Titel: Die
Bullet-Journal-Methode: Verstehe deine Vergangenheit, ordne deine Gegenwart,
gestalte deine Zukunft
Autorin: Ryder Carroll
Originaltitel: The Bullet
Journal Method
Verlag: Rowohlt
ISBN: 978-3499633409
Euro: 20,00
Veröffentlichungsdatum: November
2018
Seiten: 352
Serie: nein
Come in: Kauf
Meinung
An
Bullet Journals kommt man dieser Tage kaum vorbei; viele oft junge Frauen
überbieten sich geradezu, ihre Gestaltungsentwürfe, Zeichnungen und Skizzen
gekonnt vorzuzeigen. Wer aber etwas genauer hinsieht, kann erkennen, dass die
Methode, die dahintersteckt, größere Dimensionen umfasst und viel mehr
bereithält, als es zunächst vermuten lässt.
Nachdem
ich immer auf der Suche nach guten Planungsmöglichkeiten bin, habe ich mich
einmal näher umgeschaut und bin auf dieses Buch gestoßen. Obwohl ich nie Bücher
in dieser Preisklasse kaufe, griff ich zu, denn es stammt von demjenigen, der
sich die Methode überhaupt erst ausgedacht hat. Zudem hat mir eine Freundin zu
Weihnachten eine selbstgenähte Stiftetasche geschenkt, in der schon die
wichtigsten davon enthalten waren.
Denn
wer mit dieser Sache anfangen möchte, muss erst einmal eine Menge Geld lassen.
Das Bullet Journal mit Dots/Punkten sollte ein paar Voraussetzungen erfüllen.
Nicht mit allen bin ich einverstanden. In etwa können Seitenzahlen, Index und
anderes auch gut selbst angelegt werden. Das bei den meisten Nutzern gängige,
knapp zwanzig Euronen teure Markenprodukt muss also nicht sein. Ich habe ein
2,99 Notizbuch in A5 und mit Kästchen angeschafft, schon allein weil ich erst
einmal ausprobieren wollte, wie sich die Handhabung anfühlt. „Fehler“ sollten
erlaubt sein, unterschiedliche Stile und Vorgehensweisen sollten entworfen und
ausprobiert werden. Stifte hatte ich noch – auch hier kann man einiges Geld
lassen, wenn man nicht aufpasst – und ein Lineal auch, so dass ich gleich
loslegen konnte.
Das
Prinzip von Carroll ist einfach: Er bricht alles von großen in kleine Stücke.
Dabei startet er mit einer Jahresübersicht, dann klickt er diese hinunter auf
eine Monatsübersicht und schließlich auf die Woche und die Tage. Obwohl es
einfach klingt, gibt es doch ein paar Sachen zu beachten, die er anschaulich
schildert. Ein paar Dinge habe ich bisher bereits so gehandhabt, andere waren
neu.
Carroll
beginnt zunächst ein wenig schlicht, steigert sich dann aber über einen
philosophischen hin zu einem recht sozialwissenschaftlichen Ansatz, der sich
hervorragend weglesen ließ. Dafür beide Daumen nach oben!
Wer
also eine neue Anleitung für bunte Bildchen erwartet, ist bei diesem Buch
falsch. Hier geht es um die sehr wichtige und wirklich hilfreiche Methode, die
dahintersteckt.
Was
wollte nun ich? Ganz sicher nicht meine Zeit verplempern, sondern mehr davon
gewinnen. Darum schied das Zeichnen mit Aquarellfarben, Buntstiften oder
ähnlichem aus. Abgesehen davon bin ich dafür auch nicht begabt genug. Übrigens
ist auch Carroll mit dem, was aus seiner Idee gemacht wurde, nicht ganz
glücklich, wie er gegen Ende mehrmals durchscheinen lässt. Es geht nicht um
Perfektion, nicht um bunte Bildchen, sondern darum, sich selbst durch die
Methode besser zu finden und zu organisieren. Aber, sagt er, wer darüber hinaus
noch Zeit hat, der soll eben noch Zeichnungen einfügen.
