Donnerstag, 7. März 2019

Tochter des Meeres - Emily Hauser


Titel: Tochter des Meeres
Autorin: Emily Hauser
Originaltitel: For The Winner
Verlag: Goldmann
ISBN: 978-3442485031
Euro: 12,00
Veröffentlichungsdatum: Januar 2019
Seiten: 432
Serie: Die Frauen von Troja 02
Come in: vom Verlag










Inhalt
Atalante ist bei einfachen Bauern aufgewachsen, hat jagen und mit dem Bogen schießen gelernt. Eines Tages eröffnet ihr der Vater, dass sie nicht das leibliche Kind ihrer Eltern ist. Nicht nur das: Sie ist die Erstgeborene von Zwillingen des Königs Iason, der einst nur einen Sohn nach sich auf dem Thron sehen wollte und seine Tochter im Gebirge zum Sterben ausgesetzt hat. Die junge Frau macht sich daraufhin auf dem Weg zu ihrem Vater und schließt sich dort, verkleidet als Mann, ihrem Onkel Jason an, der das Goldene Vlies suchen will, um selbst den Thron zu besteigen. Doch auf der Reise wird sie enttarnt und beinahe getötet. Nur Hippomenes setzt sich für sie ein, alle anderen wollen sie töten. So leicht gibt Atalante jedoch nicht auf.


Meinung
Emily Hauser hat eine Trilogie geschrieben, die unabhängig voneinander gelesen werden kann. Sie hat sich die Frauen der Mythologie, insbesondere des Trojanischen Krieges herausgesucht und die Geschehnisse aus deren Sicht niedergeschrieben. Mit „Tochter des Meeres“ liegt der zweite Band vor, in dem es weniger um Troja und mehr um Jason und das Goldene Vlies geht.
Leider hat mich mein Eindruck, dass es nicht um starke Frauen und ihre „Neuentdeckung“ in Historie/Mythologie geht, nicht getrogen. Atalante ist keine selbstbewusste Frau, sie kann lediglich auf glückliche Zufälle hinabsehen, erleidet nichts und kämpft auch für nichts. Hinzu kommt, dass ab knapp der Hälfte des Romans rote Wangen und romantische Gefühle im Vordergrund stehen. Zusammen mit der reichlich oberflächlichen Art sich auszudrücken, kann der Roman lediglich als typischer Jugendroman gesehen werden. Am Ende ist nicht einmal klar, wer denn nun auf dem Thron sitzt (es sei denn, man ist in der Sage bewandert), aber immerhin: Atalante liegt im Ehebett mit ihrem Loveinterest; liebe Frau Hauser so geht es nicht.
Die Geschichte beginnt mit der jungen Atalante, die noch bei ihren Pflegeeltern lebt. Als sie die Wahrheit erfahren hat und sich auf den Weg macht, wird deutlich, dass die Autorin noch einigen Nachholbedarf hat, was das Schreibhandwerk betrifft. Sie schreibt äußerst zurückgenommen, sehr oberflächlich und wie Punkt für Punkt abgehakt. Die Familie zu verlassen ist nicht einfach, hier jedoch ist nichts zu spüren, es kommen keine Emotionen rüber, es bleibt stoisch.
Fast ohne Umschweife betritt sie dann die Stadt ihres leiblichen Vaters, wo sie von Myrtessa, einer Sklavin, mitgenommen und gepflegt wird. Ein wirklich glücklicher Umstand, denn sie hat ein Dach über dem Kopf, genug zu essen und Gelegenheit, sich erst einmal in Ruhe umzuschauen und die Lage zu sondieren. Die Sklavin wird sie dann, ebenfalls als Mann verkleidet, begleiten, besitzt eine traurige Geschichte – und wird von Atalante ohne mit der Wimper zu zucken später in der Pampa zurückgelassen, ohne jemals wieder an sie zu denken.
Es geschehen weitere glückliche Zufälle, die Atalante schließlich an den Hof in Verkleidung bringen, wo sie sich der Gemeinschaft um das Vlies anschließt.
Was leider nicht geglückt ist, ist die Darstellung des damaligen Lebens, es sind nur kurze Erwähnungen von Alltagsdingen oder den Rudern auf dem Schiff, die dem Leser klarmachen, dass er nicht am Nordpol im Jahr 2005 gelandet ist. Allerdings könnte die hier präsentierte Handlung auch überall sonst in der Historie spielen, eine Verbindung mit der Sage ist, bis auf die Namen, beinahe nur Zufall und so zurechtgebogen, dass nicht nur jegliche Mythologie fehlt, sondern diese nur mehr Verkaufsargument ist.
All die Taten, die Jason mit seiner Mannschaft vollbracht hat, werden nicht genannt oder aufgeführt. Da hat es sich die Autorin deutlich zu einfach gemacht, denn die werden schlicht übersprungen. Auch die Erringung des Vlieses und Medea werden nur erwähnt, denn Atalante ist in der Zeit bereits enttarnt und ausgesetzt worden.
Überhaupt sind die meisten Charaktere nur bloße Platzhalter und sehr klischeebesetzt dargestellt. Besonders Jason ist ein bösartiger, kalter Mann ohne Ehre und Anstand, der genau wie alle anderen keine Wandlung durchmacht. Auch die anderen Männer, die allerdings meist nur namentlich genannt werden, sind eher negativ dargestellt, bis auf den einen, den Atalante später heiraten wird.
Die eigentliche Handlung wird immer mal wieder von kursiv gesetzten Kapiteln unterbrochen, in denen die Götter des Olymps, besonders Hera, Zeus, Iris und Hermes, auftreten. Sie alle haben ein eigenes Interesse an Jason oder Atalante, denn wer von beiden immer gewinnt, wird dann den einen oder anderen Gott bevorzugen. Die Götter sollen, laut Autorin im Nachwort, so natürlich und menschlich rüberkommen, wie möglich, allerdings ist das bei Hauser gründlich danebengegangen. Zu viel, einfach zu viel, aufgesetzt, unglaubhaft, wie das meiste andere in der Story auch.
Atalante nun, die ja als Heldin dargestellt werden soll – und das in der Mythologie auch ist – wird leider vor keine einzige wirkliche Herausforderung gestellt, an der sie wachsen könnte. Klar, sie schießt ab und an mit dem Bogen, tötet am Anfang einen Löwen oder auf Seereise in der Gruppe einige Angreifer. Aber nie ist da etwas, und sei es auch eine Intrige oder ähnliches, dem sie sich tapfer stellen müsste, um dann selbst daran wachsen zu können. Sie hat einfach nur Glück und teilweise die Unterstützung von Göttern. Andere von diesen sind übrigens gegen sie und daraus hätte gut und gerne etwas gestrickt werden können. Dass das unterbleibt, war mit fortschreitender Seitenzahl wirklich frustrierend.
Als sie Myrtessa zurückgelassen hat, darf sie nicht einmal allein durch die Landen ziehen, um zurück zur Stadt ihres Vaters zu kommen, um ihre wahre Herkunft zu offenbaren. Hier gibt es bereits Hippomenes, als dessen Frau sie sich ausgibt, weil das sicherer ist. Selbstredend bleibt sie jungfräulich, wenn es aber auch Prickeln zum Fremdschämen gibt.
Der berühmte Wettlauf erfolgt dann, als ihr Vater beschließt, sie solle ausgerechnet Jason heiraten, der nebenbei das Vlies wieder verloren hat. Was genau sie mit Laufen zu tun hat, erschließt sich den Unkundigen der ursprünglichen Sage übrigens nicht. Ab hier wirkt es wieder herzlich aufgesetzt, wenn die Autorin ihren Zeigefinger erhebt und immer wieder einflechtet, dass wir alle trotzdem frei entscheiden können. So hätte Atalante eben gewählt und absichtlich verloren … ob Frau Hauser sich auch nur einmal Gedanken um das Leben einer Frau der damaligen Zeit gemacht hat?
Puh, man merkt, ich hasse diese Geschichte aufrichtig. Die Aufmachung des Buches ist tatsächlich sehr gelungen und nimmt sich sehr gut im Buchregal aus. Inhaltlich ist nicht einmal annähernd drin, was versprochen wird.
Wer wirklich starke weibliche Charaktere aus der Historie und Mythologie lesen will, sollte unbedingt woanders reinschauen. Mir sind „Medea“ und „Kassandra“ von Christa Wolf noch heute im Kopf, weil sie so eindringlich erzählt wurden. Auch die Werke von Marion Zimmer Bradley gehören dazu, selbst wenn von der Autorin in letzter Zeit nichts Gutes zu erfahren war. Ebenfalls „Kleopatra“ von Stacy Schiff. Und Bücher wie „Maresi“ oder „Halo: Tochter der Freiheit“ sind nur einige, die mir lose einfallen. Vielleicht kann die Autorin sich bei diesen etwas abschauen, denn das das hier war nichts.


