Samstag, 17. November 2012

(Verlagsgeplauder) Wie ein Cover entsteht – von der Idee zum fertigen Bucheinband


Titel: Faulfleisch
Autor: Vincent Voss
Seiten: 352
Preis: 13,90 Euro
ISBN: 978-3-940036-17-9
Erscheint am: 29.11.2012
Bei Bestellung direkt beim Verlag VOR dem 29.11.2012 gilt der ermäßigte Subskriptionspreis von 12,90 Euro.












Er dehnte sich ein letztes Mal, drehte sich um und ihm stockte der Atem. An einem Fenster des Wohngebäudes hatte er eine Hand gesehen. Sie hatte sich an die Scheibe gepresst und war hinter der Gardine verschwunden. An der Hand hatte Blut geklebt.
»Faulfleisch« von Vincent Voss



Am Anfang eines jeden Covers steht die Idee. Bei Faulfleisch waren es diese wenigen Sätze, die sich in meinem Kopf zu einem Cover formten.

Eine Hauswand sollte es sein. Eine Hauswand mit einem Fenster, an welches sich eine blutige Hand presste und rote Spuren hinterließ. Das war die Idee.

Beim weiteren Lesen stellte ich fest, dass das Gebäude rotgeklinkert war. Außerdem handelte es sich um ein Fenster des Wohnbereiches.

Mist.

Einen ganzen Umschlag nur mit roten Klinkersteinen? Ich stellte mir solch ein Cover nicht sonderlich reizvoll vor. Die Vielzahl der Fugen würde den Betrachter ablenken und der Klappentext auf der Rückseite würde auf solch einem Untergrund nur schwer zu lesen sein. Außerdem, mir fehlte der Kontrast, denn eine blutbeschmierte Hand (rot) in einem Fenster einer geklinkerten Wand (rot) hebt sich nicht besonders ab. Besser wäre eine verputzte Wand von einer neutralen Farbe. Und das Fenster durfte nicht zu weit oben stehen, sonst würde es mit dem Autorennamen und dem Titel kollidieren. Also doch besser ein Kellerfenster?

Faulfleisch ist ein Horrorroman über Zombies; Wesen, deren Körper eine Wandlung vollzogen haben und sich veränderten. Aber diese Veränderung ist nicht für jeden sofort ersichtlich.

Auch das sollte das Cover widerspiegeln. Die Wandfarbe sollte freundlich sein, warm - zumindest sollte es so scheinen. Aber die Fassade sollte bereits angegraut, der Putz mit kleinen Haarrissen durchsetzt sein. Ein ganzes Stück Putz komplett abgebröckelt, darunter Ziegelsteine. Verfall, den man erst beim genaueren Hinschauen bemerkt. Ähnlich dem Verfall der Zombies im Roman. Stück für Stück formte sich die Idee.

Nachdem das Konzept steht, schicke ich meine Gedankengänge an die Autoren oder Herausgeber und frage sie nach ihrer Meinung. Allerdings liegt die endgültige Entscheidung bei mir. Hier in diesem Fall war Vincent sofort mit der Idee einverstanden.

Spätestens jetzt ist es Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wer das Cover erstellen soll. Ich habe mittlerweile zwei Stamm-Coverzeichner für die Romane, während ich bei den Anthologien durchaus auch mal wechsle.

Der Vorteil von Stammzeichnern liegt ganz klar auf der Hand. Ich muss nicht jedes Mal meine grundlegenden Wünsche und Anforderungen (Höhe und Breite, DPI, Dateiformate, Platzierung von Preis, Logo und Barcode, Größe von Logo und Barcode) erläutern, sondern kann mich auf das Projektspezifische beschränken. Außerdem kenne ich die Arbeitsweise meiner Stammzeichner und kann deswegen auch die Zeit abschätzen. Und zu guter Letzt kenne ich die Honorarwünsche meiner Stammzeichner und habe damit Sicherheit bei der Kalkulation des Buches.

