ich bin gespannt und besorgt, was das für Verlage, Autorinnen und Autoren künftig bedeuten wird. Erfreulich ist immerhin, dass es letztes Jahr im deutschsprachigen Raum ein Umsatzplus bei Kinderbüchern gab.

    Was die Rowling-Diskussion angeht, möchte ich gern darauf hinweisen, dass der Ausgangspunkt der Diskussion fast überall falsch bzw. verkürzt dargestellt wird. Der Artikel hat nicht Frauen im allgemeinen als "persons who menstruate" bezeichnet. In dem Artikel geht es darum, dass viele Frauen nicht ausreichend Zugang zu Menstruationsartikeln haben und daher in diese Richtung investiert werden sollte. Im Zusammenhang des Artikels steht daher "An estimated 1.8 billion girls, women, and gender non-binary persons menstruate, and this has not stopped because of the pandemic."
    Deshalb ist es auch passend, wenn die Überschrift des Artikels lautet "Creating a more equal post-COVID-19 world for people who menstruate". Würde die Überschrift lauten "Creating a more equal post-COVID-19 world for women", würde das ja nicht nur Transgender-Personen nicht mit einschließen, sondern es wäre vor allem auch wenig präzise und ich würde eher erwarten, dass es darin allgemein um Gleichberechtigung/Frauenrechte geht. Ich kann also wirklich nicht verstehen, weshalb Rowling sich an dieser Überschrift und diesem Artikel gestört und sich darüber lustig gemacht hat.
    Der Vorwurf der Transgenderfeindlichkeit kommt auf jeden Fall nicht aufgrund dieser alleinigen Aussage, aber das haben viele deutlich kompetenter und ausführlicher dargelegt, als ich es jemals könnte. Dass die ganze Diskussion dann leider auf beiden Seiten ziemlich ausgeartet ist und die Aufforderung fiel Bücher zu verbrennen, ist dann wieder ein eigenes Thema und hat mich auch sehr schockiert.

    Auch wenn ich zum Rowling-Thema wohl eine andere Meinung habe, stimme ich dir uneingeschränkt zu, dass der Ton unangemessen rau geworden ist - hier und auch bei vielen anderen Themen. Ich finde es daher zunehmend frustrierend und ermüdend, mich im Internet bzw. den sozialen Medien zu bewegen. Ich bin ein ziemlich harmoniesüchtiger Mensch und wenn ich das Gefühl habe, bei einer Diskussion zwischen die Fronten zu geraten oder meine Meinung nicht verständlich wiedergegeben zu haben, wirft mich das oft für Tage aus der Bahn und beschert mir schlaflose Nächte. Daher sehe ich inzwischen leider meistens davon ab, meine Meinung kundzutun.

    Ich wünsche dir ein gutes (Lese-)Jahr 2021 und hoffe, dass du weiterhin Freude an deinem Blog hast!
    Übrigens ist mir bisher völlig entgangen, dass du "Milchmann" rezensiert hast. Das Buch ist mir von mehreren Seiten empfohlen worden und ich hoffe, dass ich in diesem Jahr dazukomme es zu lesen.

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  2. Da sagst Du was. Ich hoffe aber sehr, dass die Branche sich relativ gut von den Maßnahmen erholen kann, auch wenn ich befürchte, dass kleinere Sachen/Projekte auf der Strecke bleiben werden. Daumen sind aber in jedem Fall gedrückt.

