Samstag, 13. Oktober 2018

Aus der Tastatur gefallen: Gedanken über das Leben, den Tod und schwarze Hüte - Terry Pratchett

Titel: Aus der Tastatur gefallen: Gedanken über das Leben, den Tod und schwarze Hüte
Autorin: Terry Pratchett
Originaltitel: A Slip of the Keyboard: Collected Nonfiction
Verlag: Goldmann
ISBN: 978-3442487295
Euro: 14,00
Veröffentlichungsdatum: September 2018
Seiten: 400
Kein Serientitel
Come in: Vom Verlag








Inhalt/Klappentext

Diese Anthologie versammelt die besten und unterhaltsamsten Essays, Artikel und Reden Terry Pratchetts. Hier findet man alles, was ihn im Lauf seines Lebens bewegt hat: Erinnerungen an seine Großmutter, Gedanken zu Gandalfs Liebesleben oder die Frage, welche Bücher, sein eigenes Werk inspiriert haben. Er spricht über seine Liebe zu Weihnachten, gibt Einblicke in seine Schulzeit oder verrät, zu welcher Tageszeit man am besten schreibt. Selbst die ernsten Themen, denen er sich widmet, sind stets durchdrungen vom Humor und der Lebensklugheit dieses wundervollen Autors.


Meinung

Terry Pratchett hat Zeit seines Lebens nicht nur sehr viele Romane geschrieben, sondern auch zahlreiche Zeitungsartikel, Reden oder Vorträge. In "Aus der Tastatur gefallen" sind die meisten davon in einer Anthologie zusammengetragen worden - und lesen sich vergnüglich, informativ und auch sehr emotional.
Das Vorwort hat Neil Gaiman, ein enger Freund Pratchetts, mit dem er auch gemeinsame Werke verfasst hat, bestritten. Nein, Pratchett sei kein sehr humoriger Typ gewesen, sondern eher ein recht zorniger. Dabei hätte sich sein Zorn in erster Linie aus seinem tiefen Gerechtigkeitsinn gespeist und vor allem durch seine scharfzüngigen Texte ausgelebt.
Das Buch ist in vier Themenkomplexe unterteilt, die sich mit den wichtigsten Aspekten Pratchetts befassen.
  • "Der Störer mit dem Stift" greift den Alltag als Autor auf. Den Schreibprozess in etwa, Lesungen und Lesereisen ("Achten Sie darauf, dass immer Tisch und Stuhl bereitstehen."), Leserbriefe, Gedanken zu den eigenen Werken uvm.
  • "Ein weltfremder Träumer" reist in der Zeit zurück in Pratchetts Kindheit und Jugend, welche Werke ihn beeinflusst haben und sein Verhältnis und Verständnis des/der Genre(s), denen er sich zugewandt hat.
  • "Tage des Zorns" beschäftigen sich vor allem mit der heimtückischen Krankheit des Autors, an der er viel zu früh 2015 verstorben ist. Als klar wurde, dass er an Alzheimer erkrankt ist, ging Pratchett damit an die Öffentlichkeit und kämpfte um neue gesetzliche Regelungen der Sterbehilfe in England.
  • "Und zum Schluss ..." einige autorentypische Fußnoten.
Mir selbst sind zwei Themen besonders nahegegangen. Zum einen alle Texte, die Pratchett zur Fantasy und zur SF verfasst hat, die waren auf den Punkt, sachlich wie sehr scharfsichtig. Er sagt zwar anfangs, dass alle, die Schreiben möchten, aufhören sollten, im Genre ihrer Wahl zu lesen, war aber selbst sehr belesen. Nicht nur nennt er Lieblingsautoren und Koryphäen in den Genres, er nimmt ebenfalls Bezug zu ihren Werken. Zu einigen hat er auch das Vorwort verfasst.
Das zweite Thema ist der Komplex rund um Pratchetts Krankheit. Die Veränderungen seines Alltags, das Abenteuer zur Diagnose und die schlechten Gegebenheiten rund um das englische Versicherungssystem - es gibt kostenlos Viagra, aber keine Medikamente, die Alzheimer aufhalten können, ohne beachtliche Zuzahlung - werden von ihm ungeschönt widergegeben. Als ihm klarwurde, dass es keine Heilung für sein Leiden gibt, begann Pratchett, sich für die Sterbehilfe stark zu machen, tingelte durch Talkshows, drehte einen Film für die BBC, in dem er Sterbende ins Ausland, wo Sterbehilfe zugelassen ist, begleitete. Das Recht, den eigenen Tod bestimmen zu können, sollte jedem von uns gegeben sein, auch und vor allem ohne dass nahestehende Personen dafür haftbar zu machen sind. Eine Meinung, die ich teile. Der Zorn des Autors, den Gaiman angesprochen hat, wird in diesen Texten tatsächlich deutlich, aber Pratchett hat für sich einen gelungenen Weg gefunden, mit diesen Gefühlen umzugehen: mit der Tastatur. Dabei doppeln sich manche Gedanken des Autors, was aber leicht überlesen werden kann.
Pratchett, der als Journalist gearbeitet hat, schreibt klar und deutlich, mit beschwingter oder emotional angeschlagener Feder, immer am Thema und tollem Schlusssatz. Auf den Einwand eines Bischof bezüglich Sterbehilfe, das Leben sei keine Science Fiction, antwortete Pratchett, natürlich sei es das, seine Stents im Herzen bewiesen es, die Mission zum Mond und all die vielen Alltäglichkeiten, die sich unsere Großeltern nie hätten erträumen lassen, seien nichts anderes. Alles habe als Gedanke begonnen, als Phantasie - bis sie jemand möglich gemacht habe.
Es ist seine Art zu denken, seine Art, über das Leben zu reflektieren, die Terry Pratchett auf seine ganz eigene Weise einzigartig machen. Dieses Buch ist großartig, nicht entgehen lassen!