Im Falle von »Faulfleisch« hatte ich mich recht schnell für Chris Schlicht entschieden. Sie hat bereits mehrere Cover für uns designt und dabei bereits Vielseitigkeit und Zuverlässigkeit, aber auch eigene Kreativität bewiesen. Unter anderem war sie zuständig für das Erscheinungsbild der Reihe »Auf den Spuren H.P. Lovecrafts« und hat neben dem Cover des humorigen Fantasy-Romans »Aufstieg einer Heldin« auch das Titelbild für die Paranormal Romance »Blutiger Kuss« und den Horror-Roman »Im Zentrum der Spirale« entworfen.

Nach einer kurzen E-Mail war klar, dass Chris das Cover für mich entwerfen wird. Mit wenigen Worten schilderte ich meine Idee.

Nach nur drei Tagen kam die erste Vorzeichnung (Bild 1). Jetzt zeigte es sich, dass es von Vorteil war, mit Stammzeichnern zu arbeiten. Chrissi plante bereits jetzt die Logos und den Barcode an den Stellen ein, an denen sie bei meinen Büchern normalerweise angebracht sind – ohne dass ich sie darauf hinweisen musste. Außerdem markierte sie den problematischsten Punkt beim Cover (zumindest bei meinen Covern) mit einem Fragezeichen. Ich errechne die Rückenbreite grundsätzlich erst, nachdem das Buch gesetzt ist. Das ist ca. einen Monat bevor das Buch gedruckt wird. Da sich durch einen größeren oder kleineren Rücken eventuell noch einiges auf der Rückseite verschieben kann, muss man schon von Anfang an den Umschlag so konzipieren, dass ein Verkleinern oder Vergrößern des Umschlages problemlos möglich ist. Auch das erfordert sicher einige Erfahrung.

Bild 1: Scribble

Normalerweise erstellt der Coverzeichner dann erst mal den Umschlag als leere Arbeitsfläche (Bild 2) und bringt Hilfslinien ein (zumindest arbeitet Chrissi mit Hilfslinien). Diese Linien helfen, sich an die Grenzen für den druckbaren Bereich, die Schneidezugabe oder (am Buchrücken) den Falz zu halten.

Bild 2: Coverlayout

Danach geht es auch schon an die Details, die dann eine nach der anderen in verschiedenen Ebenen ins Cover eingebracht werden. Die Hand (Bild 3) ist ein echter Handabdruck – Sojasoße auf Papier.

Bild 3: Hand

Bild 4 ist die Vorarbeit für die Kellerfensterkonstruktion, die dann nochmal vorgezeichnet wird (Bild 5).

Bild 4: KellerfensterKonstrukt
Bild 5: Kellerfenster-Vorzeichnung

Mit Bild 6 beginnt dann bereits die Feinarbeit. Der Fensterbogen ist Ziegelstein für Ziegelstein fotografiert, kopiert und dann in den Bogen „hineingebaut“. Der Fensterrahmen ist gemalt, die Fensterscheiben sind ebenfalls fotografiert und dann hineinkopiert.

Bild 6: Kellerfenster entsteht

Details sind wichtig, deswegen ist Chrissi für die Malthonica ferruginea extra zum Fotografieren in die Garage gegangen (Bild 7).

Bild 7: Detailverliebtheit
Nachdem auch noch der passende Putz fotografiert wurde, wird das Cover zum ersten Male zusammenmontiert (Bild 8). Die Kanten sind noch hart und auf der Rückseite ist auch noch nicht alles fertig, aber bereits im nächsten Bild (Bild 9) hat man einen recht guten Eindruck, wie das fertige Cover mal aussehen wird.

