Dienstag, 5. März 2019

Ein wirklich erstaunliches Ding - Hank Green


Titel: Ein wirklich erstaunliches Ding
Autorin: Hank Green
Originaltitel: An absolutely remarkable thing
Verlag: dtv
ISBN: 978-3423790406
Euro: 22,00
Veröffentlichungsdatum: Februar 2019
Seiten: 448
Serie: nein
Come in: vorablesen










Meinung
April May (Autsch!) ist eine junge Anfangzwanzigerin, die genau die Probleme unserer digitalen Medienwelt repräsentiert. Statt sich an das gute alte Handwerk zu halten, das ihre Eltern immerhin noch verkörpern, studiert sie "was mit Design" und buckelt dann für eine nutzlose Sache in einem familiären Start-up, das sie schlicht ausnutzt. Eines Nachts kommt sie erst spät aus dem Büro und sieht ihn da stehen: CARL. Was es ist und warum es da steht, weiß sie nicht, aber sie ruft Andy an, der mit seiner Kamera vorbeikommt und sie davorstellt. Am nächsten Morgen, als das Video schon bei youtube hochgeladen wurde, ist nichts mehr wie es war.

April wird, obwohl weltweit über Nacht mehr als sechzig Carls aufgetaucht sind, zu einer Ikone, tingelt von Talkshow zu Talkshow und schreibt sogar ein Buch. Sie verdient eine Menge Geld, lebt praktisch in Twitter und Instagram und merkt erst spät, wie sich ihr Leben verändert hat – und wohin. Derweil stellen die Carls der Menschheit kleine Rätsel, die diese Länderübergreifend lösen, sich dazu in Chats zusammenfinden. Aber obwohl das eine gute Sache sein könnte, gibt es noch die Defender, jene, die glauben, die Carls seien da, um die Menschheit zu vernichten und die in April eine Verräterin sehen.
Eines hat Hank Green in jedem Fall geschafft: er ist am Puls der Zeit und hat genau die Sprache und die Denkweise der jungen Generation erkundet. Wer seine Geschichte allzu ernst oder wörtlich nimmt, hat schon verloren. Er hat eine Menge Allegorien gefunden und sie ohne Skrupel eingesetzt, bleibt dabei aber so glaubhaft, dass es stellenweise schwer war, das Buch aus der Hand zu legen. Allerdings gibt es leider auch Strecken, in denen das Geschehen so arg zäh abläuft, dass es einiges Stehvermögen braucht, um bei der Sache zu bleiben. Vielleicht ist das eine Altersfrage, je näher der Leser an Social Media dran ist, desto interessanter wird es vermutlich für ihn sein, April und ihren Alltäglichkeiten zu folgen.
April ist eine junge, noch leicht naive Frau, die vom Ruhm und auch der Anerkennung überrollt wird, deswegen auch nicht immer die besten Entscheidungen trifft. Manchmal möchte man sie schütteln, aber sie ist überzeugend und der Autor bleibt bei ihrer Charakterisierung konstant. Sie erzählt die Geschichte bis kurz vor Ende übrigens selbst, geht dabei wie in einem youtube-Video davon aus, dass der Leser die Geschichte bereits kennt und spricht auch in dieser Weise davon bzw. ihn persönlich an. Sie ist mitunter sehr flapsig und direkt, Angst vor, sagen wir: aufrichtigen, Begriffen sollte man nicht mitbringen. Es wird sehr anschaulich geschildert, wie sie sowohl in Videos, aber auch im Real Life agiert. In jedem Fall besitzt Green eine fabelhafte Beobachtungsgabe und vermag es, eben diese Beobachtungen eins zu eins wiederzugeben. Natürlich lassen sich bei der gesamten Geschichte seine Ansicht zu gewissen Themen und sein leider sehr spürbarer Zeigfinger nicht überlesen. Aber im Grunde kann das auch ein wenig beiseitegeschoben werden. Das Ende ist ein wenig enttäuschend, für dieses Buch jedoch genau passend. Eine kleine Überraschung wartet auch noch.
Die Botschaft des Buches? Kann ich leider nicht genau benennen, aber ich lebe den Zeitgeist, der von April perfekt abgebildet wird, nicht. Ganz überzeugen konnte mich „Ein wirklich erstaunliches Ding“ nicht, aber weil es den Zeitgeist perfekt einfängt und mich größtenteils gut unterhalten konnte, habe ich es insgesamt gern gelesen.


Hank Green wurde in Birmingham (Alabama) geboren, seine Familie zog jedoch früh nach Orlando (Florida). Er studierte Biochemie und absolvierte seinen Master in Umweltwissenschaften an der University of Montana, wo er mit seiner Familie lebt. Gemeinsam mit seinem Bruder John und den sogenannten »Nerdfightern« initiierte er das karitative »Project for Awesome«, das inzwischen jährlich mehr als 2 Millionen Dollar für Charity-Projekte (z.B. »Save the Children« und »Last Mile Health«) einspielt.


2 Kommentare:

  1. Anonym9.6.19

    Die Botschaft des Buches??? Du hast recht, die ist nur schwer in Worte zu fassen, aber ich finde die Gesellschaftsanalyse des Autors bemerkenswert treffend:
    Die Menschheit sucht auf komplexe Fragen einfache Antworten.
    Heldenfiguren werden immer gerne genommen.
    Emotionen verkaufen sich prima, Wahrheiten und wissenschaftliche Erkenntnisse dafür ganz schlecht.
    Der Staat und seine Organe hinken langsam hinter aktuellen Entwicklungen her.
    Glaubt nicht alles, was im Internet steht.

    Bin gespannt, ob dieser Roman erfolgreich sein wird ...
    Viele Grüße
    Frau Leseratteffm

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    Antworten
    1. Ja, den Zeitgeist betreffend hat Green ein gutes Auge bewiesen. Vor allem aber auch, wie man sich im www verlieren kann, so wie April. Der rest ist ja fast nur Beiwerk.
      Der Roman hat in anderen Ländern hohe Wellen geschlagen, vor allem bei den jüngeren Lesern, die die Situation April besser nachvollziehen können, als jene, die nicht mit Handy und Co. aufgewachsen sind. Ob er das hier auch wird? Ich glaube, dazu haben wir hier einfach einen zu großen Markt und sind die Prjekte der Green-Brüder zu unbekannt. Aber wer weiß ... :)

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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