Freitag, 14. Oktober 2022

Miss Kim weiß Bescheid: Storys - Cho Nam-Joo

 

Acht Kurzgeschichten, die das Leben der Frauen im heutigen Korea zeigen, eindrücklich gezeichnet und zwischen den Zeilen hochemotional.

 


Titel: Miss Kim weiß Bescheid: Storys

Autorin: Cho Nam-Joo

Originaltitel:
우리가

Verlag: Kiepenheuer&Witsch

ISBN: 978-3462003499

Euro: 22,00

Veröffentlichungsdatum: Oktober 2022

Seiten: 304

Serie: nein

Come in: vom Verlag

 

 

 

Inhalt/Klappentext
»Miss Kim weiß Bescheid« versammelt die Leben von acht koreanischen Frauen im Alter von 10 und 80 Jahren. Jede einzelne dieser stellvertretenden Frauenbiografien wird vor einem aktuellen gesellschaftlichen Thema in Korea verhandelt: das heimliche Filmen von Frauen in der Öffentlichkeit, Hatespeech und Cybermobbing auf Social-Media-Plattformen, häusliche Gewalt, Gaslighting, weibliche Identität im Alter und die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz. Auch sich selbst, die plötzlich weltbekannte Autorin, nimmt sie ins Visier. Ihr Erfolg ermöglicht ihr einerseits, ihr Leben als Schriftstellerin komfortabel zu führen, andererseits lässt sie der Hass, der ihr vor allem im Netz begegnet, nicht kalt. Cho Nam-Joos meisterhaftes Können besteht in der glasklaren Sprache, in der sie ihre Prosa verfasst und gleichzeitig in dem genauen Blick auf die Ungerechtigkeiten Koreas, den sie mit nichts verschleiert, sondern im Gegenteil messerscharf zu Papier bringt. Wie schon bei »Kim Jiyoung, geboren 1982« sind auch die Schicksale dieser acht Frauen nicht annähernd so weit von uns weg, wie wir meinen und hoffen.

 

 


Meinung

Wie bereits beim ersten von Cho Nam-Joo veröffentlichten Buch „Kim Jiyoung, geboren 1982“ hat die Autorin das Leben der Frauen in Korea der heutigen Zeit in Augenschein genommen. In acht Kurzgeschichten wird das Leben jener äußerst lebendig und mit aller Eindringlichkeit gezeigt. Allerdings scheint es, um vollends zu verstehen, notwendig zu sein, sich des historischen Frauenbildes des Landes bewusst zu sein. Welche Rolle nahm die Frau als solche und welche als Mutter ein? Welche Aufgaben musste sie jeweils erfüllen und in welchem Verhältnis stand sie zu Mann und Kindern (je Geschlecht)? Welches Familienbild gab es einst und heute?

Anhand dieser Fragen hangelt sich die Autorin an den Leben(sbiografien) einzelner Frauen ganz unterschiedlichen Alters hoch. Dabei beginnt sie bereits mit meiner persönlichen Lieblingsgeschichte rund um zwei alte Schwestern, deren ältere in einem Seniorenheim lebt. Das Leben der beiden wird zwar nur kurz, dafür aber prägnant deutlich und steht symbolisch für so viele Frauen ihrer Zeit und Welt. Und nicht nur ihre, denn auch die Lage jüngerer Frauen wird daran deutlich, wenn es die Großmütter sind, die ihre Enkel betreuen (müssen), da weibliche Berufstätigkeit nicht durch Kinderbetreuung (angemessen) aufgefangen wird.

Die Geschichte einer Autorin, die sehr plötzlich sehr erfolgreich wird, weil ihr Buch einen gesellschaftlichen Nerv getroffen hat, ist einnehmend geschildert. Denn nicht alle sind so glücklich damit und die Autorin muss sich etliche Gemeinheiten gefallen lassen.

Eine junge Frau Anfang dreißig sitzt in einem Straßencafé und schreibt ihrem Nicht-Verlobten einen Abschiedsbrief. In dem Alter, in dem man zumindest zwei Kinder von ihr erwarten würde und glaubt, die biologische Uhr laufe ab, trennt sie sich. Der Brief ist eine direkte Ansprache an den Ex, was sich besonders emotional liest. Zehn Jahre ein Paar und nun geht sie eigene Wege, da ihr bewusst geworden ist, wie stark er sie stets beeinflusst hat – jedoch so, wie es für ihn am günstigsten war. Sie wird das erste Mal auf eigenen Beinen stehen, hat bereits eine neue Wohnung gefunden und muss nun hoffen, dass er sie nicht finden wird.

Am Ende treffen zwei Kinder, Teenager, aufeinander, werden aber abrupt durch Corona und die Lockdowns getrennt. Ihre Lebenssituationen ändern sich, da Eltern(-teile) Jobs verlieren und Sonderausgaben wie Nachhilfeunterricht nicht mehr machbar sind. Der Abstand, den beide zueinander gewinnen, lässt das Mädchen über alles nachdenken. Ihr Leben ändert sich, sie steht vor neuen Herausforderungen, sein Leben geht danach weiter wie bisher. Genau wie es generell gesellschaftlich anzunehmen ist. Das Leben der Frauen verändert sich so rasch, dass sie sich schnellstens anpassen müssen, während Männer wesentlich behäbiger sind und nicht recht nachkommen. Es wird sich erst noch zeigen müssen, was das für die Zukunft wirklich bedeuten wird.

In jedem Fall hat Cho Nam-Joo erneut aufgezeigt, dass sie ein sehr genaues Auge auf eben diese Veränderungen hat und was diese für Mädchen und Frauen bedeuten. Auch wenn der Zeigefinger dabei immer zu sehen ist, hebt er sich nicht. Vielmehr zeigt die Autorin in den kurzen Augenblicken des Alltags, was ist – und überlässt dem Leser, seine oder ihre eigenen Schlüsse daraus zu ziehen. Ihre Schreibe ist recht nüchtern, wenngleich auch oft recht emotional. Leider fließt es nicht ganz so wie beim Vorgängerbuch und mitunter las der bewusste Gedanke mit, dass es im Original wohl wesentlich eindrücklicher und fühlbarer sein muss. Darum gab es leider auch einige Stellen, die den Eindruck erweckten, als sei es gerade ein bisschen konstruiert und hölzern. Da sich dies aber schnell überlesen lässt und der Rest stimmig ist, gerne eine volle Empfehlung.

 

 

Cho Nam-Joo war neun Jahre lang als Drehbuchautorin fürs Fernsehen tätig. Ihr Roman »Kim Jiyoung, geboren 1982« hat sich weltweit über zwei Millionen Mal verkauft und war auch in Deutschland ein großer Bestseller. Cho Nam-Joo lebt in Korea.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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