    Ich habe Rowling eigentlich nur als ein Beispiel von vielen herausgesucht, denn ich glaube und hatte gehofft, es wird im Text deutlich, dass es viele Leute gibt, denen egal ist, um wen oder was es sich handelt, die sich nicht richtig darüber informieren, aber eben trotzdem äußerst despektierlich damit umgehen, statt einfach weiterzuscrollen. Dann wird nämlich oft nicht nur angedroht, die Bücher zu verbrennen, sondern den Autor gleich mit. Und für „Autor“ kann man auch jeden anderen Beruf einsetzen, da gibt es ja derzeit etliche Beispiele.
    Was Rowlings Fall angeht, habe ich noch keine endgültige Meinung. ;-) Zwar habe ich alles gelesen, was ich finden konnte, aber da ist noch Luft nach oben. Auch bin ich noch nicht alle Bücher durch. Die ersten drei Bände sind allerdings ein Musterbeispiel für Diversität in alle Richtungen, was mich zusätzlich irritiert. "persons who menstruated" sind biologisch weiblich, da führt kein Weg dran vorbei, auch wenn man es gern anders hätte. Dass der biologische Aspekt neuerdings so ausgehängt wird, übrigens ohne, dass wir dazu befragt worden wären, es wird einfach gemacht (was viele Leute zusätzlich aufbringen dürfte), kann gerade für Frauen sehr gefährlich werden. Darauf hinzuweisen ist aber gar nicht mehr so einfach. Zumal die „Gruppe“ um die es hier geht, vergleichsweise klein sein dürfte. Rowling selbst (und auch hier kann jeder beliebige Name eingesetzt werden) hat vermutlich im Überschwang einen kurzen Tweed abgesetzt, der aus wenigen Zeichen besteht und was in diesen hineininterpretiert wird, irritiert mich sehr, immer noch. Ich sage an dieser Stelle nur, dass es kein Wunder ist, dass jeder ab einer gewissen Followerzahl eine Agentur beauftragt. Einfach mal was „raushauen“ ist nicht mehr, auch für jemanden mit drei Followern. Da steht eine Meinung über eine Person fest, egal was diese danach sagt und alle schießen sich darauf ein, die Person „fertigzumachen“. Hier eben mein Gefühl (siehe obiger Text), dass manche das fürs eigene Wohlbefinden genauso brauchen, völlig unabhängig von Person und Sache. Einfach ein „für Gerechtigkeit“ gekämpft, alles gut. Aber das führt an der Stelle wohl zu weit. ;-) Ich hoffe aber sehr, dass die Aufmerksamkeit, die der entsprechende Artikel erhalten hat, letztendlich auch etwas Positives beinhalten konnte. Praktische Hilfe in etwa. Aber über seine Aussage ging es dann eher weniger, was schade war, dieses Thema wäre nämlich auch wichtig.

    Themen und Ton im Internet sind schon sehr lange nicht mehr meins, warum steht im Text. Darum bin ich auch weitestgehend aus den sozialen Medien verschwunden, außer beruflich und selbst da überlege ich. Wirklich brauchen tut man es nicht (mehr). Vermutlich weil sich die meisten Kanäle so dermaßen negativ entwickelt haben, dass viele User fernbleiben. Und während gerade jetzt viele auf der Digitalisierungswelle reiten, habe ich das Gefühl, es spielt sich wieder mehr im analogen Leben ab. Wünschen würde ich es mir. :-) Vielleicht geht dann auch wieder mehr in Sachen Umgangston. Bloße Buchstaben ersetzen Mimik und Gestik nicht, kein kurzes Nachfragen, ob das wirklich so gemeint war etc.

    Danke, ich freue mich sogar auf 2021 und das nicht nur, weil mir schon viel angekündigt wurde, privat wie beruflich. Den Blog nehme ich natürlich mit. :-)
    „Milchmann“ ist ein tolles Buch, wenn auch zwei weitere Leserinnen in meinem persönlichen Umfeld nicht gut damit klargekommen sind. Einfach ist er nicht und das in mehrerer Hinsicht. Trotzdem glaube ich, dass er Dir gefallen wird und ich wünsche Dir schon mal viel Spaß damit!

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  3. Ich glaube, in 2020 hat fast jeder Bücherwurm mehr gelesen als geplant - was soll man im Lockdown auch sonst großartig machen? :D
    Ich bin aber auch schon gespannt, wie sich die Buchbranche unter den Bedingungen noch entwickelt, vor allem falls auch dieses Jahr einige Messen ausfallen sollten. (An die Leipziger Buchmesse zB glaube ich noch nicht...)