Emily Hauser wurde in Brighton geboren und ist in Suffolk aufgewachsen. Sie hat in Cambridge und Harvard Altphilologie studiert und in Yale promoviert. In ihrer Trilogie über die Frauen von Troja erzählt sie den großen Mythos des Trojanischen Kriegs in moderner Sprache und aus weiblicher Sicht.


4 Kommentare:

  1. Hallo!
    Ich wusste doch gleich zu Beginn, dass dieses Buch bzw. die Trilogie nichts für mich ist. Du bestätigst es mir nun nochmals....
    LIebe Grüße
    Martina

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    1. Ich hatte auch von Anfang an (also Band 1) meine Bedenken. Leider wahr geworden. :(

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  2. Hallo Daniela :)

    Ich erinnere mich noch gut an deinen Kommentar unter meiner Rezension zu "Sturmtochter" vor ein paar Tagen. Als ich jetzt also deine Rezension zu "Tochter des Meeres" auf meinem Dashboard hatte, musste ich sofort reinschauen.
    Es klingt so als würde sich exakt dasselbe durch Band 2 ziehen, was mich schon an Band 1 so wahnsinnig gestört hat. Ich hab bei deinem Kommentar ja schon geahnt, dass Teil 2 qualitativ auch nicht besser wird, aber das Ausmaß jetzt so im ganzen in deiner Rezi zu lesen... nein danke. Da hört dann auch mein naives "Na vielleicht wird Teil 2 ja besser..."-Denken auf. Das spar ich mir lieber.

    Vielen Dank für die Rezension :) Schönes Wochenende!

    Ivy

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    1. Hallo Ivy,
      ich hatte bei Band 1 so meine Bedenken, weil das vom Klappentext her nicht so klang, als wären da wirklich ein paar starke Frauen bei herumgekommen. Das kann man schaffen, aber da gehört ein WeltklasseautorIn dazu. Darum hätte ich "Angst" den Vorgänger lesen zu müssen, weil ich mich vermutlich sehr darüber ärgern würde, vor allem auch nach Deiner Rezension. Mich wundern die vielen guten Meinungen ehrlich gesagt sehr.
      Danke, dass Du reingeschaut hast!

      LG
      Daniela

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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