Samstag, 22. August 2020

Unter der Haut: Eine literarische Reise durch unseren Körper

Titel: Unter der Haut: Eine literarische Reise durch unseren Körper
Autorin: diverse
Originaltitel: Beneath the Skin
Verlag: Goldmann Verlag
ISBN: 978-3442315178
Euro: 16,00
Veröffentlichungsdatum: November 2019
Seiten: 208
Serie: nein
Come in: Kauf










Inhalt/Klappentext
15 der beeindruckendsten und talentiertesten Schriftsteller der Gegenwart erzählen in diesem Buch ihre ganz persönliche Geschichte über den Körper: Naomi Alderman etwa entschlüsselt die Antwort des Darms auf moderne Essgewohnheiten, A. L. Kennedy erforscht die erstaunliche Merkfähigkeit der Nase und Thomas Lynch feiert die Gebärmutter als Wunder der Natur, während Philip Kerr die bemerkenswerte Geschichte der Gehirnchirurgie ergründet. Wie verhält man sich bei Schilddrüsensturm, und welches Ohr brachte es in der Literatur zu besonderer Berühmtheit? »Unter der Haut« lädt ein zu einer literarischen Reise durch die geheimnisvolle Landschaft unseres Körpers: berührend, witzig, informativ und überraschend.


Meinung
Ich war mir schon vor Erscheinen dieses äußerst hochwertig aufgemachten, kleinen Buches gewiss, dass es gut ankommen und viel gelesen werden würde. Doch heute bin ich sehr erstaunt, dass es offenbar so gut wie keine Resonanz gegeben hat, obwohl auch größere Medien darüber berichtet haben. Dabei haben die hier versammelten fünfzehn teils hochkarätigen Autoren eine Menge zu erzählen und dies über etwas, das uns alle angeht: den menschlichen Körper.
Die hier versammelten Essays wurden ursprünglich vom BBC Radio 3 gesendet; sie waren Teil der Serie „A Body of Essays“. Auch im deutschen Radio müssen einige davon gelesen worden sein: „Mit vier Beiträgen von A.L. Kennedy, Philip Kerr, Patrick McGuinness und Christina Patterson. Lesungen mit Lisa Wagner und Martin Umbach am Dienstag, 17. März um kurz nach 21 Uhr auf Bayern 2“. Obwohl es auf der Seite des BRs heißt, man könne die Lesungen im Nachhinein noch anhören, war es mir leider nicht vergönnt, diese aufzufinden.
Die Autoren haben sich mit ihrem jeweiligen Essay-Thema sehr eng verwoben und intensiv damit auseinandergesetzt. In persönlichen Erzählungen versuchen sie, dem Phänomen hinter dem Organ auf die Spur zu kommen, benutzen ihr Können, um es dem Leser in allen Facetten näherzubringen. Dabei handelt es sich nicht um eine (rein) medizinische Aufarbeitung, es sind und bleiben literarische Texte.
A. L. Kennedy, schottische Autorin, Dozentin und Stand-up-Comedian, setzt sich mit der Nase auseinander und lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers zunächst auf Nikolai Gogols Erzählung „Die Nase“. Die damit verbundenen Metaphern des großartigen Autors sagen eine Menge über dieses alltäglich benutzte, aber oft unterschätzte Organ aus. Wer weiß, dass wir nicht zwei, sondern vier Nasenlöcher besitzen? Und was ist eigentlich so witzig an der roten Nase eines Clowns?
Aus persönlichen Gründen ist mein Favorit der Text über die Schilddrüse von Chibundu Onuzo, eine nigerianische Autorin, die es leider noch nicht in die deutsche Übersetzung geschafft hat. Sie vermag es, alles zu Unter- und Überfunktion so anschaulich darzustellen, dass es beinahe greifbar wird. Warum gibt es eigentlich Jod-Salz zu kaufen? Und was hat dieses kleine Organ im Hals damit zu tun, wie schnell wir uns entwickeln und wachsen?
„Das Gehirn“ wird von Philip Kerr näher untersucht; der Autor ist bereits 2018 in London verstorben, hinterlässt aber über vierzig Bücher. Er arbeitet das Thema kulturell auf, sowohl an Filmen/Serien als auch am schwierigen Thema Lobotomie.
Der für mich irritierendste Text war der von Thomas Lynch, einem Dichter, Essayist und Bestatter. Ausgerechnet er hat sich „Die Gebärmutter“ herausgesucht, ausgerechnet, da er nicht nur ein Mann, sondern auch Bestatter ist. So versucht er zwar aufzuzeigen, wie männlich-fremdbestimmt das Organ in allen Zeiten war, allein es gelingt ihm nicht. Als er es dann noch mit dem Tod vergleicht und teilweise gleichsetzt, fiel mir nicht mehr viel dazu ein. Ich hoffe sehr, dass ich schlicht das Essay nicht verstanden habe.
Das sind nur vier von fünfzehn wirklich hervorragend gemachten und inspirierenden Texten, die auf unterschiedliche Weise aufzeigen, wie wertvoll unser Körper ist. Wir benutzen ihn jeden Tag, jede Sekunde, aber denken viel zu wenig über ihn und seine Funktionsweise nach. Die hier versammelten Autoren schaffen es allerdings, das zumindest kurzzeitig zu ändern. Wirklich toll gemacht, beide Daumen hoch! Und empfohlen in jedem Fall.


Naomi Alderman ist in London aufgewachsen und studierte in Oxford und an der University of East Anglia. Sie stellt bei BBC Radio 4 „Science Stories“ vor und ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Bath Spa Universität. Als Autorin wurde sie bereits mehrfach mit Preisen für junge Autoren ausgezeichnet. Für Die Gabe wurde ihr der renommierten Baileys Women's Prize for Fiction verliehen. Naomi Alderman lebt in London.
Ned Beauman ist 1985 geboren. Er studierte in Cambridge und veröffentlichte Artikel in unzähligen Magazinen, unter anderem schreibt er für den Guardian und Dazed & Confused. Er ist Redakteur des Another Man Magazine, Online-Redakteur von Dummy und in England einer der führenden Experten für Comics und Graphic Novels.
Daljit Nagra was born and raised in West London, then Sheffield, and currently lives in Willesden where he works in a secondary school. His first collection, Look We Have Coming to Dover!, won the 2007 Forward Prize for Best First Collection and was shortlisted for the Costa Poetry Award. In 2008 he won the South Bank Show / Arts Council Decibel Award.

2 Kommentare:

  1. Ich habe tatsächlich vorher noch nie von dem Buch gehört (und habe vor dem Lesen des Untertitels beim Titel zunächst auch an ein Sachbuch gedacht). Hört sich aber nach einer interessanten Lektüre an, auch wenn der Text von Thomas Lynch etwas seltsam zu sein scheint.

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    1. Ja und ist das nicht schade? Ich fand es wirklich toll und gerade für Buchaffine müsste es doch DAS Highlight sein. Dazu die wirklich bekannten Namen ... ist mir auch unbegreiflich, dass das keiner zu kennen scheint. Falls Du es liest, kann Du mir ja vielleicht den Lynch-Text erklären :)

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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