Autorin: Emily Hauser
Originaltitel: For The
Winner
Verlag: Goldmann
ISBN: 978-3442485031
Euro: 12,00
Veröffentlichungsdatum: Januar
2019
Seiten: 432
Serie: Die Frauen von Troja
02
Come in: vom Verlag
Inhalt
Atalante
ist bei einfachen Bauern aufgewachsen, hat jagen und mit dem Bogen schießen
gelernt. Eines Tages eröffnet ihr der Vater, dass sie nicht das leibliche Kind
ihrer Eltern ist. Nicht nur das: Sie ist die Erstgeborene von Zwillingen des
Königs Iason, der einst nur einen Sohn nach sich auf dem Thron sehen wollte und
seine Tochter im Gebirge zum Sterben ausgesetzt hat. Die junge Frau macht sich
daraufhin auf dem Weg zu ihrem Vater und schließt sich dort, verkleidet als
Mann, ihrem Onkel Jason an, der das Goldene Vlies suchen will, um selbst den
Thron zu besteigen. Doch auf der Reise wird sie enttarnt und beinahe getötet.
Nur Hippomenes setzt sich für sie ein, alle anderen wollen sie töten. So leicht
gibt Atalante jedoch nicht auf.
Emily
Hauser hat eine Trilogie geschrieben, die unabhängig voneinander gelesen werden
kann. Sie hat sich die Frauen der Mythologie, insbesondere des Trojanischen
Krieges herausgesucht und die Geschehnisse aus deren Sicht niedergeschrieben.
Mit „Tochter des Meeres“ liegt der zweite Band vor, in dem es weniger um Troja
und mehr um Jason und das Goldene Vlies geht.
Leider
hat mich mein Eindruck, dass es nicht um starke Frauen und ihre „Neuentdeckung“
in Historie/Mythologie geht, nicht getrogen. Atalante ist keine selbstbewusste
Frau, sie kann lediglich auf glückliche Zufälle hinabsehen, erleidet nichts und
kämpft auch für nichts. Hinzu kommt, dass ab knapp der Hälfte des Romans rote
Wangen und romantische Gefühle im Vordergrund stehen. Zusammen mit der
reichlich oberflächlichen Art sich auszudrücken, kann der Roman lediglich als
typischer Jugendroman gesehen werden. Am Ende ist nicht einmal klar, wer denn
nun auf dem Thron sitzt (es sei denn, man ist in der Sage bewandert), aber
immerhin: Atalante liegt im Ehebett mit ihrem Loveinterest; liebe Frau Hauser
so geht es nicht.
Die
Geschichte beginnt mit der jungen Atalante, die noch bei ihren Pflegeeltern
lebt. Als sie die Wahrheit erfahren hat und sich auf den Weg macht, wird
deutlich, dass die Autorin noch einigen Nachholbedarf hat, was das
Schreibhandwerk betrifft. Sie schreibt äußerst zurückgenommen, sehr
oberflächlich und wie Punkt für Punkt abgehakt. Die Familie zu verlassen ist
nicht einfach, hier jedoch ist nichts zu spüren, es kommen keine Emotionen
rüber, es bleibt stoisch.
Fast
ohne Umschweife betritt sie dann die Stadt ihres leiblichen Vaters, wo sie von
Myrtessa, einer Sklavin, mitgenommen und gepflegt wird. Ein wirklich
glücklicher Umstand, denn sie hat ein Dach über dem Kopf, genug zu essen und
Gelegenheit, sich erst einmal in Ruhe umzuschauen und die Lage zu sondieren.
Die Sklavin wird sie dann, ebenfalls als Mann verkleidet, begleiten, besitzt
eine traurige Geschichte – und wird von Atalante ohne mit der Wimper zu zucken
später in der Pampa zurückgelassen, ohne jemals wieder an sie zu denken.
Es
geschehen weitere glückliche Zufälle, die Atalante schließlich an den Hof in
Verkleidung bringen, wo sie sich der Gemeinschaft um das Vlies anschließt.