Bild 8: Coverlayout
Bild 9: Coverlayout V2

Nun ist es höchste Zeit, dass der Barcode (Bild 10) integriert wird. Zum Generieren dieses Barcodes benutze ich das Programm „Zoner Barcode Studio 2“, welches ich mir vor drei Jahren gekauft habe. Ein scannbarer Barcode ist die Vorbedingung, dass ein Verlag seine Bücher über das Barsortiment, also den Büchergroßhandel an Buchhandlungen verkaufen kann. Deswegen war mir wichtig, dass ich sauber generierte Barcodes in mein Buchcover einbaue.

Bild 10: Barcode "Faulfleisch"

Langsam nimmt das Cover Gestalt an. Deswegen geht's jetzt an die Details. Eines dieser Details ist die Schrift für Titel und Autor auf dem Cover. Es soll natürlich zum Inhalt des Buches passen. Die Idee, den Schriftzug als Graffiti an die Wand zu „schmieren“ war zwar gut, die Umsetzung erwies sich jedoch als zu verspielt. Deswegen forderte ich weitere Schriftproben an (Bild 11 und 12). Stück für Stück bekommt der Putz nun eine Geschichte. Risse, Schmutzflecken, abbröckelnder Putz (Bild 13).

Bild 11: Arcanum
Bild 12: Blasphemy
Bild 13: Zusammenbau

Endlich ist es soweit – alle Elemente wie Barcode, Logos, Titel, Preis und der Klappentext werden in das Cover integriert (Bild 14).

Bild 14: Endspurt Layout

Für die unterschiedlichen Kataloge wie Libri, amazon und das Verzeichnis der lieferbaren Bilder wird die Frontansicht separat abgespeichert (Bild 15).

Bild 15: Cover vorn
Und so sieht der komplette Buchumschlag nach 3 Monaten Arbeit von Zeichnerseite und intensiver Kommunikation zwischen Zeichner, Verleger und Autor aus (Bild 16).

Bild 16: "Faulfleisch" Cover fertig!

Fazit:
Der Autor Vincent Voss hatte sicher mit etwas komplett anderem gerechnet, als ich ihm den ersten Entwurf geschickt hatte. Anscheinend hat Chris Schlicht aber doch seinen Geschmack getroffen, denn bei der Präsentation des Komplettumschlags reagierte er voller Begeisterung.
Doch auch ich war bei den einzelnen Zwischenschritten wieder gespannt, da Chris Schlicht grundsätzlich nicht einfach stur nach Auftrag arbeitet, sondern immer auch eigenständige Ideen einfließen lässt und mich nicht selten auch mit feinen Details überrascht. Und genau um Details geht es doch, oder?

Schmierig. Aber ob es Blut war, konnte er nicht sicher sagen. Vielleicht hatte auch das Licht seiner Wahrnehmung einen Streich gespielt. Aber es war eine Hand gewesen.

»Faulfleisch« von Vincent Voss


2 Kommentare:

  1. Ja, der Vincent läuft mir jetzt ständig über den Weg. Vor 2 Wochen persönlich, und seitdem sein Roman 'Faulfleisch' ;)

    Toll, ein Blick hinter die Kulissen der Covergestaltung machen zu dürfen. Sehr interessant. Und es zeigt mal wieder, dass Kleinverlage sich wirklich Mühe geben, um sich vom Mainstream abzuheben. Das Cover wird sicher nicht in deiner Sparte der Mehrfachverwendung landen.

    Danke für den schönen Beitrag.

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    1. Hab' schon gelesen. Hoffentlich darf ich mir auch mein Buch von ihm signieren lassen, hat mir nämlich gefallen.

      Nee, ein Covergleich werden wir hier wohl nicht finden ;-) Ich hätte mir ja fast nur die Bilder ansehen können, so interessant fand ich das alles. SO viel Arbeit, durchdacht und alles. Ich mag vor allem die vielen Details, aber Chris Schlicht, das muss man sagen, wird ohnehin immer besser mit jedem Bild, das sie anfertigt.

      Mein Dank geht auch an Torsten für den schönen Beitrag!

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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