1932 erschien eines der größten
utopischen Bücher des 20. Jahrhunderts: ein heimtückisch verführerischer
Aufriss unserer Zukunft, in der das Glück verabreicht wird wie eine Droge. Sex
und Konsum fegen alle Bedenken hinweg und Reproduktionsfabriken haben das
Fortpflanzungsproblem gelöst. Es ist die beste aller Welten – bis einer hinter
die Kulissen schaut und einen Abgrund aus Arroganz und Bosheit entdeckt.
Durch
Tausch bin ich offenbar in den Genuss der älteren Übersetzung gekommen, die
tatsächlich in der Anschaffung überlegt sein will, da mit den veränderten
neueren Begrifflichkeiten auch Unverständnis die Zeilen durchzieht. Leider war
der Roman bei mir keine Schullektüre und den Missstand des Nichtkennens wollte
ich nun beheben. Der Autor hat sehr treffend etwas erkannt, das vielen heute
noch weit entfernt scheint, obwohl es quasi schon vor oder gar in der Tür
steht. Das ist im Übrigen auch ihm selbst klargeworden und dazu verliert er
einige Worte im Vorwort. Und natürlich gibt es einen Nachfolger „Wiedersehen
mit der Schönen neuen Welt“, in dem er in zwölf Essays die wichtigsten Themen
noch einmal vertieft.
Die
Erzählung ist schnell gelesen und atmet geradezu die Zeit, in der sie
entstanden ist, aus. Nichtdestotrotz ist sie sehr vorausschauend; der Autor
besitzt eine sehr gute Beobachtungsgabe. Seine Gegenüberstellung von Moderne
und Vergangenem ist vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß, aber genau deswegen
eben doch gerade. Wir sind alle das Produkt unserer Umwelt und deshalb ist es
so wichtig zu hinterfragen, was/wer uns formt (und wie und warum). Wenn einer
das verstanden hat, dann Huxley. Mir selbst fiel dabei einer meiner Blogtexte
ein, der hier (Link) zu
finden ist.
Das von
der Gesellschaft isolierte Individuum ohne nennenswerte Beziehungen, das alles,
sogar die Reproduktion, abgibt und nur noch arbeitet und konsumiert. Damit es
glücklicher ist, wird es von seiner Historie und „neuen Erkenntnissen in Kultur
und Wissenschaft“ abgekoppelt und mit Drogen ruhiggestellt. So gesehen ist die
Tür vielleicht schon eingetreten worden. Oder? In jedem Fall wäre es spannend
zu sehen, wie dieser Roman vielleicht eines Tages „bereinigt“ wird, da das
Frauenbild aus heutiger Sicht antiquiert erscheint und es hin und wieder nicht frei
von Rassismus ist. Damit hätte sich
Huxley aber wirklich selbst überholt. Und alle, denen das auch nur vage durch
den Kopf gegangen sein mag: Lest „Schöne neue Welt“ noch mal ganz langsam.
Lesen, nicht konsumieren. Danke.
Leider liebt sie Rapmusik, das
Frauenbild: grauenvoll. Leider liest sie sehr gerne Fashion-Magazine, das
Frauenbild: ebenfalls erschreckend. Und ihre Lieblingsfarbe ist leider: pink.
In einer Zeit, in der Barack Obama sich als Feminist bezeichnet und sogar
Modeimperien den Schriftzug in großer Zahl auf T-Shirts drucken, wahrscheinlich
keine gute Idee. Feminismus ist chic geworden und angekommen in der Popkultur.
Aber was kann guter Feminismus heute wirklich sein? In ihrem hochgelobten
Essayband sprengt Roxane Gay das ideologische Korsett eines guten und starren
Feminismus und erklärt sich selbst ironisch zum Bad Feminist – stimmgewaltig,
bestechend klug und fern jeder Ideologie unterzieht sie unsere Gegenwart einer
kritischen Analyse und zeigt, wie man alles auf einmal sein kann: eine der
bedeutendsten Feministinnen der Gegenwart und dabei definitiv nicht perfekt.
Ein
Buch, das im Original hohe Wellen geschlagen hat, an mir bis vor Kurzem
vorbeigegangen ist. Als ich es in einer Tauschbörse fand, konnte ich nicht
lange mit dem Lesen warten. Die Autorin hat verschiedene Essays zum Oberthema
„Feminismus“ in Themenpaketen geschrieben: Ich, Gender&Sexualität, Race&Entertainment,
Politik, Gender&Race, Zurück zu mir. Im Prinzip habe ich das auch alles
sehr gern gelesen. Wünschenswert wäre ein tieferes Eintauchen gewesen. Manchmal
war es inhaltlich und/oder sprachlich sehr einfach verfasst, so dass wichtige
Themen leider sehr oberflächlich abgehandelt wurden. Leider ist es auch nötig,
sich in der (amerikanischen) Buch-, Song- und Filmwelt näher auszukennen, sonst
müssen ganze Essays oder große Abschnitte darin überblättert werden.
Zusammengefasst: Die Zielgruppe ist mir zu jung angesetzt; von einer Autorin,
die rund mein Alter haben muss, hätte ich mehr erwartet. Zudem heißt das Buch
„Bad“, da hätte es vermutlich mehr Ansatzpunkte gegeben, die noch kritischer zu
betrachten gewesen wären. Aber es runterzubrechen auf „niemand muss perfekt
sein, man darf pink mögen und auch Rapmusik“ ist mir zu banal. Trotzdem ist es
auch ein sehr persönliches, biografisch gehaltenes Buch; sehr mutig, das alles
mit dem Leser zu teilen. Insgesamt gern gelesen, wenn auch einige Seiten
unheimlich stocken. Die Übersetzung war gewiss nicht ganz einfach, so wird das
Wort „race“ nicht übersetzt und auch andere Begriffe sind insofern schwierig, als
dass sie aus einem kulturell-historisch anderen Kontext rüberschwappen. Es wäre
vielleicht zu überlegen, ob wichtige Begrifflichkeiten nicht an die Neuzeit
angepasst werden können und sollten – immerhin sind mehrere Generationen
vergangen, zudem ist es komplizierter als es sein müsste, eben diese
Begrifflichkeiten schlicht regional zu versetzen, ohne die damit verbundenen
veränderten Prinzipien und Normen zu beachten (was sowohl für Feminismus, als
auch Rassismus (uvm.) gilt). Aber das geht über dieses Werk hinaus, das zur
Vollständigkeit halber gelesen werden sollte.
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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!
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