Autorin: Oliver Schütte
Originaltitel
Verlag: Midas
ISBN: 978-3038765257
Euro: 24,90
Veröffentlichungsdatum: September
2019
Seiten: 224
Serie: nein
Come in: vom Verlag
Inhalt/
Klappentext
Wir alle sind Teil der dritten
Revolution in Film und Fernsehen ein Prozess, der die Welt der Medien und wie
wir diese konsumieren rasant verändert.
Seit der Jahrtausendwende bietet das
Internet die technischen Möglichkeiten für Videostreaming. Wer Filme, Serien
oder sonstige Medieninhalte sehen will, kann dies heute auf seinem Smartphone,
Tablet oder Computer jederzeit tun. Streamingdienste wie Netflix und YouTube
bieten ihre Produktionen in über 130 Ländern an und haben Hunderte Millionen Abonnenten.
Oliver Schütte beleuchtet in »Die
Netflix-Revolution« die Veränderungen, die Kino und Fernsehen mit sich gebracht
haben, und er beschreibt die Gegenwart, die vom dritten Neubeginn geprägt ist.
Er beschäftigt sich vor allem mit den gesellschaftlichen Folgen dieser
Entwicklung und hinterfragt kritisch, ob wir für diese neuen Erfahrungen bereit
sind. Denn wir begeben uns in die Hände von multinationalen Konzernen, die
bestimmen, was wir sehen können und was nicht. Wir Zuschauer werden zu
gläsernen Wesen. Die Anbieter wissen genau, wann, wo und was wir schauen. Sie
wissen auch, was uns interessiert, wann wir abgeschaltet haben oder welche
Momente uns besonders neugierig machen. Auf Basis dieses Wissens werden die
Inhalte geplant und auf uns zugeschnitten. Dieses Buch geht der wichtigen Frage
nach, welche gesellschaftlichen Konsequenzen die dritte Revolution nach dem
Kino und dem Fernsehen mit sich bringen wird.
Meinung
Der
Klappentext fasst es so gut zusammen, dass ich auf ihn zurückgegriffen habe.
Schütte,
der auf viele Jahre in der Filmbranche zurückblicken kann, hat sein neuestes
Werk in neun Kapitel plus Anhänge untereilt. Dabei beginnt er nach einer
Einleitung mit „Als die Bilder laufen lernten“ – eine wirklich gelungene
Zusammenfassung, wie es dazu kam, dass wir überhaupt sich bewegende Bilder
anschauen können. Jedes Kapitel beginnt mit einem fiktiven Text, in dem eine
Person gemäß dessen, was im jeweiligen Kapitel beschrieben wird, in ihrer
Umwelt agiert. Wer dachte, es seien die Brüder Lumière gewesen, die zuerst auf
die Idee kamen, der irrt, denn vor ihnen war es ein anderes Bruderpaar, die
Skladanowskys, welches eine ähnliche Erfindung gemacht und bereits einige
Kurzfilme vorgestellt hatten. Leider waren die anderen besser ausgestattet und
verfügten über einflussreiche Gönner, so dass ihnen die Erfindung zugeschrieben
wird.
Im
nächsten Kapitel widmet sich Schütte der „Flimmerkiste“ und ihren ersten
Gehversuchen. Wer hätte gedacht, dass die Erfindung der Fernbedienung – ich
selbst erinnere mich noch an eine Zeit, als es diese nicht gab – so eine
Auswirkung auf Inhalte und deren Darstellung, quasi die Art wie Geschichten
oder Formate umgesetzt wurden, besaß.
Die
Überleitung zu der „Streamingrevolution“ ist geglückt vor allem durch
Erklärungen darüber, was das ist und wie es entstehen konnte. Ohne technische
Entwicklung wären viele neue Errungenschaften gar nicht möglich gewesen. Nicht
nur die Art, wie wir konsumieren hat sich verändert, auch die Orte. Wurden
Möbel früher um den Fernsehapparat herum drapiert, ist das heute nicht mehr
nötig, weil quasi überall und jederzeit Inhalte angesehen werden können. Wir
sind also inzwischen nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich losgelöst.
