Titel: BISSE
17 ungewöhnliche Geschichten
Autorin: Ju Honisch
Originaltitel, 295 Seiten
ISBN: 9783957511119
Euro: 6,99
Erscheinungsdatum E-Book: 30.10.2015
Ju Honisch über Bisse – woher und wohin?
Ich
bin kein übermäßig planvoller Mensch. Ich gebe mir Mühe, aber bisweilen
passieren Dinge einfach. 17 ungewöhnliche Geschichten. Einfach so
passiert? Nun, zu keinem Zeitpunkt habe ich das durchgeplant und gesagt:
Jetzt schreibe ich siebzehn Gruselgeschichten.
Tatsächlich habe
ich sehr viel mehr Geschichten geschrieben als diese siebzehn. Ein
ganzes weiteres Buch, vielleicht sogar zwei, würden die füllen, die noch
auf meinem Computer sitzen und der Veröffentlichung harren. Manche sind
auch ausgebüchst und leben nun in Kurzgeschichten-Anthologien fort.
Ansonsten schreibe ich eher lange, ja sehr lange Romane. Die haben zumeist nette Helden und ein Happy-End.
Bei
Kurzgeschichten hingegen werde ich fies und gemein. Da gucken mich dann
gute Freunde von der Seite an und fragen besorgt: "Wo nimmst du das nur
her?" Vermutlich überprüfen sie daraufhin die Medien, ob in meiner
Gegend nicht irgendwo eine irre Serienkillerin ihr Unwesen treibt. Oder
sie blicken mir mitleidig in die Augen und fragen, ob mir "so etwas"
tatsächlich mal passiert ist und ich seitdem mit dem Trauma lebe.
Nein.
Falls es hier Serienkiller gibt, dann nicht mich. (Ehrlich.) Und meinem
ruhigen, größtenteils vor dem PC stattfindenden Leben sind auch nicht
allzu viele absonderliche Begegnungen anzulasten.
Meine
grusligen Grausamkeiten und garstigen Geschichten wohnen in meinem Kopf
und fließen von dort aufs Papier. Aus der Normalität heraus. Insofern
ist die Reaktion der Freunde schon berechtigt. Denn das, was diese
Geschichten gruselig macht, ist das Normale. Die Banalität des Bösen ist
erschreckend, weil sie so nah und so alltäglich ist.
Manchmal
fragen mich Leute, wo ich meine Ideen finde. Das Problem ist, ich finde
sie nicht. Sie finden mich, lauern im linken Zeh, springen mich an. Bei
"Bisse" sogar jeweils zweimal. Manche der Geschichten sind aus Liedern
entstanden, die ich irgendwann geschrieben habe. Manche Lieder sind
wiederum aus den Geschichten entstanden. Zu jeder der Geschichten gibt
es ein eigenes Lied.
Irgendwann hatte ich mir einmal
vorgestellt, eine CD zu produzieren mit all den Liedern – eine BISSE-CD.
Ich habe in meinem Leben viele Lieder geschrieben. Und auch meine
Lieder erzählen Geschichten, die nicht alle nett und romantisch sind.
Der Phantastik sagt man nach, sie
wäre "eskapistisch". Wir – die Leser, wie die Autoren – würden uns im
schönen Schein romantischer Welten aus der Realität stehlen. Ich fand
diese Erklärung für die Liebe zur Phantastik stets zu simpel und von
Unkenntnis und Arroganz getragen. Ein Genre, das sowohl die Dystopie als
auch Grusel und Horror zu den möglichen Formen zählt, taugt nicht dazu,
unsere kleinen Fluchten aus der Wirklichkeit zu versüßen. Wer echten
Eskapismus leben will, der kauft sich in der Großstadt einen
Geländewagen.
Ein Rezensent hat einmal geschrieben, man müsste
zwischen den einzelnen BISSE-Geschichten eine Pause machen und sich
erholen. Das empfehle ich auch: Tief durchatmen. Hinaus in den harmlosen
Sonnenschein gucken. Die Spannung der Seele langsam lösen. – Alles ganz
normal! – Und dann erst die nächste Geschichte lesen.
Wieder
ein anderer Leser meinte, die Geschichten hätten etwas von Fishermen's
Friend Bonbons: Sind sie zu stark, bist du zu schwach.
Ich wünsche meinen Lesern starke Nerven. Und wohliges Gruseln.
Ju Honisch
BISSE
– diese Geschichten beißen dem Leser Teile aus dem Gemüt. Es sind keine
klassischen Gespenstergeschichten, kein triefender Splatter, doch auch
kein lauschiger Kerzenscheingrusel. Das Grauen ist vielmehr ganz nah, im
Alltäglichen unter uns oder sogar schon unmittelbar hinter uns, vor
uns, in uns gar. Es kann der brave Kollege sein, der einem noch nie so
richtig aufgefallen ist, der so nette Arzt oder der lächelnde Traummann
von der Kontaktanzeige. Das Normale ist es, das sich sanft und jäh als
anormal entpuppt und den Leser frösteln lässt. Böse und gemein sind
diese Geschichten. Hinterhältig und fies treiben sie Haken in die
Leserseelen, drehen sich um sich selbst und enden stets etwas anders als
gedacht. Nichts für Leute mit allzu schwachen Nerven. – Genau das
Richtige für Liebhaber gepflegten Grusels und bizarr-phantastischer
Ideen.
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