Was
mir beim Ansehen von sehr, sehr vielen youtube-Videos zum Thema Bullet Journal
aufgefallen ist, dass a) niemand die Methode wirklich erklären kann und b) alle
auf strenge Perfektion hinarbeiten. Das kann sogar so weit gehen, dass es ein
Schmierbüchlein zum Testen und ein „richtiges“ gibt. Da werden alle möglichen
Dinge erst mit Bleistift vorgezeichnet, teilweise sogar Zahlen, um sie dann mit
Fineliner noch einmal nachzuziehen. Es folgen wortreiche Entschuldigungen, wenn
mal ein Strich zu viel erfolgt oder über den Rand gemalt worden ist. Tut mir leid,
Mädels, aber ihr habt es nicht verstanden. Zudem geht es in einem Planer gar
nicht anders, als dass mal etwas gestrichen werden oder Du zwischen Tür und
Angel oder in einem ruckligen Bus mit Handy am Ohr etwas notieren musst. Am
Ende dient das Büchlein auch dazu, in drei, vier Jahren noch einmal nachzusehen
und nachvollziehen zu können, was geschehen ist und was man wie ändern
könnte/sollte. Wer will denn bitte kleine perfekte Kunstwerke, statt zu zeigen,
dass man wirklich gelebt hat? Wovor denn diese Angst? Stell Dir vor, Du hast es
mit im Urlaub am Meer und es wird ein wenig wellig – möchtest Du von vorn
beginnen? Oder lieber die Erinnerung in einigen Jahren durch die Berührung mit
den Seiten doppelt genießen?
Jedenfalls
gibt es einige Spielereien für die detailverliebte Nutzerin. Das Washi-Tape
habe ich mir bei meiner Mutter geliehen. Ich dachte, dieses zu benutzen, ginge
schneller, als Striche mit dem Lineal zu ziehen – geht es übrigens nicht. Die
Monatsübersicht habe ich aus einem anderen Kalender ausgeschnitten und
aufgeklebt (Ein-Euro-Artikel, der leider keine Verwendung bei mir gefunden
hat). Hier zeigte sich das erste Manko: Die Seiten sind zu dünn, um viele
geklebte Bildchen zu vertragen, so sind dann einige Ideen auch ausgeschieden.
In etwa habe ich überlegt, Seiten aus Malbüchern (adult) auszuschneiden und
aufzukleben – auch mit Markern kann man gut malen. Und diese Malerei macht für
mich nur dann Sinn, wenn man z.B. irgendwo warten muss. Auch der Fineliner
drückt ziemlich stark durch. Darum ist eine wichtige Voraussetzung für ein
Bullet Journal das richtige Papier.
Oder
aber man verzichtet auf den ganzen Schnickschnack und wendet sich einem
normalen, schlichten Kugelschreiber zu. Auch hier heißt es aber hinsehen; wenn
bereits mehrere Striche mit dem Lineal gezogen wurden, dann schreibt er
schmierig, was einige Abdrücke meiner Finger, die unabsichtlich hineingefasst
haben, bedingte.
Zunächst
habe ich die Jahresübersicht angelegt, die besonders für die Projekt- und
Arbeitsplanung enorm hilfreich ist. Dann die für den Monat Januar. Zwar waren
bereits einige Tage davon vergangen, aber Carroll sagt, man könne jederzeit
anfangen – wenn er auch empfiehlt, dann mit dem neuen Jahr neu zu beginnen,
auch wenn man erst wenige Wochen zuvor begonnen hat. Das hat besonders mit der
Selbstreflexion zu tun.
Es
sind einfaches Washi-Tape und ein Glücksklee, den ich zu Silvester geschenkt
bekommen und getrocknet habe, verwendet worden. Es sollte wirklich schlicht
bleiben. Die Monatsübersicht hat sich in dieser Form als zu klein
herausgestellt. Zwar lassen sich Geburtstage eintragen, aber sonst nicht viel
mehr. Im Februar habe ich die Kästchen größer gemacht, aber das Format gefällt
mir generell nicht, so dass ich im März vielleicht probieren werde, es
zweiseitig und quer darzustellen.
