Donnerstag, 6. März 2014

In einer anderen Welt - Jo Walton


Titel: In einer anderen Welt
Autorin: Jo Walton
Originaltitel: Among Others
Verlag: Golkonda
ISBN: 3942396750
Euro: 14,90
Veröffentlichungsdatum: März 2013
Seiten: 300
Kein Serientitel
Come in: Kauf










Klappentext/ Inhalt:
Die fünfzehnjährige Morwenna ist auf der Flucht - vor einer Mutter, die sich der finsteren Magie verschrieben hat, vor der staatlichen Fürsorge und vor der Erinnerung an den Tod ihrer Zwillingsschwester. Am schlimmsten trifft sie jedoch, dass sie ihre Heimat verlassen muss, das märchenhafte Wales, und damit ihre einzigen Freunde, die Feen und Geister, die dort in den Wäldern zu Hause sind.
Auch ihr Vater, den sie nie gekannt hat, möchte sie nicht bei sich aufnehmen und schickt sie auf ein Mädcheninternat, wo sie mit der Verständnislosigkeit der Lehrer und dem maßlosen Ehrgeiz der anderen Schülerinnen fertig werden muss. Verzweifelt greift sie zu der Magie, die sie seit ihrer Kindheit begleitet, einer Magie, die niemand außer ihr sehen kann. Und zu ihren Büchern. In Science-Fiction- und Fantasy-Romanen findet sie mehr als nur flüchtigen Trost: Sie öffnen Tore zu anderen Welten, und das nicht nur im übertragenen Sinne.
Als ihre Mutter zu einem neuerlichen Schlag ausholt, sind es Bücher, in die Morwenna ihre ganze Hoffnung setzt ...



Meinung

Die Geschichte passiert auf so vielen Ebenen, entwickelt und erklärt sich erst nach und nach, so dass es allein aus diesem Grund keine eigene Inhaltsangabe, sondern den Klappentext gibt. Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können.
Tatsächlich habe ich diesen Roman mit Abstand eines halben Jahres zweimal gelesen. Er besitzt eine ganz eigene Magie, die sich aber eher Lesern erschließen wird, die wie die Hauptfigur Mori 1979/80 ein Teenager gewesen sind und zudem viel und gerne lesen. Ich selbst bin etwa zwei Monate nach Ende der als Tagebuch verfassten Handlung geboren und kannte so viele der Bücher nicht, die Mori geradezu verschlingt. Um zumindest einige dieser Wissenslücken zu schließen, habe ich dank der Liste, die der deutsche Verlag angelegt hat, zu einigen davon gegriffen.
Und es liest sich dann auch wirklich anders, denn Mori denkt über viele Aspekte aus den einzelnen Romanen detailliert nach, versucht Parallelen zu ihrem eigenen Leben zu finden und quasi Brücken zu Dingen zu bauen, die sie noch nicht versteht, weil ihr dazu die Erfahrung fehlt.
Fest entschlossen, ihre Memoiren wahrheitsgemäß zu verfassen, schreibt Mori fast täglich in ein Tagebuch, das sie wie auch andere Dinge stets mit sich herumträgt, da sie in dem Internat, auf das man sie geschickt hat, keine Privatsspähre besitzt. Nach einem Autounfall, der ihr ganzes bisheriges Leben verändert hat, kann sie nur mit Hilfe eines Stockes gehen und ist vom Sportunterricht befreit. Drei Stunden täglich, in denen sie lesen kann und sie liest viel. Der Tod eines geliebten Menschen ein Jahr zuvor, der Vater, den sie bisher nicht kannte, der Umzug in eines fremdes Land, das sind alles Dinge, die die Fünfzehnjährige beschäftigen. Es scheint, als sei ihr nicht viel Konstante im Leben geblieben und sie muss tatsächlich erst neu lernen wer sie ist und wie das Leben weitergehen kann (und ob es das überhaupt sollte). Alles, was sie hat, sind ihre Bücher, die sie in eine fremde Welt entführen. Vorrangig ist es SF, aber auch Fantasy schummelt sich hinzu. Als großer Fan von vor allem LeGuin, Delany und Zelazny liest sie aber eigentlich alles, was ihr in die Finger kommt und was in England veröffentlicht wurde. Nicht, weil sie snobistisch wäre, sondern weil die Bibliothek, auf die sie zurückgreifen muss, nur Bücher aus dem eigenen Land besorgen kann.
Es ist vor allem die Sprache und die dichte Atmosphäre, die das Besondere an diesem Roman sind. Ein Teen, der unglaublich einsam ist und viel liest, scheint auf den ersten Blick völlig unspektakulär zu sein. Aber wie sich Stück für Stück eine ausgedehnte Story entfaltet und dabei realistisch vom Leben der damaligen Zeit und Dingen, die auch heute noch für Heranwachsende wichtig sind erzählt wird, bleibt ungeschlagen das Beste, was ich seit langer Zeit gelesen habe. Mori ist eine lange Weile nicht sie selbst und das im wahrsten Sinne des Wortes, sie lernt, dass das Leben weitergeht, auch wenn das eine grausame Erkenntnis ist. Dabei sind es nicht nur die Verwandten und wenigen Freunde, die Lesebekanntschaften oder der Alltag, die ihr dabei helfen. Es sind auch die Feen und die Magie, die jedoch nur sie wahrnehmen kann. Sie scheinen sich zunächst von ihr entfernt zu haben, aber sie kehren zurück und helfen ihr, das alles zu überstehen. Mori wirkt auch selbst kleinere Zauber bis sie beschließt, dies nie wieder zu tun.
Am Ende steht nicht nur eine Art Happy End, sondern auch eine sehr emotionale Auflösung. Sie hält den Leser im Griff, wie es der gesamte Roman es bereits getan hat. Wer nach einer besonderen, eindringlichen Geschichte sucht, ist hier bestens beraten. Unbedingte Leseempfehlung!


