Autor: Yves Holland
Originaltitel, ca. 350
Seiten
ISBN: 9783752903874
Euro: 1,99 (E-Book)
Geschrieben
habe ich irgendwie schon immer - das fing mit kleinen Krimis im Rahmen des
Deutsch-Unterrichts und Beiträgen zur Schülerzeitung an, ging über kleinere und
auch größere Hörspiel-Manuskripte, Krimis bis hin zu modernen Umsetzungen von
chinesischen Märchen - und ebenfalls bis hin zum Fantasy-Roman
"Federträger", den ich hier mithilfe einer kleinen Leseprobe
präsentieren möchte. Da lasse ich gerne die Worte sprechen, um die es hier ja
schließlich geht:
Leicht angesäuert machte sich Fandor mit einem Ruck
frei, rollte sich unter Thorn hervor und stand hastig auf. Gesicht und Nacken,
eben noch rot vor Luftmangel und Anstrengung, änderten die Farbe eine Nuance
ins Dunklere – nunmehr allerdings vor Zorn und Scham. Er ärgerte sich. Niemals
würde er es lernen, so wie die anderen Jungen zu kämpfen. Er konnte es einfach
nicht. Er war ein Versager. Er würde sich wahrscheinlich eher selbst in einem
Kampf töten, als anderen auch nur den Hauch eines Kratzers zuzufügen, und das
wussten alle. Voller Unmut zog er die Stirn in tiefe Querfalten.
"Komm schon, Findel, schmoll nicht. Wir üben es
eben so lange, bis du es kannst." Thorn von Wolff beobachtete seinen
Bruder aufmerksam und legte ihm beschwichtigend und aufmunternd die Hand auf
die Schulter, doch Fandor schüttelte sie ab. "Nenn mich nicht so,
ja?", brauste er auf.
"Ist ja schon gut. Lass uns den Ausfallschritt
nochmal üben, in Ordnung? Dieses Mal hast Du es schon viel besser gemacht als
vorhin", schwindelte Thorn, der weiterkämpfen wollte. Flink sprang er auf
und schwang das Holzschwert, dass es nur so durch die Luft sirrte. Eine träge
dahinsummende Hummel konnte dem ungezielten Hieb gerade noch ausweichen und
brummte verärgert, während sie auf der Suche nach dem nächsten Blütenkelch in
Schräglage durch die Luft schlingerte.
Thorn, dem dies natürlich völlig entgangen war, mähte
ungestüm mit seinem Schwert ein Feld von Margeriten ab, und biss sich dabei
leicht auf die Unterlippe – ein Zeichen höchster Konzentration und Präzision in
der Führungsarbeit an seiner selbst geschnitzten Waffe, das er seinem älteren
Bruder Mjörk abgeschaut hatte. Seine schwarzen halblangen Haare hingen ihm
dabei wild in die Stirn. Die Köpfe der Blumen regneten auf die beiden Freunde
nieder.
"Vater sagt, wenn wir fleißig mit den
Holzschwertern üben, bekommen wir richtige zum Sonnwendfeuer." Er ließ
sich breit grinsend und leicht außer Atem wieder ins Gras fallen und piekste
Fandor in die Rippen. "Willst Du das nicht auch?“
"Doch,
schon", kam es halbherzig von Fandor, der erst vorsichtig den Boden
beäugte, ehe er sich neben Thorn setzte. Er schaute griesgrämig vor sich hin.
"Ich werde nie gut genug sein, um ein Schwert zu führen. Pope Prakh hat
bestimmt nicht vor, mir eins zu geben." Fandor schien voller Interesse
einen Punkt neben seinem linken Fuß zu betrachten, an dem Thorn nichts
Bemerkenswertes fand außer Gras. Und das gab es hier überall.
Thorn
schob nachlässig die Haare aus den Augen und schaute seinen Freund an. Fandor
war so ziemlich der seltsamste Mensch, den Thorn überhaupt kannte. Sicher, es
kamen alle paar Wochen befreundete Reiter der Nachbarstämme vorbei, und Thorn
kannte bereits eine Menge Leute. Aber keiner war wie Fandor.
Schon
äußerlich unterschied er sich vollkommen von den Freien Reitern, zu denen Thorn
gehörte. In Thorns Familie hatten alle olivgrüne Haut, wirre schwarze Haare,
breite Wangenknochen und schmale dunkle Mandelaugen. Seine älteren Brüder Larsso,
Mjörk und er selbst waren ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Die
Frauen der Freien Reiter, auch Mome Ira, hatten ähnlich dunkle Haut wie die
Männer, und eigentlich sahen alle Familien im Lager mehr oder weniger so aus
wie seine eigene, wenn er darüber nachdachte.
Nur
Fandor nicht. Fandor war in jeder Hinsicht anders. Nicht nur, dass er es nicht
verstand, das Schwert zu führen, nicht einmal nach Jahren des Schwertspiels mit
Thorn und den anderen Kindern. Fandor sah auch vollkommen anders aus. Seine
hellgrünen Augen und seine haferblonden lockigen Haare, das lange Kinn, seine
schmächtige Gestalt und sein sanftes Wesen standen in krassem Gegensatz zu den
Eigenheiten der Freien Reiter.
Und
immer hatte er diesen entrückten Blick, als ob er ständig mit seinen Gedanken
woanders wäre. Da war es wieder! Fandor schaute in die Ferne, und Thorn, der
das schon kannte, fiel nicht mehr darauf herein. Fandor tat nur so, als ob er
in die Ferne blickte. Wenn er, Thorn, seinem Blick folgen würde, wäre da nichts
Interessantes zu sehen. Fandor schaute einfach Dinge, die sonst niemand sah.
©Stephanie Pelzer-Bartosch
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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!
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