Donnerstag, 12. April 2018

Central Station - Lavie Tidhar

Titel: Central Station
Autorin: Lavie Tidhar
Originaltitel: Central Station
Verlag: Heyne
ISBN: 978-3453318816
Euro: 9,99
Veröffentlichungsdatum: Januar 2018
Seiten: 352
Kein Serientitel
Come in: Tausch










Meinung

In Tel Aviv steht die große Central Station, von der die Menschen aus ins All expandiert haben. Der Mars ist besiedelt, es gibt die große UNTERHALTUNG, die nächste Steigerung vom world wide web, "Influencer" mit mehr als neun Milliarden Followern allweit. Künstlich geschaffene Kinder aus dem Labor, neue Arten des (Zusammen-)Lebens. Die Anderen, Menschen mit diversen künstlichen Gliedmaßen, bis kaum noch humanoides Material vorhanden ist. Menschen, die nach ihrem Tod in Robotniks gewandelt wurden, um in einem der Kriege verheizt zu werden und sich kaum noch an ihr einstiges menschliches Leben erinnern. Dutzende (auch neue) Religionen, die um Gläubige buhlen. Es ist eine wahrlich bunte Mischung, in die Tidhar seine Leser hineinwirft. Wer nach einer Handlung sucht, wird enttäuscht sein. In "Central Station" werden verschiedene Charaktere näher betrachtet, wird ein kleiner Ausschnitt aus ihrem Leben näher beleuchtet.
Miriam Jones, die mit ihrem Zögling Kranki jede Woche zum Bahnhof geht, weil seine Mutter ihm vor dem Tod sagte, sein Vater käme an einem Freitag zurück. Es ist jedoch Boris Chong, ihre alte Jugendliebe, die ihnen entgegenkommt. Er, der er einst in der Geburtsklinik gearbeitet hat und dann in die Weiten des Alls aufgebrochen ist, kommt wegen des schlechten Gesundheitszustands seines Vaters zurück. Die beiden lassen ihren alten Gefühlen freien Lauf. Die Geschichte der Familie Chong wird näher betrachtet, ebenso wie verschiedene Beziehungsformen. Miriams Bruder verliebt sich in einen weiteren Ankömmling der Central Station: Eine Frau, die vom Strigoi-Virus infiziert wurde; sie saugt Daten von Menschen ab.
Diese und weitere Charaktere verflechten ihre Leben, ihre Entscheidungen, ihre Zukunft miteinander, bis sich ein großes buntes Bild einer möglichen künftigen Zeit erschließt und lose Enden zusammenfinden. Es sind also mehr Kurzgeschichten in Kapitelform, in denen auch am Rande die Figuren aus den anderen Kurzgeschichten auftauchen und sich wie ineinander verflochtene Finger miteinander verweben und etwa eine Woche dieses Zukunftsfensters öffnen, immer im Mittelpunkt die Central Station. Die Mischung ist bunt, aber durchaus denkbar. Die Menschen sind die gleichen geblieben und das ist vielleicht das Erschreckendste daran; Technik, Soziologie, Gesetze mögen sich verändern, aber im Herzen bleiben wir doch alle gleich. Tidhar zeigt, was möglich wäre, ohne utopisch oder dystopisch zu werden. Es ist ein Wimpernschlag, den er uns gewährt - und viele Dinge in diesem Möglichen, über die nachzudenken es sich durchaus lohnt.
Tidhars Art zu schreiben, seine Art, Dinge zu zeigen, ist sehr intensiv und nie beschönigend, eben passend zu dem, was er zu erzählen hat. Für den Mainstreamleser ist dieser Science-Fiction-Roman eher nichts. Auch wer es entspannend und einfach sucht, Action benötigt oder sofort ersichtliche Motive und Emotionen ist eher schlecht beraten. Wer sich jedoch ein Bild mit Worten malen lassen will und gern die grauen Zellen anstrengt, sollte nicht vorbeigehen.


Lavie Tidhar wuchs in einem israelischen Kibbuz auf und lebte unter anderem in Vanuatu, Laos, und Südafrika. Mit seinen Romanen gewann er den British Science Fiction und den World Fantasy Award. Derzeit lebt er in London.

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