Freitag, 6. Mai 2022

Die Stille der Frauen - Pat Barker

 


Titel: Die Stille der Frauen

Autorin: Pat Barker

Originaltitel: The Silence of the Girls

Verlag: Lago

ISBN:  978-3957611956

Euro: 19,99

Veröffentlichungsdatum: Oktober 2020

Seiten: 416

Serie: ja

Come in: Tausch

 

 

 

Inhalt
Briseis, Königin von Lyrnessos, muss zusehen, wie ihre Stadt von den Griechen eingenommen wird. Alle Männer und Jungen werden getötet, die Frauen als Sklavinnen unter den Siegern verteilt. Briseis wird Achill zugesprochen, dem Mann, der ihre Brüder und ihren Ehemann vor ihren Augen getötet hat. Im Lager vor den Toren Trojas wird sie gezwungen, in seinem Haus zu bedienen und in seinem Bett zu schlafen. Als Agamemnon sie für sich fordert, scheint das Bündnis der Griechen zu zerfallen. Aber wird Briseis jemals wieder frei sein?

 

 


Meinung

Obwohl es ein weiteres Buch mit Briseis als Erzählerin gibt, kann dieses als in sich abgeschlossen betrachtet werden. Erzählt wird die Sage rund um Achill und seinen Kampf um Troja, der zur Zeit der Geschichte bereits neun Jahre lang tobt. Nur erzählt sie diesmal eine Frau mit den Ansichten, Gefühlen und Erlebnissen einer Frau. Es handelt sich um eine gewaltvolle Story, denn Briseis ist fortan Eigentum und muss tun, was man ihr sagt. Barker verzichtet allerdings auf genaue Schilderungen, sie erzählt viel zwischen den Zeilen und oft auch als Andeutungen. Dass eine ehemalige Königin ihr Schicksal so schnell annimmt und sich zu fügen weiß, mutete anfangs zwar etwas seltsam an, jedoch war sie stets auch Frau, Schwester, Tochter und das in einer Zeit, als Frauen eben taten, was man ihnen sagte. Zudem besitzt sie einen ausgesprochen großen Überlebenswillen und sieht, dass sie ein besseres Los gezogen hat, als viele andere Frauen, die quasi dem gesamten Heerlager zur Verfügung stehen müssen.

Durch ihre Augen schaut man auf Achill, der sein Verlassen werden in der Kindheit durch seine Mutter nie recht verkraftet hat. Der hochmütig ist und unbeugsam, es sei denn sein Freund Patroklos spricht zu ihm, denn beide verbindet ein äußerst inniges Verhältnis. Beim Zerwürfnis mit Agamemnon wird deutlich, dass es nicht um eine kleine Sklavin ging, Briseis weiß das sehr gut, sondern um den Stolz und die Würde eines Kriegers bis hin zur Grenze des Schmollens. Achill in jedem Fall wird durch Briseis’ Erlebnisse mit ihm charakterisiert und als Figur äußerst fassbar. Patroklos bleibt dahinter ein wenig zurück, er ist gut zu Briseis, weil er ihre Position ein Stück weit verstehen kann, aber auch er kann ihr nicht helfen.

Barker beschreibt emotional, wie schwer es für Briseis ist, ihre einstige Würde aufzugeben. In etwa soll sie abends beim Mahl bedienen und Wein verteilen, dort wo jeder weiß, wer sie einst gewesen ist. Und nicht alle fürchten sich vor Achill, und kommen ihr zu nahe. Zudem sieht sie Dinge und Kleidungsstücke, die sie selbst gefertigt hat, im Haus des Achill. Genau wie sie bei neuen Eigentümern. Aber Briseis ist kein lebloses Ding, sie hadert mit der Situation und scheint oft verwundert zu sein, wenn sie menschliche Regungen bei ihrem Feind entdeckt.

„Die Stille der Frauen“ ist keine schnöde Nacherzählung der Illias, auch wenn alle wichtigen Eckpunkte vorhanden sind. Barker hat einer Figur aus der Sage eine Stimme gegeben, die bisher eher unbeachtet geblieben ist. Sie erzählt klar und schnörkellos, dicht am Leser und sehr atmosphärisch.

 

1. The Silence of the Girls (Die Stille der Frauen)
2. The Women of Troy (Die Frauen von Troja)

 

 

Pat Barker hat ihre literarische Karriere erst in ihren Vierzigern gestartet, als sie einen Kurzgeschichtenkurs besucht hat. Von ihrer Schreiblehrerin Angela Carter wurde sie ermutigt, weiterzuschreiben, weswegen sie ihre Geschichten an Verleger geschickt hat. 35 Jahre später hat sie nun 15 Romane veröffentlicht und viele Preise gewonnen, u. a. den höchsten Preis Großbritanniens, den Booker Prize.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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