Es
folgt eine Seite, die ich „Gelesen und Geschaut“ genannt habe. Dort sollten
eigentlich nur die Titel und die vergebenen Punkte notiert werden. Zwar gibt es
tolle grafische Bilder für die Listung, aber wie gesagt, es sollte schlicht
bleiben. Dann jedoch dachte ich, dass es besser wäre, einige zusätzliche Infos
zu Titel/Autor zu notieren, also wann gelesen und wie viele Seiten und natürlich
einige Stichpunkte zum Inhalt (darum geht es schließlich). Deswegen folgen die
ersten Titel auf der zweiten Seite, die späteren auf der ersten. Schließlich
erlag ich hier dem Gruppenzwang und habe mich an einigen Bildchen versucht –
wie erwähnt habe ich kein Talent. Aber es hat Spaß gemacht, zu überlegen, wie
man das jeweilige Buch/Film in einem kleinen Minibild darstellen könnte. Darum
behalte ich die Idee sicher bei.
Übrigens
an dieser Stelle ein wichtiger Hinweis von Carroll: Schreibe das Bullet Journal
so, als würdest Du es jemand anderem erzählen, denn Du musst es auch in drei
Jahren noch verstehen können. Als ich das gelesen hatte, gab es Stichworte zu
den gelesenen Büchern.
Die
Tage beginnen bei mir am 07.01. und es gibt zwei Tage pro Seite, einfach wie
eine Art Tabelle. Das hatte vor allem den Sinn, alle Tagesaufgaben zu listen,
Dinge, die ich sonst noch getan habe, aber vor allem Essen und Trinken zu
notieren. Zum einen erwische ich mich oft dabei, nicht genug zu trinken. Zum
anderen muss ich allergiebedingt oft überlegen, was ich eigentlich drei Tage
zuvor gegessen habe – nicht einfach, wenn man nicht mehr zwanzig ist.
Durch
die Tagesübersicht habe ich übrigens auch mehr Struktur in die Hausarbeit
bringen können. Ich kann besser sehen, was ich wann begonnen und wie beendet
habe (Bücher, Strick-/Häkelarbeiten, Serien, Job, etc.).
Am
meisten faszinieren mich jedoch das Händische und die Reflektion. Ich überlege
am Abend, was ich am nächsten Tag zu erledigen habe und schreibe es auf. Was
einfach klingt, hat einen großen Effekt. Sich hinzusetzen und genau zu
überlegen, was eigentlich in der Woche zu tun ist und das dann auf einzelne
Tage zu legen. Dann das Abstreichen für erledigte Taten und die folgende
Zufriedenheit, aber vor allem auch, dass diese vielen kleinen Dinge, die im
Kopf schwirren und den Blick aufs Wesentliche verdecken können, aufgeschrieben
werden und aus eben diesem Kopf weg sind. Das beruhigt irgendwie. Auf diese
Weise ist es auch einfacher, sich selbst kleinere und größere Aufgaben zu
stellen. Ich habe inzwischen gemerkt, dass ich diese Seitenweise Auflistung
aber so groß nicht brauche. Auch wäre das Journal auf diese Weise recht schnell
zu Ende. Darum probiere ich im Februar eine andere Listung und bin gespannt, ob
diese vielleicht ein wenig zu minimalistisch ist. Am Ende des Monats folgt ein
kurzes Resümee. Hier kann kurz notiert werden, was gut und was schlecht war,
was man ändern könnte und wo im Folgemonat der Fokus liegen sollte.
Danach
wollte ich einige der sog. Tracker ausprobieren. Ihren Sinn hat mir auch
Carroll nicht ganz erläutern können, aber ich wollte kein Spielverderber sein.
