Titel: Serverland
Autorin: Josefine Rieks
Originaltitel
Verlag: Carl Hanser Verlag
ISBN: 978-3446258983
Euro: 18,00
Veröffentlichungsdatum: Februar 2018
Seiten: 176
Kein Serientitel
Come in: Tausch
Eine Generation in der Zukunft - Prinzessin Charlotte hatte gerade eine
Fehlgeburt - ist die Welt noch ganz die Alte, bis auf eine Tatsache: das
Internet ist tot. Und mit ihm gleich alle PCs, Laptops und
Betriebssysteme, die es je gegeben hat. Reiner, Mitte zwanzig und bei
der Post arbeitend, hängt jedoch daran und kauft den Elektroschrott auf,
wann immer er ihm habhaft werden kann. Mithilfe einer Autobatterie und
halbvoller Akkus schaut er sich die Daten an, die auf den Geräten
gespeichert sind oder spielt alte Games. Dann gerät er dank eines
Bekannten nach Holland, wo eine Serverhalle steht, in der alte Server
von Google vermodern - ein Schlaraffenland, aber längst nicht verlassen.
Eine Gruppe junger Menschen hat sich hier versammelt und versucht, an
die Inhalte heranzukommen. Dank einer Erfindung Reiners gelingt es ihnen
und sie sehen als Erste seit vielen Jahren in die digitale Welt. Die
Gruppe, die stetig wächst, teilt sich alsbald in verschiedene
Untergruppen, die auf verschiedene Art versuchen, mit den neuen
Erkenntnissen umzugehen. Reiner, dem das überhaupt nicht gefällt, muss
beinahe hilflos mitansehen, was vor sich geht - und trifft schließlich
eine Entscheidung.
Es hat bis kurz vor Ende gedauert, ehe "Serverland" und ich miteinander ausgekommen sind. Das lag zum einen an meiner geweckten Erwartungshaltung und zum anderen an der leider sehr durchwachsenen Umsetzung. Aber von Anfang an.
Es hat bis kurz vor Ende gedauert, ehe "Serverland" und ich miteinander ausgekommen sind. Das lag zum einen an meiner geweckten Erwartungshaltung und zum anderen an der leider sehr durchwachsenen Umsetzung. Aber von Anfang an.
Rieks hat keinen
SF-Roman geschrieben und wer derartige Genreelemente erwartet, wird
enttäuscht sein. Die Autorin legt eine Novelle vor, die sich im Grunde
mit dem Internet und Gruppendynamiken auseinandersetzt und einen
gewaltigen philosophischen Ansatz beimischt. Allerdings dauert es eine
ganze Weile, ehe man als Leser dahinterkommt. Zunächst ist da Reiner in
seiner stinknormalen Welt, ein Berlin, das sich kaum vom heutigen
unterscheidet. Die Welt wird generell nicht näher untersucht, aber es
hat schon einmal ohne PCs funktioniert, es spricht nichts dagegen, dass
es wieder so sein könnte. Neuere Entwicklungen, Politisches, technische
Errungenschaften spielen keine Rolle. Wie die Menschen reisen, vor allem
ohne Strom - und es gibt Afrikaner wie Amerikaner in Holland - wird
nicht untersucht, alles ist nur Mittel zum Zweck: für das Gleichnis, das
die Autorin hier angelegt hat. Leider schildert sie die Vorkommnisse
nicht sprachlich gewandt und äußerst dröge, so dass es mühsam ist, der
Handlung zu folgen. Allein die beschränkte Seitenzahl von knapp 170 ließ
mich verweilen.
Nachdem die Hauptfigur fremd bleibt und es schwierig
wird zu verstehen, was genau vor sich geht, sieht sich der Leser auch
noch mit seitenweisen englischen Dialogen konfrontiert, wer dieser
Sprache also nicht oder nicht gut genug mächtig ist, hat leider Pech
gehabt (und das ist immer noch ein Großteil der deutschen Bevölkerung!).
Auf den ersten Blick geschieht so gesehen auch nichts. Die Gruppe
schert sich nicht um Urheberrechte, teilt wahllos Inhalte (über
Rohlinge) und auch wenn es wenige gibt, die an tatsächlichen Inhalten
interessiert sind, kommen die meisten nur wegen der Drogen und dem
Alkohol. Sprich: Die meisten lassen sich schlicht berieseln und erkennen
das große Potential, das vor ihnen liegt, nicht. Dabei mangelt es nicht
an bunten Bildchen, an Tänzern und Tieren in der Realität. Und genau
hier, leider kurz vor Ende, ging mir die Pointe, die Grundessenz von
"Serverland" auf. Zu spät, leider. Das Bedürfnis, die Erzählung noch
einmal mit neuer Vorrausetzung zu lesen, stellte sich nicht ein, obwohl
ich mir vorstellen könnte, dass ein neuer Blickwinkel noch ein paar
Geheimnisse offenbart.
Dem Autorendebüt liegt eine sensationelle
Grundidee zugrunde, die aber leider in der Umsetzung sehr stark
schwächelt. Es ist Rieke nicht gelungen, den Leser von der ersten Seite
an an die Hand zu nehmen und nicht mehr loszulassen. Wenn sich das
ändert, schreibt sie Bestseller, "Serverland" hätte (fast) alle
Voraussetzungen dafür.
Josefine Rieks wurde 1988 in Höxter geboren, studierte Philosophie und
lebt in Berlin. Sie schrieb das Drehbuch zum No-Budget-Film U3000 – Tod
einer Indieband. 2017 erhielt sie das Alfred-Döblin-Stipendium.
"Serverland" ist ihr erster Roman.
Aloha, Daniela.
AntwortenLöschenIch hüstel mal ein wenig mit & frage mich wie auf Daten - ohne funktionierende Rechner & Betriebssyteme - zugegriffen werden kann?!
Oder wie werden Bits auf Rohlinge kopiert, ohne Treiber?
:-)
bonté
Na ja, die Dinger sind ja nicht kaputt, es hängt wohl eher mit dem Strom zusammen bzw. damit, dass man sie nicht mehr nutzen wollte. Die meisten sind ohnehin zerstört worden, nur einige existieren noch und Reiner findet sie.
LöschenAber insgesamt geht es um solche Einzelheiten nicht :) Es hat allerdings auch bei mir gedauert, ehe ich es wirklich begriffen habe.
Schade, dass der Ansatz gelungen ist, aber die Umsetzung hapert. Dennoch bin ich neugierig geworden und bei nur 170 Seiten kann man ja durchaus mal einen Blick hinein werfen. Anhand deiner Rezension kann ich mir auch grob vorstellen, was die Autorin vermitteln wollte.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Alica
Insgesamt war es schon sehr gut - aber eben nur, wenn man bis zum Ende kommt. :) Ich würde jederzeit wieder etwas von der Autorin lesen.
Löschen