http://papersky.livejournal.com/
Jo Walton, selbst 1964 geboren, ist eine walisisch-kanadische Fantasy- und Science-Fiction Autorin. Sie gewann für diesen Roman 2011 den Nebula Award sowie 2012 den Hugo Award. Sie ist inzwischen kanadische Staatsbürgerin, mit dem in Island geborenen Dr. Emmet A. O’Brien verheiratet und hat einen Sohn.

5 Kommentare:

  1. Dieses Buch steht schon seit Monaten auf meiner Wunschliste und ich weiß einfach nicht, ob es wirklich was für mich wäre. Das liegt hauptsächlich an dem von dir angesprochenen Problem - ich kenne praktisch keins der erwähnten Bücher. Außerhalb der Phantastik siehts noch etwas besser aus, aber von den phantastischen kenne ich im Grunde nur den Herr der Ringe. Erdsee habe ich abgebrochen, weil es mir nicht gefallen hat.
    Daher befürchte ich, dass mir bei der Lektüre zu viel entgehen wird oder ich mit manchen Szenen erst gar nichts anfangen kann.

    Ach, schwierig ...

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    1. Ich sag Dir ganz ehrlich: Lies es! Du wirst es nicht bereuen. Man muss die Bücher, die Mo liest nicht selbst gelesen haben, um die Geschichte zu verstehen. Einen Großteil kenne ich immer noch nicht, ich habe mir einfach Anregungen geholt. Es liest sich hier und da anders, wenn man genau weiß, worauf sich Mo bezieht, wenn sie über etwas nachdenkt, aber man versteht alles ohne. Dass ich es zweimal gelesen habe, sagt ja im Prinzip schon alles ;-)

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  2. Ich habe von dem Buch bisher noch gar nichts gehört. Aber ich werde es definitiv auf die Wunschliste setzen!

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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