Was
leider nicht geglückt ist, ist die Darstellung des damaligen Lebens, es sind
nur kurze Erwähnungen von Alltagsdingen oder den Rudern auf dem Schiff, die dem
Leser klarmachen, dass er nicht am Nordpol im Jahr 2005 gelandet ist.
Allerdings könnte die hier präsentierte Handlung auch überall sonst in der
Historie spielen, eine Verbindung mit der Sage ist, bis auf die Namen, beinahe
nur Zufall und so zurechtgebogen, dass nicht nur jegliche Mythologie fehlt, sondern
diese nur mehr Verkaufsargument ist.
All
die Taten, die Jason mit seiner Mannschaft vollbracht hat, werden nicht genannt
oder aufgeführt. Da hat es sich die Autorin deutlich zu einfach gemacht, denn
die werden schlicht übersprungen. Auch die Erringung des Vlieses und Medea
werden nur erwähnt, denn Atalante ist in der Zeit bereits enttarnt und
ausgesetzt worden.
Überhaupt
sind die meisten Charaktere nur bloße Platzhalter und sehr klischeebesetzt
dargestellt. Besonders Jason ist ein bösartiger, kalter Mann ohne Ehre und
Anstand, der genau wie alle anderen keine Wandlung durchmacht. Auch die anderen
Männer, die allerdings meist nur namentlich genannt werden, sind eher negativ
dargestellt, bis auf den einen, den Atalante später heiraten wird.
Die
eigentliche Handlung wird immer mal wieder von kursiv gesetzten Kapiteln
unterbrochen, in denen die Götter des Olymps, besonders Hera, Zeus, Iris und
Hermes, auftreten. Sie alle haben ein eigenes Interesse an Jason oder Atalante,
denn wer von beiden immer gewinnt, wird dann den einen oder anderen Gott
bevorzugen. Die Götter sollen, laut Autorin im Nachwort, so natürlich und
menschlich rüberkommen, wie möglich, allerdings ist das bei Hauser gründlich
danebengegangen. Zu viel, einfach zu viel, aufgesetzt, unglaubhaft, wie das
meiste andere in der Story auch.
Atalante
nun, die ja als Heldin dargestellt werden soll – und das in der Mythologie auch
ist – wird leider vor keine einzige wirkliche Herausforderung gestellt, an der
sie wachsen könnte. Klar, sie schießt ab und an mit dem Bogen, tötet am Anfang einen
Löwen oder auf Seereise in der Gruppe einige Angreifer. Aber nie ist da etwas,
und sei es auch eine Intrige oder ähnliches, dem sie sich tapfer stellen
müsste, um dann selbst daran wachsen zu können. Sie hat einfach nur Glück und
teilweise die Unterstützung von Göttern. Andere von diesen sind übrigens gegen
sie und daraus hätte gut und gerne etwas gestrickt werden können. Dass das
unterbleibt, war mit fortschreitender Seitenzahl wirklich frustrierend.
Als
sie Myrtessa zurückgelassen hat, darf sie nicht einmal allein durch die Landen
ziehen, um zurück zur Stadt ihres Vaters zu kommen, um ihre wahre Herkunft zu
offenbaren. Hier gibt es bereits Hippomenes, als dessen Frau sie sich ausgibt,
weil das sicherer ist. Selbstredend bleibt sie jungfräulich, wenn es aber auch
Prickeln zum Fremdschämen gibt.
Der
berühmte Wettlauf erfolgt dann, als ihr Vater beschließt, sie solle
ausgerechnet Jason heiraten, der nebenbei das Vlies wieder verloren hat. Was
genau sie mit Laufen zu tun hat, erschließt sich den Unkundigen der ursprünglichen
Sage übrigens nicht. Ab hier wirkt es wieder herzlich aufgesetzt, wenn die
Autorin ihren Zeigefinger erhebt und immer wieder einflechtet, dass wir alle
trotzdem frei entscheiden können. So hätte Atalante eben gewählt und
absichtlich verloren … ob Frau Hauser sich auch nur einmal Gedanken um das
Leben einer Frau der damaligen Zeit gemacht hat?
