Samstag, 5. Juni 2021

Gute Ökonomie für harte Zeiten - Esther Duflo, Abhijit V. Banerjee

 


Titel: Gute Ökonomie für harte Zeiten: Sechs Überlebensfragen und wie wir sie besser lösen können

Autoren: Esther Duflo, Abhijit V. Banerjee

Originaltitel: Good Economics for Hard Times

Verlag: Penguin

ISBN: 978-3328601142

Euro: 26,00

Veröffentlichungsdatum: Januar 2020

Seiten: 560

Serie: nein

Come in: vom Verlag

 

 

 

Inhalt/Klappentext
Ungleichheit, Armut, Migration, freier Handel, Wirtschaftswachstum und Umweltfragen sind die Probleme, die weltweit täglich die Schlagzeilen beherrschen. Hierzu wären Wissen und Rat von Wirtschaftswissenschaftlern dringend gefragt. Die für ihre bahnbrechenden Arbeiten zur Armutsforschung bekannten Ökonomen Esther Duflo und Abhijit Banerjee halten in diesem Buch ihren Kollegen provokant den Spiegel vor: Katastrophale Krisen wie die Lehman-Pleite haben sie verschlafen, oft verstellen ideologische Vorbehalte den Blick, und bei Streitthemen wie dem Euro haben sie sich gescheut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Duflo und Banerjee zeigen anschaulich, was gute Ökonomie stattdessen zur Lösung der dringenden Weltprobleme beitragen kann.

 


Meinung

Im Mai 2021 erscheint dieses Buch als preiswertere Taschenbuchausgabe. Mir selbst ist unerwartet das Hardcover zugekommen, das ich aufgrund der Leseprobe angefordert habe. Denn es schien, als hätten die Autoren, die im Übrigen ein Ehepaar sind, sich komplett einer Ideologie oder einem wie auch immer gearteten Populismus enthalten. Ganz gelingt es ihnen leider nicht (so gewinnt man auch keine Preise), aber ich glaube, dass sie es tatsächlich versucht haben und das möchte ich ihnen in jedem Fall zugutehalten. Ein gewisses mulmiges Gefühl kann jedoch nicht unterdrückt werden, wenn nicht immer (nur) empirisch gearbeitet, sondern viel aus der eigenen Sichtweise in Zahlen und Daten interpretiert wird. Der kundige Leser kann sich an diesen Stellen jedoch seinen eigenen Reim darauf machen.
Es sind wahnsinnig viele Themen und Unterthemen, denen sich die beiden Autoren gewidmet haben. Das liegt zum einen daran, dass alles irgendwie mit allem verbunden ist und sich gegenseitig bedingt. Zum anderen haben beide weltweite Ökonomien miteinander verglichen und in ihre Überlegungen einbezogen. Leider war es so nicht immer möglich, sich intensiver mit einem bestimmten auseinanderzusetzen. Für einen guten Überblick reicht es aber allemal. Inwiefern es übrigens Sinn macht, einige Ökonomien (und damit Länder mit eigenen Historien) zu vergleichen, sei einmal dahingestellt. Ich vermute jedoch, dass die Autoren diese nur nennen, nicht (miteinander) bewerten wollten.
Das Sachbuch liest sich sehr gut weg, die Autoren lassen ein paar Anekdoten und Erfahrungen aus dem eigenen Leben einfließen. Zudem bieten sich neue, wissenschaftlich belegbare Erkenntnisse, die zunächst wenig plausibel erscheinen, sich aber nach und nach erklären. Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass Wirtschaft und Zahlendenken allein nicht funktionieren. Das Feld der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ist sehr viel größer und kann unabhängig nicht funktionieren. Wenn die Autoren dann also darauf plädieren, dass sich die Politik und/oder Entscheidungsträger mehr und öfter mit solchen Wissenschaftlern umgeben und von ihnen lernen sollten, bin ich absolut bei ihnen.
Das von den Autoren empfohlene bzw. öfter einmal erwähnte und zitierte „Hillbilly-Elegie“ von J.D. Vance habe ich mir inzwischen besorgt. In dieser „Geschichte einer Familie“ soll der Untergang der (weißen) Mittelschicht und „eine Gesellschaft in der Krise“ geschildert werden. Dazu sollte bekannt sein, dass einige (namhafte) Städte in den USA bereits wie ausgebombt wirken, da nennenswerte Industrie abgewandert ist. Warum die Arbeitskräfte nicht der Arbeit hinterherreisen/-umziehen (ein weltweites Phänomen), versuchen die Autoren zu ergründen. Nicht alles trifft dabei den Geschmack und die Logik von Otto(lilie) Normalverbraucher.
Am Ende muss man sich nicht der Meinung der Autoren anschließen, gelernt hat man dennoch eine ganze Menge. Darum möchte ich insgesamt auch das Buch empfehlen.

 

Esther Duflo, geboren 1972 in Paris, zählt zu den einflussreichsten Ökonomen der Welt. Sie ist Professorin für Armutsbekämpfung und Entwicklungsökonomie am Massachusetts Institute of Technology (MIT), wo sie zusammen mit Abhijit V. Banerjee das „Poverty Action Lab“ gründete, das ein weltweites Netz von Soziologen und Ökonomen koordiniert. Duflo erhielt 2011 die John Bates Clark Medal, die nach dem Nobelpreis als wichtigste Ehrung für Wirtschaftswissenschaftler gilt und 2015 den angesehenen Prinzessin-von-Asturien-Preis. 2019 wurde sie gemeinsam mit Abhijit V. Banerjee mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet.

Abhijit V. Banerjee, geboren 1961 in Mumbai, gehört zu den renommiertesten Wirtschaftswissenschaftlern der Welt. Gemeinsam mit Esther Duflo beschäftigt er sich vor allem mit neuen Wegen der Armutsbekämpfung. Er ist Professor am MIT und berät die UNO, die Weltbank und die indische Regierung. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. 2014 mit dem Bernhard-Harms-Preis des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Das Magazin Foreign Policy zählte ihn 2011 unter die 100 wichtigsten Denker. 2019 wurde er gemeinsam mit Esther Duflo mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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