Titel: Das Zeitalter des magischen Zerdenkens.
Notizen zur modernen Irrationalität
Autorin: Amanda Montell
Originaltitel: The Age of Magical Overthinking
Verlag: HarperCollins
ISBN: 978-3365009581
Euro: 24,00
Veröffentlichungsdatum: März 2025
Seiten: 288
Serie: nein
Come in: vorablesen.de
Inhalt/Klappentext
Jede Generation hat ihre eigene Krise. Um die
Last des Informationszeitalters zu bewältigen, riskiert unser Verstand so
manches Ausweichmanöver: Wir lassen uns von Online-Astrologen in Jobfragen
beraten, vergöttern (oder verdammen) Taylor Swift, als sei sie unsere eigene
Mutter, klicken uns paranoid durch Insta-Profile und bringen unser Weltbild
durch Algorithmen ins Wanken.
Voller Klugheit und Komik schreibt Amanda
Montell von den tief verwurzelten Verzerrungen, die in unseren Köpfen
grassieren, und verwebt dabei ihre eigenen Erfahrungen mit akuter Kulturkritik:
Wir katastrophieren, dramatisieren, verschwören, beschönigen und unken und
verwechseln dabei gerne Ursache und Wirkung. Selten hat man sich in seinen
verzerrten Wahrnehmungen so ertappt gefühlt.
Ihr Buch ist Augenöffner und Beruhigungsmittel
zugleich, denn je besser wir unsere Irrationalitäten verstehen, umso
vernünftiger (und versöhnlicher) uns selbst gegenüber können wir damit umgehen.
Meinung
Das Buch schien zunächst äußerlich recht
unspektakulär daherzukommen, schlicht und überbunt zugleich. Die Leseprobe
allerdings verrät bereits, dass mehr in diesen 288 Seiten steckt, als zunächst
vermutet. Die Autorin schreibt, dass jede Generation ihre eigenen Kämpfe
durchzustehen hatte und die jetzige mit keinen physischen, dafür aber umso mehr
psychischen zurechtkommen müsse. Das gelingt nicht allen gleichermaßen. Und
weil wir offenbar immer noch sehr viel Steinzeitmensch in uns haben, der ganz
eigene Strategien entwickeln musste um in seiner
Umwelt überleben zu können, haben wir davon eine Menge in die Neuzeit gepackt.
Vieles ergießt sich dann aber in eine „kognitive Verzerrung“ also
„selbsttäuschende Gedankenmuster, die sich aufgrund der mangelhaften Fähigkeit
unseres Gehirns entwickelt haben, Informationen aus unserer Umgebung zu
verarbeiten.“ (Seite 12) Und zu verarbeiten ist heute mehr denn je. Damit sind
nicht nur die vielen Social-Media-Kanäle gemeint, sondern auch dieses viele immer
verfügbare „Wissen“. Aber wissen wir eigentlich wirklich? „Grob gesagt
beschreibt der Begriff „magisches Denken“ die Annahme, dass die eigenen inneren
Gedankengänge äußere Ereignisse beeinflussen können“ (Seite 14) Wenn also
Zeiten nahen, in denen man sich hilflos fühlt, stark verunsichert ist oder
meint, alles gleite aus den eigenen Händen, kommen viele Gehirne psychisch
nicht mehr mit. Um wieder die Kontrolle zu erlangen, würden dann fragwürdige
Entscheidungen getroffen. Was für eine immense Auswahl es an dieser Stelle für
Kognitive Verzerrungen gibt, hat dieses dünne Büchlein vermutlich nicht
komplett gefunden. Für einen ersten Überblick reicht es aber allemal. In
insgesamt elf Kapiteln nähert sich die Autorin diesen an. Dies allerdings auf
eine amerikanische Weise, in der alles mit mehr oder weniger uninteressanten
Storys hinterlegt wird. Hier leider ausschließlich derer aus der Biografie der
Autorin, die sie ziemlich langatmig schildert. Damit ist das Buch leider recht
selbstgefällig geworden, in der Tat habe ich noch nie eine so dermaßen
unsympathische Erzählstimme irgendwo gelesen. Das hat dazu geführt, dass ich
nicht jedes Kapitel so richtig verstanden habe, in dem, worauf die Autorin
letztendlich hinauswollte. Sie erwähnt das Kapitelthema, erzählt eine Story und
glaubt, das zeige aktiv, worum es geht. Sie schreibt damit aber in Bildern, die
der Adressat verstehen können muss und Pech gehabt hat, wenn er es nicht tut.
Zudem hat die Autorin krampfhaft versucht, ihre eigenen zweifelhaften
Lebensentscheidungen mit all diesen Theorien zu begründen. Es blieb oft nur ein
bloßes Augenrollen. Selbstreflektion mag zwar vorhanden sein, aber auf eine
kranke, gestelzte Weise, die keinem helfen wird. Wenig hilfreich überdies, dass
die Autorin versucht, ihre eigenen politischen Ansichten überall unterzubringen
und alle Leute, die nicht bis ins Detail damit übereinstimmen, in eine
Verzerrungsecke zu stellen. Die können ja nicht normal sein/denken. Oder: Denn
sie wissen nicht was sie tun. Aber vielleicht wissen sie es doch, vielleicht
sogar besser, als die Autorin es ihnen zugestehen mag.
Oh, und sie hat ein Buch über Kulte
geschrieben. Das weiß jeder Leser am Ende dieses Büchleins, denn sie erwähnt es
so oft, dass es einem fast zu den Ohren herauskommt.
Wer nun wissen möchte, was der Halo-Effekt ist,
der Deklinismus oder das Proportionality Bias, sollte mal reinschauen.
Ansonsten ist „Das Zeitalter des magischen Zerdenkens“ ein unsympathisches,
affektiertes Buch voller Geschwätz, das mitunter kaum zu verstehen ist und
schon nach kurzer Zeit vergessen wird. Leider, denn die Idee war wirklich gut.
Amanda
Montell, Jahrgang
1992, studierte Linguistik an der New York University und ist Autorin der viel
gelobten Sachbücher "Cultish. The Language of Fanaticism" und
"Wordsl**. A Feminist Guide to Taking Back the English Language".
Neben ihrer Tätigkeit als Moderatorin des Podcast "Sounds Like a
Cult" publiziert sie in der New York Times, The Guardian, Nylon, Marie
Claire und Cosmopolitan. Mit ihrem Partner Casey, ihren Haustieren und Pflanzen
lebt sie in Los Angeles.
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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!
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