    Ich finde den Umgangston im Internet auch immer beunruhigender. Viele vertrauen einfach blind auf die Meinungsmache einzelner und schließen sich dem im gleichen Tonfall an. Man darf wirklich keine schlecht formulierten Sätze mehr schreiben, ohne dass einem eventuell ein Strick draus gedreht wird. Da gewinnt offenbar die Anonymität der digitalen Welt die Oberhand... Kann mir auch gut vorstellen, dass sich manche Personen dadurch Bestätigung der Follower erhoffen... Und die Fähigkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden, geht ohnehin immer mehr verloren. Ich halte mich da allerdings überwiegend raus, es sei denn, jemand vertritt ganz offensichtlich menschenverachtende Werte...
    Ich fände es daher auch schön, wenn man Kritik mal wieder mehr auf die konstruktive Ebene bringen könnte.
    Zu JK Rowling kann ich nicht viel sagen. Ich mochte Harry Potter nie besonders gerne, besitze die Bücher auch nicht und verspüren keinerlei Verlangen, jemals etwas anderes von ihr zu lesen. Die Diskussion habe ich daher nur oberflächlich verfolgt. Generell hätte ich mir von ihr aber eine Entschuldigung gewünscht, wenn sie ihre Worte tatsächlich anders meint, als sie das in ihren zahlreichen Tweets durchscheinen lässt. Selbst wenn jemand unbeabsichtigt andere mit seinen Worten verletzt, sollte man dafür geradestehen können und daraus lernen. Und sich über den Titel "persons who menstruate" lustig zu machen, fand ich ehrlich gesagt wirklich grenzwertig... Ansonsten soll jeder für sich selbst entscheiden, ob die Bücher vom Autor getrennt gesehen werden können. Mir gelingt das zB bei Akif Pirinçci nicht, seit ich seine Pegida-Reden gesehen habe...
    Tatsächlich finde ich nicht, dass Blogger politischer werden MÜSSEN, immerhin lesen die meisten nur aus Freude am Lesen und haben vllt abseits davon auch nichts mit Politik am Hut. Von diesen Bloggern zu verlangen, politischer zu werden, finde ich daher unpassend. Allerdings sollten grundsätzliche ethische Problemfelder schon erkannt werden. Z.B. wenn sich ein Inhalt deutlich gegen unser Grundgesetz richtet, sollte das schon auffallen. Ich persönlich bin im Alltag inzwischen so politisch geprägt, dass ich gar nicht mehr anders kann, als auch alles was ich lese/sehe/höre aus politischer Sicht zu bewerten. XD Wobei ich das inhaltlich meine. In deinem einen Beispiel wurde ja offenbar ein Buch nur wegen der Hautfarbe der Autorin positiv bewertet. Sowas finde ich albern - die Hautfarbe sagt ja nichts darüber aus, ob die Person eine gute Geschichte schreiben kann. Wenn begründet wird, warum es nicht gefallen hat, ist das doch vollkommen okay.
    Mich nervt auch zunehmend, dass man als Blogger keine negative Meinung zu einem (vllt sogar gehypten) Buch haben darf, ohne dafür beschimpft zu werden. Als würde ab einer bestimmten Reichweite ein Buch jedem gefallen müssen... Oder das Gejammer, Blogger dürften ihre "Flops" nicht mehr präsentieren, weil das ja schlecht für die Autoren wäre...

    Also ich glaube, ich verstehe, was du mit dem aktuellen Zeitgeist meinst und sehe das auch grundsätzlich kritisch. Es wäre schön, wenn die Buchbubble differenzierter damit umgehen würde und über verschiedene Meinung sachlich diskutieren könnte. Aber ich fürchte auch, der Umgangston wird eher noch unsachlicher...

    Ich wünsche dennoch ein schönes und hoffentlich gesundes (Lese-)Jahr!

    Liebe Grüße
    Alica

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  4. Hallo Alica,

    danke, dass Du den Text bis zum Ende gelesen hast :-)
    An eine Buchmesse glaube ich auch nicht. Anfang der Woche habe ich mit verschiedenen Leute aus Pflegeberufen gesprochen und was immer sie meinen mit „unter der Hand“, sie sind alle der Meinung: mindestens bis Ostern. Und da ist es ja bis zur Messe nicht mehr weit.
    Wie gesagt, ich bin aus den meisten Social-Media-Kanälen weg, wenn setze ich nur Links rein und fertig. Das hat alles mal viel Spaß gemacht, aber inzwischen dreht es sich ja immer mehr. Hinzukommt auch all das, vor dem uns Snowden schon vor langer Zeit gewarnt hat (und das ist ein riesiges Thema).

    Ich mochte Potter auch nie, habe aber die Filme gesehen. An die Bücher – und ich habe es mehrfach versucht – bin ich nie rangekommen. Daher hatte ich die Autorin bzw. die adult-Bücher von ihr gar nicht auf dem Schirm. Ob ich sie gelesen hätte, wenn sie nicht zufällig bei meiner Mutter gelegen hätten, kann ich nicht mal sagen. Aber da sie schon einmal da waren ;-)
    Ob sie sich mit diesem Tweed über alle anderen außer Frauen lustig gemacht hat, sehe ich persönlich nicht. Vielleicht hat sie in diesem Moment gar nicht so weit gedacht. Ich möchte ehrlich gesagt auch nicht zu einer Gruppe gezählt werden, die sich „persons who menstruated“ nennt, weil ich diesen Ausdruck einfach nur furchtbar finde. Das heißt aber nicht, dass ich nicht sage, ich gönne es allen, die sich unwohl im eigenen Körper fühlen, dass sie Technik und Medizin nutzen. Im Gegenteil, sogar von ganzem Herzen. Aber eben nicht auf Kosten der Hälfte der Weltbevölkerung. Da denke ich nämlich an all die Texte, die ich dazu gelesen habe (vor Jahren schon im Studium) und die ich damals schon teilweise richtig gruselig fand. Die Forderung, man solle bei Geburt eines Kindes kein Kreuzchen mehr in der Geburtsurkunde bei „Junge“ oder „Mädchen“ machen, hat es ja mittlerweile in die Politik geschafft. Aber da hört es nicht auf. Viele Texte beschäftigten sich mit der Erziehung und das lief im Stile „drück Mädchen bloß keine Puppe in die Hand“. Und all die anderen Dinge, die jetzt zu weit führen. Ich denke nur manchmal, es ist schlicht diese urweibliche Art, die Art wie wir sozialisiert wurden, dass unbedingt „Gerechtigkeit für alle“ geschaffen werden soll, dass eben alle anderen sich wohlfühlen sollen – und frau sich dabei selbst vergisst, eben weil Frauen von jeher so erzogen wurden, zurückzustecken, um für andere dazusein. Aber auch das führt an dieser Stelle zu weit.