Im
„Kampf der Streamingplattformen“ werden die gängigsten davon mit ihrem Werdegang
aufgezählt – mir war nicht klar, wie viele es sind. Und jede einzelne möchte so
viele Anhänger wie möglich, die selbstredend für das Privileg, mitschauen zu
dürfen, bezahlen sollen. Um das zu gewährleisten war es nötig, nicht nur
altbekannte Filme und Serien und ihre Lizenzen einzukaufen (Lizenzen sind eine
unheimlich komplizierte Sache und würden es verdienen, dass sie noch einmal ein
genauerer Blick trifft), sondern auch eigene Angebote zu erstellen. Was das
bedeutet, ist heute schon zu sehen: Wir werden geradezu mit neuen Serien und
Formaten überschüttet, in immer kürzerer Zeit immer mehr. An dieser Stelle
hätte ich mir persönlich tiefere Einsichten und auch gern Ansichten des Autors
gewünscht zum einen zu der Art, wie das die Wahrnehmung von Erzähltem verändern
könnte und damit eben auch wie zukünftig Geschichten erzählt werden (müssen) –
sicher nicht unerheblich auch für den Buchmarkt. Und wie verändert das alles
eigentlich das klassische Fernsehen?
Schütte
stellt ebenfalls die Frage nach dem Europäischen und deutschen Markt, wo es
bisher leider danach aussieht, als würde die neue Entwicklung verschlafen. Wir
hinken inzwischen so stark hinterher, dass es fraglich ist, ob das noch
aufzuholen ist. Was aber passiert, wenn nur einer und dann ein Großkonzern die
Art wie du zuschaust und damit langfristig denkst, bestimmt? In Italien hat man
sich sehr lange dagegen gewehrt, mit großen Namen wie Umberto Eco in den
dazugehörenden Reihen, dass alle Marktmacht im Buchmarkt in die Hand nur einer
einzigen sehr einflussreichen Familie geht.
Der
Autor stellt richtige und wichtige Fragen zur Zukunft der Filmindustrie, damit
auch zur Veränderung der Gesellschaft. Er glaubt und darin möchte ich ihm
zustimmen, dass die Individualisierung weiter fortschreiten wird und dass das
erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft (der Gesellschaft) haben wird. Leider
nennt er oft die Dinge nur beim Namen, ohne sie zu vertiefen oder noch ein
wenig weiter zu denken. Auch hätte ich mir zur Art des Geschichtenerzählens
(wie werden diese produziert, von wem, wie, in kurzer Zeit) mehr Inhalte
gewünscht, was aber vermutlich nicht das ursprüngliche Ansinnen gewesen ist.
Im
letzten Kapitel „Schöne neue Welt“ (der Name ist Programm) greift Schütte auf
ganz individuelle Veränderungen zurück: Wem gehört der Film nachdem er gekauft
wurde? Welchen Stellenwert wird das Lesen neben dem Streamen haben? Wird die
Welt zu einem globalen Dorf (das gleich denkt)? Linear versus nonlinear. Und
natürlich das große Thema: Algorithmus und gläserner Mensch. Leider nur dieses
eine Kapitel, das dadurch ein wenig zu kurz wirkt, gerade als es spannend
wurde, aber Schütte ist natürlich kein Sozialwissenschaftler. Ich habe mich
selbst in einigen Äußerungen wiedererkannt, besonders im letzten Satz: „Wir
müssen die Kontrolle behalten. Die Kontrolle über unser Leben.“
Insgesamt
ist „Die Netflix-Revolution“ ein unverzichtbares Werk, das den Werdegang der
bewegten Bilder von ihren Anfängen zur Jetztzeit ungekünstelt widergibt und am
Ende ein Fazit zur möglichen Zukunft dieser bisherigen Entwicklung gibt. Zum
Nachdenken regt das allemal an.
OLIVER SCHÜTTE studierte
Film- und Theaterwissenschaften in Berlin und arbeitet seit 1986 als Autor für
Film und Fernsehen. Er ist als Publizist, Dozent an internationalen
Filmhochschulen, Dramaturg und Filmproduzent tätig. Er ist Autor mehrerer
Bücher, darunter »Die Kunst des Drehbuchlesens« (4. Auflage) und »Schau mir in
die Augen, Kleines« (3. Auflage) sowie zweier Romane. Oliver Schütte ist
Gründungsmitglied der Deutschen Filmakademie und lebt abwechselnd in Berlin und
in San Francisco.
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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!
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