Es folgt also eine Seite, die ich „Feelings in Farbe“ genannt habe. Da ich nur
vier Marker besitze, habe ich die Tagesstimmung auf vier Möglichkeiten
heruntergebrochen. Ich habe einen Menstruationskalender eingefügt und einen
Schlaftracker. Um ehrlich zu sein habe ich diesen und den der Feelings bereits
mehrfach vernachlässigt. Ich denke nicht, dass ich die übernehme, die machen
vielleicht auch altersbedingt nicht unbedingt Sinn, zumal man auch in der
Tagesübersicht notieren kann und sollte, was so neg./pos. passiert ist. Tracker
bezüglich gewisser Aufgaben ergeben bestimmt einen Sinn, also z.B. wenn man
abnehmen möchte und dann kleine Meilensteinchen notiert und immer, wenn man
eines erreicht hat, es abstreicht/ausmalt. Das wäre vielleicht auch für Leser
oder Autoren eine gute Idee, wenn ihnen die Seitenanzahl wichtig ist, die sie
pro Tag/Monat erreichen möchten. Thema „Sparen“ wäre noch zu nennen oder sich
im www inspirieren lassen. Tracker können sowohl hilfreich als auch lustig
sein.
Es
gibt noch einige Spielereien mehr, im Wesentlichen geht es aber um die
Bullet-Journal-Methode und die hat Carroll wirklich anschaulich und genau
erklärt. Auch optisch hat das Buch einiges zu bieten. Die Methode ist so
einfach wie genial, will aber durchgehalten werden. Ich lasse mich sehr
überraschen wie und ob mir das gelingen wird. Ryder Carrolls Buch zum Thema
kann ich in jedem Fall empfehlen. Übrigens gibt es auch eine Homepage dazu. Die
Leseliste am Ende ist toll.
Habt
Ihr schon einmal von der Methode gehört und es schon einmal versucht? Falls
nicht, probiert es ruhig einmal. Sie ist so viel mehr als bunte Bildchen!
Ryder
Carroll ist Digital
Product Designer und der Erfinder des Bullet Journals. Er wurde in Wien geboren
(und spricht fließend Deutsch) und wuchs dort als Sohn des Schriftstellers
Jonathan Carroll auf, bevor er zum Studium in die USA ging. Heute lebt er in
New York.
Das sind spannende Einblicke damit, wie es dir mit der Methode geht und wie du damit umgehst.
AntwortenLöschenMeine Gedanken zu dem Thema würden hier wohl das Kommentarfeld sprengen - und ich möchte dazu auch demnächst einen eigenen Beitrag machen, daher nur kurz eines herausgegriffen: Ich habe zweiseitige Monatsübersichten und finde diese Größe ideal.
Ja, ich glaube, da könnte man stundenlang drüber sprechen :) Umso schöner, dass Du einen Beitrag dazu schreiben möchtest, ich werde auf jeden Fall vorbeischauen!
LöschenIch habe für März auch eine zweiseitige Übersicht gemacht und denke, dass ich damit besser hinkommen werde.
Witzig, ich bin jetzt zum dritten Mal über das Buch gestolpert und es reizt mich so überhaupt nicht. Aber vielleicht liegt es daran, dass ich aus Überzeugung ein absoluter Chaot bin und so unglaublich ungern plane, dass es mich überhaupt nicht anspricht.
AntwortenLöschenIch glaube aber schon, dass es vielen eine Hilfe ist und vor allem dann, wenn man mehr als drei Projekte am Laufen hat.
Das dachte ich auch einst ;-) Aber ich muss sagen, mir hilft die genaue Planerei dabei, mich nicht zu verzetteln und z.B. gezielt Auszeiten zu nehmen. Manchmal war so viel zu erledigen, dass ich nicht wusste, wo ich anfangen soll und das klappt jetzt auch besser - man hat einfach nicht mehr das Gefühl, da liege ein Berg nach dem nächsten vor einem. Gefühlt habe ich in zwei Monaten mehr erledigt als im letzten halben Jahr. Das einzige, was noch klappen muss ist, dass man die Aufgabe, die man plant auch wirklich anfängt. :)
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