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  5. Müssen muss ja keiner von uns :-) Aber die meisten sind es mittlerweile ohnehin und sei es auch, wenn jemand „völlig erschrocken“ feststellt, im letzten Jahr mehr männliche denn weibliche Autoren gelesen zu haben. Oder Bücher besprochen werden zu allen Kampfbegriffen, die es derzeit gibt: Feminismus, Nachhaltigkeit, Diversität … Auswahl haben wir ja genug :) Und nein, ich sage nicht, dass das schlecht ist. Ich würde mir sogar wünschen, wenn das noch ein paar mehr Blogger tun würden. Nur bitte nicht so ungesehen wie bisher, sondern stets hinterfragt, auch wenn das vielleicht ein bisschen mehr Mühe macht. Auch wäre es schön, wenn mehr Blogger, also Leute, die sich professionell (wenn man LEs bekommt, ist man genau das) mit Büchern auseinandersetzen, mehr hinterfragen, woher Bücher eigentlich kommen, wer die macht, wo und wie. Gerade in Zeiten von Corona nicht ganz unwichtig.
    Auch, was Du schreibst, die ewige Diskussion, ob man negative Rezensionen schreiben darf (seit ich angefangen habe zu Bloggen, ich gehe ins zwölfte Jahr, gibt es die), oder ob man Bücher abbrechen darf … es ist teilweise schon recht ermüdend. Die meisten hinterfragen vermutlich auch nicht, wie sie auf ein Buch kommen – oder es ist ihnen egal? MUSS es denn immer das gerade aktuelle Buch sein? Warum nicht mal ein älteres?

    Ich glaube, so unterschiedlich sehen wir das alles gar nicht :) Ich formuliere es nur meistens etwas direkter. Wie ich oben auch geschrieben habe, bin ich für Gleichberechtigung auf allen Ebenen und das schon etliche Jahre (auch, als ich dafür noch belächelt wurde). Alles andere macht für mich auch keinen Sinn. Und genau darum will ich auch versuchen, eben nicht mehr nach dem Drumherum eines Buches auszuwählen (Hautfarbe, Geschlechte, „Hype“ etc.), sondern nur noch danach, ob mich das Buch an sich anspricht. Gut, bei Galbraith bin ich schon am Ziel vorbei, aber es gibt ja noch andere Bücher, die ich besprochen habe. :)

    Ich wünsch Dir ein wunderbares Lesejahr 2021!

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    1. Ich verstehe absolut, was du meinst, aber ich glaube, mein Umgang damit ist einfach anders. Von "genderneutraler Erziehung" z.B. halte ich auch nicht viel. Ich finde es vollkommen okay, dass Kinder bei der Geburt das offensichtliche Geschlecht zugeordnet bekommen (gibt ja nur seltene Fälle, wo es nicht mit den Chromosomen übereinstimmt oder uneindeutig ist und dafür kann man gerne Ausnahmen treffen). Und bei der Erziehung bin ich ohnehin dafür, dass Kinder einfach spielen dürfen, was sie möchten. Und wenn das Mädchen Puppen mag ist das genauso okay wie wenn sie auf Bagger abfährt. Also Geschlechterrollen aufbrechen, da bin ich sehr dafür. Aber das heißt ja nicht, dass die Kinder nicht ein bestimmtes biologisches Geschlecht haben.
      Ich glaube aber nicht, dass die mehrheitliche politische Richtung sein wird, dass das biologische Geschlecht "abgeschafft" wird oder Frauenrechte dadurch vernachlässigt werden. Vielmehr sollte eine Gleichberechtigung für alle eben auch genau das sein. Und wenn z.B. ein Transmann noch eine Menstruation hat, fände ich es unschön, ihn bei der Frage nach Hygieneprodukten auszuschließen. :) Daher finde ich "persons who menstruate" wirklich nicht schlimm. Gibt ja auch massenhaft Frauen, die - aus welchen Gründen auch immer - keine Menstruation haben. Weshalb "die Hälfte der Menschheit" bei dem Thema auch etwas viel ist. ;)
      Aber wie gesagt, ich verstehe deine Denkweise bei dem Thema.

