Freitag, 25. Oktober 2019

Die Netflix-Revolution: Wie Streaming unser Leben verändert - Oliver Schütte


Titel: Die Netflix-Revolution: Wie Streaming unser Leben verändert
Autorin: Oliver Schütte
Originaltitel
Verlag: Midas
ISBN: 978-3038765257
Euro: 24,90
Veröffentlichungsdatum: September 2019
Seiten: 224
Serie: nein
Come in: vom Verlag










Inhalt/ Klappentext
Wir alle sind Teil der dritten Revolution in Film und Fernsehen ein Prozess, der die Welt der Medien und wie wir diese konsumieren rasant verändert.
Seit der Jahrtausendwende bietet das Internet die technischen Möglichkeiten für Videostreaming. Wer Filme, Serien oder sonstige Medieninhalte sehen will, kann dies heute auf seinem Smartphone, Tablet oder Computer jederzeit tun. Streamingdienste wie Netflix und YouTube bieten ihre Produktionen in über 130 Ländern an und haben Hunderte Millionen Abonnenten.
Oliver Schütte beleuchtet in »Die Netflix-Revolution« die Veränderungen, die Kino und Fernsehen mit sich gebracht haben, und er beschreibt die Gegenwart, die vom dritten Neubeginn geprägt ist. Er beschäftigt sich vor allem mit den gesellschaftlichen Folgen dieser Entwicklung und hinterfragt kritisch, ob wir für diese neuen Erfahrungen bereit sind. Denn wir begeben uns in die Hände von multinationalen Konzernen, die bestimmen, was wir sehen können und was nicht. Wir Zuschauer werden zu gläsernen Wesen. Die Anbieter wissen genau, wann, wo und was wir schauen. Sie wissen auch, was uns interessiert, wann wir abgeschaltet haben oder welche Momente uns besonders neugierig machen. Auf Basis dieses Wissens werden die Inhalte geplant und auf uns zugeschnitten. Dieses Buch geht der wichtigen Frage nach, welche gesellschaftlichen Konsequenzen die dritte Revolution nach dem Kino und dem Fernsehen mit sich bringen wird.


