Titel: Achtzehnter Stock
Autorin: Sara Gmuer
Originaltitel
Verlag: hanserblau
ISBN: 978-3446282780
Euro: 22,00
Veröffentlichungsdatum: Februar 2025
Seiten: 224
Serie: nein
Come in: vorablesen.de
Inhalt
Wanda wohnt mit ihrer kleinen Tochter fast ganz
oben im Hochhaus. Ohne Familie und mit der Weigerung, Sozialhilfe zu
beantragen, scheint ihr Traum eine berühmte Schauspielerin zu werden,
ausgeträumt. Doch aufgeben will sie nicht. Als dann ein Angebot für eine
größere Rolle eingeht, nimmt sie freudig an. Doch sie ist alleinerziehende
Mutter ohne Geld – und das in einer Welt, in der es um die Wirkung nach außen
geht. Wanda trifft die fatale Entscheidung, ihre Herkunft zu verschweigen. Das
klappt, bis alles über ihr einzustürzen droht.
Meinung
Gmuers Debüt liest sich rasant weg und fesselt
den Leser über weite Strecken. Sie ist an den richtigen Stellen bissig,
manchmal humorvoll, zeigt keine perfekten Figuren und macht vieles anders.
Leider auch vieles gleich – klischeehaft. Obwohl ich das Buch sehr gern gelesen
habe und förmlich an den Zeilen klebte, bin ich doch ein Kind der Platte. Und
ich mag die Darstellung dieser nicht, eben weil sie immer die gleiche ist.
Menschen von „ganz unten“ leben da, Alleinerziehende, Trinker, Männer alle
Taugenichtse, der Nachbar aus der Sechsten, der ein Na… ist, weil er eine
Deutschlandfahne im Fenster zu hängen hat, niemand hat einen Job. Solche Bilder
werden immer nur von einer Klasse geschrieben und die wenigsten waren mal vor
Ort. Manchmal glaube ich, sie brauchen es auch, um sich selbst besser zu
fühlen. Immerhin die Autorin zeigt ein äußerst diverses Umfeld, bringt die
Mütter zusammen und schafft eine Protagonistin, die keine Heldin ist. Und das
auch weiß. Sie lebt mit Karlie zusammen, der sie bis zum Schluss eher
ambivalent gegenübersteht, was den einen oder anderen Leser stören könnte.
Anfangs erkrankt das kleine Mädchen und es wird recht ausführlich ihre
Gesundung geschildert, der Weigerung des Arztes, ihr Antibiotika zu geben. Hier
scheint Wanda eine liebende Mutter zu sein, beschützend, sorgenvoll. Aber hier
geht eben auch das große Angebot ein. Und es reicht offenbar nicht, sie aus dem
Meeting zu reißen, ihr wird auch noch die Handtasche gestohlen. Gut, dass es
Aylins Mama gibt, eine Nachbarin, die nie einen richtigen Namen erhalten wird.
Aber sie ist da, wenn Wanda nicht weiterweiß. Allein die Existenz dieser Figur
zeigt, dass Wanda zu egozentrisch ist. Das bekommt dann auch ihre Tochter zu
spüren, die mehr und mehr an der Mutter, die schließlich doch noch eine Rolle
bekommen hat, verzweifelt. Es ist traurig, dabei zuzusehen. Dann ist der neue
Mann da, der einzige übrigens, der irgendwie positiv dargestellt wird. In
diesem Roman kommen sie leider alle nicht gut weg. Die neue Welt, in der Wanda
sich bewegt, da man ihr nun Zugang verschafft hat, ist nun aber auch nicht die
ihre. Sie mag die Menschen nicht, die Art wie sie sich kleiden, wie sie
miteinander reden. Kennen sie sich überhaupt richtig? Aber welche Art Menschen
mag Wanda? Ihre Nachbarn nicht. Für diese hält sie sich für zu gut. Aber die
anderen eben auch nicht. Eine innere Zwickmühle. Es läuft immer spitzer zu. In
dem Maße wie Wanda sich kaputtmacht, um in die Schauspielrolle zu passen, in
dem Maße zerstört sie beinahe auch ihre Tochter. Kein Geld im Haus, kein Essen.
Natürlich gibt es ein Happy End für Wanda. Aber das wirkt reichlich aufgesetzt. Den Anfang des Buches und den Epilog halte ich für nachträglich eingesetzt, damit es nicht ganz so übel wurde, das von der Platte (manche nennen es einfach Hochhaus) gezeigte Bild. Sie musste zunächst als liebende Mutter gezeigt werden, damit der Leser ihr den Rest auch abnimmt. Und am Ende bleibt sie, wo sie ist. Eine eigene Wohnung. Es bleibt allerdings, sich zu fragen, was passieren wird, wenn das verdiente Geld ausgegeben und keine neuen Rollenangebote eingetroffen sind. Geht dann alles wieder von vorn los? Wie ist Wanda innerlich gewachsen? Ist sie das überhaupt?
„Achtzehnter Stock“ liest sich rasant weg und weiß den Leser zu packen, aber die klischeehafte Darstellung des Umfeldes dieser Antiheldin zieht es leider ein bisschen runter. Aber ich würde jederzeit wieder etwas von der Autorin lesen.
SARA GMUER, 1980 in Locarno geboren, zog nach ihrem Abschluss an der Filmschauspielschule Zürich nach Deutschland. Sie stand für Dominik Graf und Die Ärzte vor der Kamera und als Rapperin auf der Bühne. Sie schrieb Songs, textete für Agenturen und fand dabei ihre ganz eigene Stimme. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Berlin.
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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!
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