Terry Pratchett, geboren 1948, schrieb 1983 seinen ersten Scheibenwelt-Roman – ein großer Schritt auf seinem Weg, einer der erfolgreichsten Autoren Großbritanniens und einer der populärsten Fantasy-Autoren der Welt zu werden. Von Pratchetts Romanen wurden weltweit rund 80 Millionen Exemplare verkauft, seine Werke sind in 38 Sprachen übersetzt. Für seine Verdienste um die englische Literatur verlieh ihm Queen Elizabeth sogar die Ritterwürde. Terry Pratchett starb am 12.3.2015 im Alter von 66 Jahren.

2 Kommentare:

  1. Bonsoir, Daniela.
    Leben & Tod streiten sich um den selben Hut, könnte man/frau anmerken; weil die Sache auch ein permanentes Ding zwischen beiden bleibt. Ein jeder will, aber keiner bekommt ein Anrecht auf alles. So verschanzen sich beide Kontrahenten hinter ihren Karten & versuchen ein gutes Blatt auszuspielen.
    Aber im Grunde gäbe es beide nicht, ohne den jeweils anderen.
    Für Terry Pratchett ist nach vielen Assen ein wirklich mieses Blatt ausgespielt worden.

    Anmerkenswert, dass ein hoher kirchlicher Würdenträger davon spricht, dass das Leben keine SF sei. Hier könnte der hintersinnige Skeptiker einwenden, dass Religionen per se eine Story aufwendig (was Menschen & Material angeht) inszenieren, die Menschen abverlangt absolut zu Glauben.
    Während gute SF Fragen stellt, jedoch keinerlei Bekenntnis (oder blinden Gehorsam) einfordert.

    bonté

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    1. Pratchett war schon ein Kämpfer, das hat er unterschiedlich ausgelebt, aber meist mit dem Stift.
      Seine Texte zu F und SF wären sicher was für Dich ;-)

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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