Dienstag, 19. Juli 2022

Kristin Lavranstochter: Der Kranz - Sigrid Undset

 

Literaturnobelpreis 1928. Norwegen im 14. Jahrhundert. Kristin wählt ihren Ehemann selbst, was nicht allen gefällt. Steht ihre Ehe damit unter einem guten Stern?

 

 


Titel: Kristin Lavranstochter: Der Kranz

Autorin: Sigrid Undset

Originaltitel: Kristin Lavransdatter: Kransen

Verlag: ‎ Alfred Kröner Verlag

ISBN: 978-3520621016

Euro: 23,00

Veröffentlichungsdatum: Mai 2021

Seiten: 300

Serie: Kristin Lavranstochter 01

Come in: vom Verlag

 

 

 

Inhalt
Norwegen im 14. Jahrhundert. Kristin Lavranstochter, bisher einzig überlebendes Kind ihrer Eltern und Liebling ihres Vaters, ist ein kleiner Wildfang. Sie ist Simon, dem Sohn eines Großbauern, versprochen, jedoch verliebt in einen anderen. Als dieser brutal ermordet wird, flüchtet sie einige Zeit in ein Kloster. Dort lernt sie den älteren, charmanten Erlend von Husaby kennen, der sie vor Räubern rettet. Sie verliebt sich trotz zahlreicher Warnungen in ihn und bricht mit dem Eheversprechen. Doch die Beziehung scheint unter keinen guten Stern zu stehen und es ist nicht abzusehen, dass diese Ehe je geschlossen wird …

 

 


Meinung

Sigrid Undsets Trilogie, die mit diesem Buch ihren Anfang nimmt, wurde über die Jahre unzählige Male neu aufgelegt und veröffentlicht. Die Autorin erhielt 1928 den Literaturnobelpreis für ihr Werk und gilt bis heute als bekannteste Schriftstellerin Norwegens. Die Übersetzerin Gabriele Haefs hat alle drei Bücher komplett neu übersetzt und dabei hervorragende Arbeit geleistet. Leider ist es aufgrund der zeitlichen Umstände notwendig, zu erwähnen, wie es der Verlag auch auf der ersten Seite getan hat, dass die Autorin eine engagierte Antifaschistin war und einst auf Skiern durch das Gebirge vor den Nazis fliehen musste, da sie auf deren Roter Liste stand.

Wer in der Lage ist, das Buch im Rahmen seiner Zeit zu lesen, wird erkennen, dass es sich um ein in jeder Hinsicht starkes Buch handelt. Nicht nur vermag es die Autorin, Zeit und Umgebung bildlich einwandfrei und manchmal sogar fast lyrisch darzustellen, sie zeigt auch eine Gesellschaft mit harten Bedingungen, in der das Mädchen Kristin dennoch seinen eigenen Weg geht. Natürlich muss das nicht, wie es heute oft geschrieben wird, mit einem Happy End belohnt werden. Die Beziehung zwischen ihr und Erlend steht von Beginn an unter keinem guten Stern und wird vermutlich nicht zu einem schönen Ende finden. Aber eine starke weibliche Figur, die ihrem Herzen und Sinn folgt, zudem die Hauptfigur ist und die Handlung aktiv vorantreibt, muss in 1920er Jahren Seltenheitswert besessen haben.

Zunächst lässt sich Undset viel Zeit, um Kristin und ihre Familie näher vorzustellen. Historie und Familie (Sippe) waren wichtig zu wissen, daran hingen Namen, Besitz und Auskommen. Warum einst diese strengen Regeln der Gesellschaft existiert haben, wird mehr als deutlich, schade, dass sich dies in unserer Zeit immer stärker auflöst.

Kristin ist ein liebes, aber eigensinniges Kind, wird vom Vater stets bevorzugt und versteht noch kaum, dass es ihr insgesamt sehr gut ergeht. Später bringt die Mutter weitere Töchter zur Welt, doch da ist Kristin fast im heiratsfähigen Alter. Undset weiß, wie sie ihre Figuren in Szene setzen muss, sie besitzt großes Wissen der Zeit und Lebensweise Norwegens im 14. Jahrhundert. Dadurch gelingt es der Autorin, alles in seiner Zeit zu zeigen und immer wahnsinnig lebensecht darzustellen. Natürlich wirkt ein Text, der so viele Jahre auf dem Buckel hat, manchmal leider etwas spröde und kann sich für einen modernen Leser ziehen, zumal dieser vermutlich diese ausufernde Schreibe nicht (mehr) gewohnt ist. Doch wer sich darauf einzulassen weiß, wird mit einer anschaulichen und in den Bann ziehenden Geschichte belohnt.

Kristin wird in Geschehnisse verwickelt, die sie kaum versteht, als ihre Jugendliebe gewaltsam zu Tode kommt und ihr wird erst später bewusst, wie wichtig ein guter, makelloser Ruf, gerade für junge Frauen ist. Im Kloster geht es zwar weniger genau zu, zumal Kristin sich oft außerhalb bewegt, aber hier hat sie schnell Erlend kennengelernt. Was genau beide zueinander zieht, was über das Äußere hinausgeht, ist zunächst nicht klar. Erst nach und nach ist zu spüren, dass Kristin nach einer Art Ausweg sucht, ihr Leben selbst bestreiten zu können und sich von Erlend mehr erhofft, als von dem, was ihr Anversprochener ihr auf den ersten Blick zu bieten vermag. Trotz der sehr komplexen und hochdurchdachten Handlung steht im Prinzip Kristin mit ihrer Beziehung im Mittelpunkt. Es handelt sich also um einen weiblich bestimmten historischen Roman, der jedoch nicht im modernen Duktus daherkommt.

Obwohl Band 1 soweit in sich abgeschlossen ist und ein Happy End für Kristin bereithält, schwebt das Damoklesschwert bereits über der jungen Frau. Hat sie wirklich gewonnen, bekommen, was sie sich erhofft hat? Das herauszufinden wird in der Fortsetzung „Kristin Lavranstochter: Die Frau“ möglich sein.

 

 

Kristin Lavransdatter:
1. Kristin Lavranstochter: Der Kranz

2. Kristin Lavranstochter: Die Frau

3. Kristin Lavranstochter: Das Kreuz

 

 

Sigrid Undset (1882–1949) gilt als eine der größten und einflussreichsten Schriftstellerinnen Norwegens. Sie wurde 1928 »vornehmlich für ihre kraftvollen Schilderungen des nordischen Lebens im Mittelalter« mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Außer ›Kristin Lavranstochter‹ schrieb Undset die Erfolgsromane ›Olav Audunssohn‹ (Fischer-TB 2015), ›Viga-Ljot und Vigdis‹ (Hoffmann & Campe 2019), ›Jenny‹, ›Ida Elisabeth‹, ›Das glückliche Alter‹ (Suhrkamp 2019) und viele andere mehr.

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