Donnerstag, 26. November 2020

LoveStar - Andri Snær Magnason

 

Titel: LoveStar
Autor: Andri Snær Magnason

Originaltitel: Lovestar

Verlag: Eichborn

ISBN: 978-3847900573

Euro: 14,00

Veröffentlichungsdatum: Oktober 2020

Seiten: 304

Serie: nein

Come in: vom Verlag

 

 

 

 

Inhalt

Der isländische Konzern LoveStar hat ein Imperium auf der Welt errichtet und beherrscht diese damit. Weil er den Menschen entschlüsselt hat und ihn benutzt, um den Konsum zu konsumieren, ist alles möglich. Die Unterfirma LoveDeath macht die Entsorgung Verstorbener teuer, indem diese ins All geschossen werden, nur um dann in der Atmosphäre zu verglühen. Bei inLove werden Menschen zu ihrem einzig wahren Partner berechnet, Widerspruch unmöglich. Aber ein Paar will sich nicht beugen. Als sie nicht miteinander berechnet werden, begehren sie auf – und setzen damit unvorhergesehene Dinge in Gang.

 

Meinung

Es handelt sich bei diesem Roman um eine Neuauflage; unterzeichnet ist die Geschichte mit dem Datum 2002. Das tut ihrer Aktualität aber keinen Abbruch, vielmehr scheint es unglaublich, wie früh der Autor gewisse Dinge vorhersagen und –fabulieren konnte.

Der Einstieg ins Geschehen gelingt dabei aber erst einmal nicht ganz leicht. Das liegt daran, dass sich viele Einzelheiten, die zunächst in keinen Zusammenhang zu bringen sind, erst im Laufe der Handlung entschlüsseln. Und es wird anfänglich viel zum Konzern erzählt, ehe sich der Autor den Figuren zuwendet. Wer sich darauf einlässt und durchhält, wird mit einem absoluten Page Turner belohnt, der in allerkürzester Zeit gelesen ist.

Indriði ist ein normaler junger Mann, der in Sigríður seine bessere Hälfte schon früh gefunden hat. Beide sind so sehr ineinander verliebt, dass sie keinen Zweifel hegen, dass man sie zusammenberechnen wird. Nach über fünf Jahren Beziehung sehen sie daher keinen Grund, ihre Partnerschaft anzumelden, was ihnen eine rechtliche Grundlage verschafft hätte. Als Sigríður dann ihren Brief erhält und ein anderer Name darin steht, fällt ihre Welt beinahe auseinander. Beide glauben, sie müssten sich dieser freiwilligen Berechnung nicht unterwerfen. Aber LoveStar hat bereits in alle Bereich des Lebens eingegriffen. In etwa wird ihr gemeinsames Konto aufgelöst. Indriði verfügt über keine finanziellen Mittel mehr und wird daher fremdgesteuert. Denn auch das hat der Konzern geschafft: Werbung von Leuten auf der Straße, durch ihre „gehackten“ Gehirne. Wer von jemandem angesprochen wird, der ihn darauf verweist, dass blaue Jeans nicht mehr schick sind, kann nicht sicher sein, ob derjenige bezahlt wird. Oft brüllt jemand auch in den unpassendsten Momenten los. Das zu verfolgen ist nicht nur äußerst unterhaltsam, es macht auch wahnsinnig nachdenklich.

Neben dem Paar gibt es noch Simon, der einst ein umworbener Star war, bis sein großer Freundeskreis herausfindet, dass er sie stets manipuliert hat. Dass er immer die seltsamsten und schlechtesten Filme empfohlen hat z. B., lag nicht an seinem außergewöhnlichen Geschmack, sondern daran, dass er dafür bezahlt wurde. Und er verbricht noch mehr. Als er keine Werbekunden/Freunde mehr hat, wird ihm ein lukrativer Auftrag der anderen Art angetragen. Er soll ein Paar auseinander bringen, das er aus dem Bekanntenkreis kennt. Als er Indriðis Leid miterlebt, kommt er ins Überlegen.

Und natürlich gibt es noch LoveStar, den Gründer und Inhaber seines nach ihm benannten Konzerns. Aus seiner Sicht werden immer mal wieder kurze Kapitel eingeflochten, wenn auch sonst eher Indriði erzählt.

Es erscheint abstrus, was Magnason hier entwickelt hat, aber es fügt sich alles glaubhaft zusammen. Erst gegen Ende wird es ein wenig merkwürdig, aber wer sich in nordischer Mythologie auskennt, wird die Bilder erkennen, die der Autor benutzt.

Leider kann ich den Roman nur sehr unzureichend beschreiben, man muss es selbst gelesen haben. Er kommt mit voller Wucht, so dass man ihn kaum zur Seite legen kann. Auch sprachlich bietet der Autor eine Menge, wenn es hier ratsam ist, ein wenig belesen zu sein. Am Ende bleibt ein zufriedenes und recht nachdrückliches Gefühl zurück. Magnason hat viel auf den Punkt gebracht, das wir heute bereits zu spüren bekommen haben. Damit steht er in würdiger Nachfolge so manches Klassikers, der Jahrzehnte vor seinem Werk erschienen ist.

 

Andri Snær Magnason, geb. 1973, ist einer von Islands meistgelobten Nachwuchs-Autoren. Er erhielt im Februar 2010 den höchstdotierten europäischen Kultur-Preis, den KAIROS-Preis. Er hat bisher mit sehr großem Erfolg Kinderbücher, Theaterstücke und ein Selbsthilfebuch für die isländische Nation (Traumland) geschrieben. LoveStar ist sein erster Roman,  für den er mit dem Isländischen Bookseller Award ausgezeichnet wurde. 

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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