Meinung
Der Klappentext fasst es so gut zusammen, dass ich auf ihn zurückgegriffen habe.
Schütte, der auf viele Jahre in der Filmbranche zurückblicken kann, hat sein neuestes Werk in neun Kapitel plus Anhänge untereilt. Dabei beginnt er nach einer Einleitung mit „Als die Bilder laufen lernten“ – eine wirklich gelungene Zusammenfassung, wie es dazu kam, dass wir überhaupt sich bewegende Bilder anschauen können. Jedes Kapitel beginnt mit einem fiktiven Text, in dem eine Person gemäß dessen, was im jeweiligen Kapitel beschrieben wird, in ihrer Umwelt agiert. Wer dachte, es seien die Brüder Lumière gewesen, die zuerst auf die Idee kamen, der irrt, denn vor ihnen war es ein anderes Bruderpaar, die Skladanowskys, welches eine ähnliche Erfindung gemacht und bereits einige Kurzfilme vorgestellt hatten. Leider waren die anderen besser ausgestattet und verfügten über einflussreiche Gönner, so dass ihnen die Erfindung zugeschrieben wird.
Im nächsten Kapitel widmet sich Schütte der „Flimmerkiste“ und ihren ersten Gehversuchen. Wer hätte gedacht, dass die Erfindung der Fernbedienung – ich selbst erinnere mich noch an eine Zeit, als es diese nicht gab – so eine Auswirkung auf Inhalte und deren Darstellung, quasi die Art wie Geschichten oder Formate umgesetzt wurden, besaß.
Die Überleitung zu der „Streamingrevolution“ ist geglückt vor allem durch Erklärungen darüber, was das ist und wie es entstehen konnte. Ohne technische Entwicklung wären viele neue Errungenschaften gar nicht möglich gewesen. Nicht nur die Art, wie wir konsumieren hat sich verändert, auch die Orte. Wurden Möbel früher um den Fernsehapparat herum drapiert, ist das heute nicht mehr nötig, weil quasi überall und jederzeit Inhalte angesehen werden können. Wir sind also inzwischen nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich losgelöst.
Im „Kampf der Streamingplattformen“ werden die gängigsten davon mit ihrem Werdegang aufgezählt – mir war nicht klar, wie viele es sind. Und jede einzelne möchte so viele Anhänger wie möglich, die selbstredend für das Privileg, mitschauen zu dürfen, bezahlen sollen. Um das zu gewährleisten war es nötig, nicht nur altbekannte Filme und Serien und ihre Lizenzen einzukaufen (Lizenzen sind eine unheimlich komplizierte Sache und würden es verdienen, dass sie noch einmal ein genauerer Blick trifft), sondern auch eigene Angebote zu erstellen. Was das bedeutet, ist heute schon zu sehen: Wir werden geradezu mit neuen Serien und Formaten überschüttet, in immer kürzerer Zeit immer mehr. An dieser Stelle hätte ich mir persönlich tiefere Einsichten und auch gern Ansichten des Autors gewünscht zum einen zu der Art, wie das die Wahrnehmung von Erzähltem verändern könnte und damit eben auch wie zukünftig Geschichten erzählt werden (müssen) – sicher nicht unerheblich auch für den Buchmarkt. Und wie verändert das alles eigentlich das klassische Fernsehen?
Schütte stellt ebenfalls die Frage nach dem Europäischen und deutschen Markt, wo es bisher leider danach aussieht, als würde die neue Entwicklung verschlafen. Wir hinken inzwischen so stark hinterher, dass es fraglich ist, ob das noch aufzuholen ist. Was aber passiert, wenn nur einer und dann ein Großkonzern die Art wie du zuschaust und damit langfristig denkst, bestimmt? In Italien hat man sich sehr lange dagegen gewehrt, mit großen Namen wie Umberto Eco in den dazugehörenden Reihen, dass alle Marktmacht im Buchmarkt in die Hand nur einer einzigen sehr einflussreichen Familie geht.
Der Autor stellt richtige und wichtige Fragen zur Zukunft der Filmindustrie, damit auch zur Veränderung der Gesellschaft. Er glaubt und darin möchte ich ihm zustimmen, dass die Individualisierung weiter fortschreiten wird und dass das erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft (der Gesellschaft) haben wird. Leider nennt er oft die Dinge nur beim Namen, ohne sie zu vertiefen oder noch ein wenig weiter zu denken. Auch hätte ich mir zur Art des Geschichtenerzählens (wie werden diese produziert, von wem, wie, in kurzer Zeit) mehr Inhalte gewünscht, was aber vermutlich nicht das ursprüngliche Ansinnen gewesen ist.
Im letzten Kapitel „Schöne neue Welt“ (der Name ist Programm) greift Schütte auf ganz individuelle Veränderungen zurück: Wem gehört der Film nachdem er gekauft wurde? Welchen Stellenwert wird das Lesen neben dem Streamen haben? Wird die Welt zu einem globalen Dorf (das gleich denkt)? Linear versus nonlinear. Und natürlich das große Thema: Algorithmus und gläserner Mensch. Leider nur dieses eine Kapitel, das dadurch ein wenig zu kurz wirkt, gerade als es spannend wurde, aber Schütte ist natürlich kein Sozialwissenschaftler. Ich habe mich selbst in einigen Äußerungen wiedererkannt, besonders im letzten Satz: „Wir müssen die Kontrolle behalten. Die Kontrolle über unser Leben.“
Insgesamt ist „Die Netflix-Revolution“ ein unverzichtbares Werk, das den Werdegang der bewegten Bilder von ihren Anfängen zur Jetztzeit ungekünstelt widergibt und am Ende ein Fazit zur möglichen Zukunft dieser bisherigen Entwicklung gibt. Zum Nachdenken regt das allemal an.


OLIVER SCHÜTTE studierte Film- und Theaterwissenschaften in Berlin und arbeitet seit 1986 als Autor für Film und Fernsehen. Er ist als Publizist, Dozent an internationalen Filmhochschulen, Dramaturg und Filmproduzent tätig. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter »Die Kunst des Drehbuchlesens« (4. Auflage) und »Schau mir in die Augen, Kleines« (3. Auflage) sowie zweier Romane. Oliver Schütte ist Gründungsmitglied der Deutschen Filmakademie und lebt abwechselnd in Berlin und in San Francisco.


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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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