Dienstag, 26. September 2023

Von Königreichen hast du geträumt - Álvaro Enrigue

 

Hernán Cortés trifft 1519 in Tenochtitlan ein. Es kommt zur Begegnung mit Azteken-Herrscher Moctezuma – und damit zweier großer Kulturen.

 

 


Titel: Von Königreichen hast du geträumt
Autor: Álvaro Enrigue
Originaltitel: Tu sueño imperios han sido (Of Empires was your Dream)
Verlag: Karl Blessing
ISBN: 978-3896677501
Euro: 24,00
Veröffentlichungsdatum: August 2023
Seiten: 256
Serie: nein
Come in: vom Verlag

 

 

 

Inhalt/Klappentext
Als der spanische Eroberer Hernán Cortés am 08. November 1519 mit seinem Gefolge in der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlan eintrifft, hat er schon das halbe heutige Mexiko unterworfen. Doch nun soll es zum alles entscheidenden Moment kommen, dem Zusammentreffen zwischen Cortés und dem Azteken-Herrscher Moctezuma.
Während die Azteken noch nie Pferde gesehen haben – die wichtigste Waffe der Konquistadoren –, probieren die Spanier zum ersten Mal Schokolade. Es ist das Zusammentreffen von zwei Welten, zwei Imperien, zwei Sprachen, voller diplomatischer Fallstricke. Beide Herrscher sind der Überzeugung, dass der andere komplett unzivilisiert sei, und es entfaltet sich eine mögliche Version dieser historischen Begegnung, die die Geschichte komplett verändert hätte.

 

 


Meinung
Manchmal ist es seltsam, dass man selbst auf ein Buch aufmerksam wird, das Großartiges verspricht, das aber von niemandem sonst beachtet wird. Dies ist solch ein Buch. Und es verspricht nicht nur, es liefert. Inwiefern es ratsam wäre, ein wenig geschichtliches Vorwissen mitzubringen, kann ich leider nicht einschätzen, es müsste jedoch alles gut verständlich sein.

Es sind zwei (große) Kulturen, die aufeinander treffen. Und schon auf den ersten Seiten wird deutlich, dass beide nicht viel voneinander halten. Roh und ungehobelt, das sind sie, die anderen, eben nicht wie wir. Und das Aufeinanderzugehen gelingt so nur schwerlich. Der Autor stellt beide nebeneinander – und zwar auf Augenhöhe. Er stellt sie gegenüber, aber nicht gegeneinander. Sie haben alle Ecken und Kanten die Charaktere und er findet jede einzelne und vermag es, sich in jede seiner Figuren aus ihrer jeweiligen Sicht hineinzuversetzen. Er bevorzugt niemanden, er schildert als Autor neutral, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Obwohl er sich gegen Ende für einen winzigen Moment selbst in seine Geschichte hineinschreibt.

Die Neuankömmlinge riechen nach Exkrementen und Pferd, die Priester nach all dem Blut ihrer menschlichen Opfer, die Speisen sind neuartig für einige, die Umgangsformen müssen umständlich übersetzt und in diesem Vorgang auch bereinigt werden. Was Übersetzer eins geleistet haben, sollte nie vergessen werden.

Obwohl der Herrscher Moctezuma sie selbst willkommen heißt, macht er sich danach rar. Er ist den Pilzen mit ihrer halluzinogener Droge verfallen, die Rauschzustände wünscht er sich in immer kürzeren Abständen daher. Und er erkennt als einer der wenigen, wie wertvoll die seltsamen Tiere sind, auf denen diese neuen Usurpatoren, die mit den Nachbarn gemeinsame Sache machen, dahergekommen sind. Man wird das Gefühl nicht los, als verstehe der Mann mehr als er sollte und betäube sich deswegen fast unentwegt. Es ist seine Frau und Schwester, die einiges in die Hand nimmt. Im Palast, in dem das Leben streng geregelt ist, arbeiten nur Blutabkömmlinge der königlichen Linie. Ein falsches Wort, ein nicht erledigter Auftrag und der Herrscher kann den Tod des Verwandten anordnen. Sehr hierarchisch, sehr geregelt geht das Leben voran. Es gibt etliche Würdenträger, die sehr melodische und sehr lange Namen tragen. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht, das Leben in Tenochtitlan im europäischen Jahr 1519 zu verfolgen.

Im Leben und Warten der spanischen Eroberer gibt es indes nur wenig zu berichten. Man hat sie in einem Palast untergebracht, in dem sie sich stetig verlaufen. Sie sind nicht viele, das ist das, was auch heute noch erstaunen mag. Quasi eine Handvoll Leute hat ein großes Reich erobert.

Am Ende verändert sich die Erzählung und gleitet in etwas ab, das offenbar nur dem Autor dünkte. Es ist ein bisschen merkwürdig, aber man sollte sich dennoch darauf einlassen.

Álvaro Enrigue hat einen wichtigen und besonderen Roman über das mögliche erste Zusammentreffen zweier Hochkulturen geschrieben. Und damit mehr Einblick in ihre und unsere Welt ermöglicht, denn vieles hallt heute noch nach.

 

 

Álvaro Enrigue, geboren 1969 in Guadalajara, studierte in Mexico City Kommunikationswissenschaften, lehrte anschließend Literatur des 20. Jahrhunderts und promovierte an der University of Maryland. Seit seinem 1996 erschienenen Debüt »La muerte de un instalador« gehört er zu den wichtigsten iberoamerikanischen Gegenwartsautoren und gilt als der bedeutendste mexikanische Autor seiner Generation. Seine Werke sind preisgekrönt und wurden in viele Sprachen übersetzt. Zuletzt erschien im Blessing Verlag »Jetzt ergebe ich mich, und das ist alles« (2021). Álvaro Enrigue lebt in New York.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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