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  6. Nein, ich glaube wirklich, wir sehen das nicht so unterschiedlich, ich bin vielleicht ein bisschen weiter. ;-) Ich möchte auch, dass ein Kind nicht beeinflusst wird, es soll spielen und tun, was es möchte. Also in etwa auch ein Junge, der lieber malt, statt draußen herumzutoben, soll das tun. Und in der Kindergruppe, in der ich mal gearbeitet habe, gab es oft Diskussionen darum, ob man da Jungs damit nicht zu weich macht. Fand ich damals furchtbar. Geschlechterrollen aufzubrechen, würde auch bedeuten, dass Frauen für sich selbst einstehen und zwar nicht Marke: Junge – der ist aber selbstbewusst, Mädchen – die ist aber zickig. Und ja, die Biologie wieder ;-) Erzähl mal dem heutigen Diskurs davon. DAS ist doch der Knackpunkt, um den es geht. Die meisten Kinder, die geboren werden, haben ein genau zuordbares Geschlecht. Die Gruppe, bei denen es anders ist, ist vergleichsweise verschwindend gering. Das man diese nicht über die größere der beiden stellt, hat nichts mit Diskriminierung zu tun. Es heißt nur, dass wir noch nicht den richtigen Umgang gefunden haben, wie zukünftig damit umzugehen ist.
    Wenn man bedenkt, dass bereits jetzt in offiziellen Dokumenten etliche Änderungen bei bestimmten Formulierungen vorgenommen wurden, wer weiß. Auch gibt es inzwischen schon einige Situationen, wo Frauen und Transgender eben nicht gleichberechtigt nebeneinander sein _können_. Es gibt bei allen Themen immer Korrelationspunkte, die nicht vernachlässigt werden sollten, es aber meistens wegen des offiziellen Tenors werden.
    Ich finde nicht, dass Personen ausgeschlossen werden, die Natur zeigt ihnen ja deutlich, zu welcher (größeren) Gruppe sie gehören - und es ist bitte nicht "pwm". Aber gut, in dem Fall bin ich ziemlich eigen. Übrigens haben (junge) Frauen ihre Menstruation (DAS urweiblichste Thema, das es gibt! Weshalb eben doch alle Frauen gemeint sind) nicht jeden Tag ;-) Aber auch in der Zwischenzeit müssen die hygienischen Bedingungen stimmen. Von daher hoffe ich einfach, dass der Shitstorm auch ein bisschen Hilfe für die eigentlichen Artikelschreiber gebracht hat.

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    1. Wir haben glaube ich einfach auch andere persönliche Schwerpunktthemen. Ich nutze meine Freizeit ja vor allem für Umweltschutz-Themen, von daher kann es gut sein, dass ich besonders bei Feminismus/Gleichberechtigung noch Lücken habe. :)
      Generell ist es aber ein schwieriges Thema, also in Bezug darauf, wo man Grenzen setzt. Ab wann ist eine Gleichberechtigung aller wirklich erreicht? Wann schießt man übers Ziel hinaus? Aber ich finde es sehr gut, dass sich in der heutigen Ziel überhaupt Gruppen herausbilden, die sich mit solchen Themen befassen wollen, auch privat. Gibt ja leider auch immer noch zu viele Menschen, denen alles egal ist bzw. die keine Meinung haben, aber ordentlich meckern können, wenn Änderungen im Raum stehen...

      Übrigens finde ich es gut, dass wir beide auch bei abweichenden Meinungen in den Kommentaren diskutieren können, ohne ausfallend zu werden. :) Solche Diskussionen sollte es häufiger geben, ich glaube, dann wären viele Probleme schneller gelöst.

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    2. Genau und das macht es ja so spannend! Wenn wir uns da austauschen können und vielleicht auch neue Aspekte voneinander lernen :) Das setzt aber eine Kommunikation auf Augenhöhe voraus - ich würde sagen, das kriegen wir hin :)

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  7. Dann entscheide ich mich für die Lektüre im Hotel in Mals Südtirol bald dann doch einfach für zerrissene Erde. Danke für den Tipp:)

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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