Dienstag, 18. Oktober 2022

Generation Beleidigt. Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei.: Über den wachsenden Einfluss linker Identitärer. Eine Kritik - Caroline Fourest

 

Die Autorin ist Französin, weiblich, lesbisch, links und Kulturschaffende in Schrift und bewegtem Bild. An diesen Themen hangelt sie sich entlang, um ihren Standpunkt zu erörtern.

 

 


Titel: Generation Beleidigt. Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei.: Über den wachsenden Einfluss linker Identitärer. Eine Kritik

Autorin: Caroline Fourest

Originaltitel: Génération offensée : De la police de la culture à la police de la pensée

Verlag: btb

ISBN: ‎ 978-3442772322

Euro: 11,00

Veröffentlichungsdatum: August 2022

Seiten: 208

Serie: nein

Come in: vom Verlag

 

 

 

Inhalt/Klappentext
Die feministische Publizistin Caroline Fourest setzt sich mit einer gefährlich irrationalistischen Strömung der Identitätspolitik auseinander.

In Kanada fordern Studenten die Streichung eines Yogakurses, um sich nicht dem Risiko der indischen Kultur auszusetzen. In den Vereinigten Staaten würde man am liebsten asiatische Menüs in den Kantinen verbieten und die als anstößig und normativ verurteilten großen klassischen Werke von Flaubert bis Dostojewski aus dem Unterrichtsplan streichen. Studenten bezeichnen den geringsten Widerspruch als »Mikroaggression« und klagen »safe spaces« ein. In Wirklichkeit aber lernt man nur, Debatten zu meiden. Aufgrund geographischer oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe und der persönlichen Geschichte versucht man, die Hegemonie über die öffentliche Rede zu erreichen. Eine Einschüchterung, die bis zur Entlassung von Professoren geht. (Caroline Fourest)

 

 


Meinung

Zwischen dem Lesen dieses Buches und der schriftlich verfassten Meinung liegen aus Zeitgründen leider mehrere Wochen. Dennoch ist es ein sehr prägnantes und eindrückliches Buch, so dass trotzdem eine Meinung verfasst werden kann.

Die Autorin ist Französin, weiblich, lesbisch, links und Kulturschaffende in Schrift und bewegtem Bild. Dies erwähne ich so betont, da sie sich an eben diesen Punkten inhaltlich hochhangelt. Dabei bringt sie in gerade einmal knapp zweihundert Seiten eine ganze Menge unter. Wer sich bereits intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, wird nicht viel Neues erfahren, es sei denn aus dem französischen Standpunkt. In unserem Nachbarland muss es ähnlich laufen; eine (gar nicht mehr so) kleine, aber umso lautere Gruppe greift eine aus Übersee herüberschwappende von Fourest identitär genannte linke Politik auf, die sie für sehr gefährlich, da bedrohlich für unsere Kultur und Demokratie hält. Sie berichtet von real stattgefundenen Ereignissen, die exemplarisch dafür stehen. Sei es, dass eine Gastrednerin an der Uni von wenigen gestört und davon abgehalten wird, ihre Idee/Meinung/Publikation/Standpunkt vorzutragen. Statt in eine Diskussion auf Augenhöhe einzutreten, wird sie per Geschrei, Lauten (z. B. von Tröten) und oft auch per E-Mail mit Todesdrohung daran gehindert, in einen (wissenschaftlichen) Diskurs zu treten und das oft bei Themen, die gerade in unserer Zeit nötig wären, sie zu besprechen und damit aktiv anzugehen. Auch in Vorlesungen kann es passieren, dass ein Prof hinterher zum Dekan zitiert und vom Posten enthoben wird und das für Äußerungen, die jemand unbedingt falsch verstehen wollte. Musiker können nicht mehr gemeinsam auftreten, wenn sie nicht die gleiche Hautfarbe haben, da oft der Vorwurf der kulturellen Aneignung im Raum steht (z. B. bei jamaikanischer Musik). Das, was sie verbunden und näher zusammengebracht hätte, ist ihnen nun verboten. Das gleiche trifft ebenfalls auf zahlreiche Publikationen zu, wenn ein Übersetzer/Co-Autor/Illustrator in etwa weiß ist, was in europäischen Ländern noch vorwiegend anzunehmen ist, und sich die Publikation/das Theaterstück mit dem Thema „Rassismus“ beschäftigt. Fourest hat einige Beispiele aus ihrem persönlichen Umfeld parat.