Puh,
man merkt, ich hasse diese Geschichte aufrichtig. Die Aufmachung des Buches ist
tatsächlich sehr gelungen und nimmt sich sehr gut im Buchregal aus. Inhaltlich
ist nicht einmal annähernd drin, was versprochen wird.
Wer wirklich starke weibliche Charaktere aus der Historie und Mythologie lesen will, sollte unbedingt woanders reinschauen. Mir sind „Medea“ und „Kassandra“ von Christa Wolf noch heute im Kopf, weil sie so eindringlich erzählt wurden. Auch die Werke von Marion Zimmer Bradley gehören dazu, selbst wenn von der Autorin in letzter Zeit nichts Gutes zu erfahren war. Ebenfalls „Kleopatra“ von Stacy Schiff. Und Bücher wie „Maresi“ oder „Halo: Tochter der Freiheit“ sind nur einige, die mir lose einfallen. Vielleicht kann die Autorin sich bei diesen etwas abschauen, denn das das hier war nichts.
Wer wirklich starke weibliche Charaktere aus der Historie und Mythologie lesen will, sollte unbedingt woanders reinschauen. Mir sind „Medea“ und „Kassandra“ von Christa Wolf noch heute im Kopf, weil sie so eindringlich erzählt wurden. Auch die Werke von Marion Zimmer Bradley gehören dazu, selbst wenn von der Autorin in letzter Zeit nichts Gutes zu erfahren war. Ebenfalls „Kleopatra“ von Stacy Schiff. Und Bücher wie „Maresi“ oder „Halo: Tochter der Freiheit“ sind nur einige, die mir lose einfallen. Vielleicht kann die Autorin sich bei diesen etwas abschauen, denn das das hier war nichts.
Emily Hauser wurde
in Brighton geboren und ist in Suffolk aufgewachsen. Sie hat in Cambridge und
Harvard Altphilologie studiert und in Yale promoviert. In ihrer Trilogie über
die Frauen von Troja erzählt sie den großen Mythos des Trojanischen Kriegs in
moderner Sprache und aus weiblicher Sicht.
Hallo!
AntwortenLöschenIch wusste doch gleich zu Beginn, dass dieses Buch bzw. die Trilogie nichts für mich ist. Du bestätigst es mir nun nochmals....
LIebe Grüße
Martina
Ich hatte auch von Anfang an (also Band 1) meine Bedenken. Leider wahr geworden. :(
LöschenHallo Daniela :)
AntwortenLöschenIch erinnere mich noch gut an deinen Kommentar unter meiner Rezension zu "Sturmtochter" vor ein paar Tagen. Als ich jetzt also deine Rezension zu "Tochter des Meeres" auf meinem Dashboard hatte, musste ich sofort reinschauen.
Es klingt so als würde sich exakt dasselbe durch Band 2 ziehen, was mich schon an Band 1 so wahnsinnig gestört hat. Ich hab bei deinem Kommentar ja schon geahnt, dass Teil 2 qualitativ auch nicht besser wird, aber das Ausmaß jetzt so im ganzen in deiner Rezi zu lesen... nein danke. Da hört dann auch mein naives "Na vielleicht wird Teil 2 ja besser..."-Denken auf. Das spar ich mir lieber.
Vielen Dank für die Rezension :) Schönes Wochenende!
Ivy
Hallo Ivy,
Löschenich hatte bei Band 1 so meine Bedenken, weil das vom Klappentext her nicht so klang, als wären da wirklich ein paar starke Frauen bei herumgekommen. Das kann man schaffen, aber da gehört ein WeltklasseautorIn dazu. Darum hätte ich "Angst" den Vorgänger lesen zu müssen, weil ich mich vermutlich sehr darüber ärgern würde, vor allem auch nach Deiner Rezension. Mich wundern die vielen guten Meinungen ehrlich gesagt sehr.
Danke, dass Du reingeschaut hast!
LG
Daniela