Was Frauen und hier vor allem lesbische Frauen anbetrifft, hat die Autorin einiges zu berichten. Übrigens auch quasi historisch, wenn es um das geht, was sie selbst als junge Frau erlebt hat. Daran hangelt sich anschließend ihre Frage hoch, warum heute so extrem bzw. auch extremistisch vor allem die Jugend an diese Themen herangeht. Sie erklärt es unter anderem so, dass eben diese ein Problem hat: Die meisten Schlachten sind längst geschlagen, nun ginge es vor allem darum, die durchgesetzten Rechte auch bewusst zu nutzen. (Höhere) Bildung, Wahlrechte, Abschaffung (wenn auch sehr langsame) der gläsernen Decke, geschaffenes Bewusstsein für Rassismus, Sexismus oder Homophobie (und all die anderen –ismusse). Aber genau hier liege ein weiteres Problem, denn es sei wesentlich einfacher laut wegen Diskriminierung zu brüllen, als all die neuen Wege zu gehen. Persönlich würde das für mich eine ganze Menge erklären, so dass ich mich vorsichtig dieser Erklärung anschließen möchte. Mein Beispiel ist der Traumfänger Verlag, der nun leider seine Pforten schließen muss/wird. Dabei spielen eine Menge Gründe eine Rolle, aber eben auch die ewigen Shitstorms vor allem in der digitalen Welt. Statt sich erst einmal den Verlag, der eine eigene Homepage besitzt, anzuschauen, wird sofort losgepöbelt, bis dieser selbst darauf hinweisen muss, dass sie nicht nur Literatur zu und über Indianer (ein Wort, das zukünftig auch verboten wird, obwohl … was leider zur Schließung des Verlages beiträgt) im Programm haben, sondern auch von diesen selbst.

Lange Rede, kurzer Sinn: Es würde ebenfalls erklären, weshalb ich die zahlreichen neu entstanden „Diversity Groups“ (oder wie immer sie sich nennen), sorry, für absolut albern, da unnötig halte. Gerade in Bezug auf Frauen. Bitte keine Opferhaltungen mehr, Popo zusammenkneifen und machen. Leichter gesagt als getan, aber sollte uns das wirklich aufhalten?

Die Autorin warnt zudem vor dem Ausnutzen solcher Standpunkte. Wenn es z.  B. um Frauen und ihre Rechte geht, insbesondere um das Tragen des Kopftuches (aktuelles Beispiel siehe Iran) oder die Beschneidung. Allein die Aufklärung um diese Themen (oder Geschlechtsverkehr, Hygiene, Krankheiten, etc. – in weiten Teilen der Welt) kann als kulturelle Aneignung oder Einmischung tituliert werden und dies besonders von jenen, die eben davon profitieren.

Das Ende des Buches befasst sich mit einem Thema, das mir Angst eingejagt hat und dies auf mehr als eine Art. Es handelt von Universitäten in den USA und wie dort die identitäre Politik ausgenutzt und umgesetzt wird. Das muss man gelesen und gesehen haben, um es zu glauben.

Wer sich näher mit diesen und ähnlichen Themen auseinandersetzen möchte, sollte das Buch gelesen haben. Es ist in meinen Augen spätestens jetzt unerlässlich, sich damit zu beschäftigen, denn diese Denkweise kommt immer näher und niemand weiß, wohin das alles führen wird. Dass Ideologien noch nie etwas Gutes für egal wen bereitgehalten haben, sollte bekannt sein. Schweigen ist übrigens Zustimmung. Danke an die Autorin, dass sie den Mut hatte (und den braucht es leider), ihre Gedanken mit uns zu teilen.

 

 

Caroline Fourest, geboren 1975 in Aix-en-Provence, ist eine französische feministische Schriftstellerin und Journalistin. Sie war Redaktionsmitglied der Satirezeitschrift Charlie Hebdo. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Nationalpreis für Laïcité und den »Prix du livre politique« von der französischen Nationalversammlung. Ihr Buch »Generation beleidigt« stand monatelang auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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