Die Idee für das neue Verlagsgeplauder erhielt ich
über das Forum der Autoren des Verlag Torsten Low. Und nachdem ich in
den letzten fünf Jahren sehr häufig gefragt wurde, was man denn beachten
muss, wenn man bei mir als Herausgeber anfangen will, mache ich heute
daraus ein kleines Verlagsgeplauder.
Herausgeber werden im Verlag Torsten Low
Die Kurzfassung:
1.) Konzept ausarbeiten
2.) Kontakt aufnehmen
3.) loslaufen
Schritt 1: Konzept ausarbeiten
Das
Konzept ist entscheidend, ob eine Ausschreibung von Autoren als
interessant wahrgenommen wird oder nicht. Es ist auch entscheidend, ob
sich das Projekt später gut vermarkten lässt oder nicht. Deswegen sollte
der potenzielle Herausgeber in dieses Konzept wirklich einiges an Zeit
reinstecken, denn wenn mich ein Konzept nicht überzeugt, dann wird
dieses Projekt mit mir auch nicht zur Ausschreibung kommen.
Was gehört nun alles zum Konzept?
Da wären der Titel der Ausschreibung und das Thema. Der Aufhänger quasi. Doch damit ist es natürlich nicht getan.
Wir
versuchen seit Jahren, auch professionelle Autoren für unsere
Anthologien zu begeistern und sprechen diese Autoren im Vorfeld der
Ausschreibung an. Von meinen Herausgebern erwarte ich, dass er sich 4-5
Namen bekannterer deutschsprachiger Autoren notiert hat, die gut zu dem
Thema passen könnten.
Desweiteren freue ich mich, wenn der
Herausgeber sich schon mal Gedanken um den Coverzeichner gemacht hat und
mir beispielsweise mitteilt, dass er sich Timo Kümmel oder Chris
Schlicht für seine Antho vorstellen könnte.
Ich erwarte von einem
Herausgeber, dass er sich Gedanken über die Zielgruppe macht. Ob es
beispielsweise Horror für Erwachsene werden soll oder düstere Phantastik
für Jugendliche.
Genauso sollte sich der Herausgeber mit dem Thema
„Werbung“ ein wenig auseinandersetzen. Das beginnt damit, dass die
Ausschreibung in Autorenforen gestreut sein sollte und der Herausgeber
in solchen Foren angemeldet sein müsste (und zwar praktischerweise nicht
erst seit 2 Tagen). Das geht darüber weiter, dass der Herausgeber auch
in sozialen Netzwerken aktiv ist, wenn dass Buchprojekt herauskommt –
denn gerade für Kleinverlage läuft viel über social networking. Und zu
guter Letzt braucht es für gute Buchverkäufe auch Lesungen und Rezis. Da
schon einen Sack voller Adressen zu haben, ist nie verkehrt. Ein
Herausgeber, der mir zeigen kann, dass er auf das, was folgt,
vorbereitet ist, hat natürlich bessere Chancen, als jemand, der mir nur
einen 3-Zeiler mailt.
Und ein ganz wichtiger Punkt sind die Gimmicks.
Wir sind mittlerweile dafür bekannt, dass unsere Bücher nicht selten
Gimmicks enthalten. Nummerierungen, Downloadcodes für Musik,
Lesezeichen, Zeichnungen, Comics, etc. Nicht alles passt zu jedem
Projekt. Nicht alles ist bei jedem Projekt vom Preis her machbar. Wenn
der Herausgeber da schon sagen kann, was er gerne hätte und was er auf
jeden Fall haben will, ist das für die zukünftige Zusammenarbeit schon
mal viel wert.
Schritt 2: Kontakt aufnehmen
Es
gibt das Gerücht, man könne mich mit einer gehörigen Menge Met oder
Absinth bestechen. Ich kann versichern, es ist wirklich nur ein Gerücht.
Am meisten besticht mich ein vernünftiges Konzept.
Den Kontakt
herstellen kann man am einfachsten per Email. Telefon eher nicht, da ich
oftmals abends erst spät von Arbeit komme und ich ungern Anrufe
erhalte, wenn meine Tochter bereits im Bett ist. Eine andere Möglichkeit
wäre, mich direkt auf einer Veranstaltung zu kontaktieren. Allerdings
sollte man da auf jeden Fall per Email nachhaken, denn nicht selten
rutschen solche Gespräche ohne Erinnerungsmail einfach hinten über.
Und dann heißt es Warten.
Manchmal
entscheide ich mich innerhalb von 2 Stunden. Manchmal erst nach 3
Monaten. Und manchmal … nie. Wenn ich mich nicht sofort entscheiden
kann, markiere ich die Mail als ungelesen und schau sie mir später noch
mal an.
Nach einigen Wochen hat sich die Idee vielleicht gesetzt und
ich bin dann bereit für die Idee. Aber ganz ehrlich: eine Antho-Idee,
die mich nicht beim ersten Mal lesen begeistert hat, begeistert mich oft
auch beim 2. Mal nicht.
Je besser das Konzept, je besser sich der Herausgeber vorbereitet hat, desto höher die Chance, dass ich ganz schnell zuschlage.
Schritt 3: loslaufen
Nehmen wir mal an, ich bekomme ein richtig gutes Konzept.
Nehmen wir mal an, ich entscheide mich für den Herausgeber und die Idee.
Dann beginnt nun die eigentliche Arbeit.
Das
erste, was man tun sollte, ist zu versuchen, bei mir rauszukitzeln,
WANN ich das Buch frühestens einplanen würde und in welchem Zeitrahmen
ich es auf jeden Fall draußen haben möchte.
Abhängig von dem Zeitpunkt X, den ich dem Herausgeber genannt habe, kann der nun zurückrechnen.
X – 18 Monate Ausschreibungstext schreiben und mit mir absprechen
X – 16 Monate Ausschreibungsbeginn
X – 10 Monate Lesen der Geschichten und Zusammenstellung der Vorauswahl
X – 9 Monate Entscheidung für die Vorauswahl
X – 7 Monate Autoren werden benachrichtigt, Verträge werden verschickt
X – 6 Monate Verlagslektorat startet
X – 4 Monate lektorierte und korrigierte Fassung liegt dem Autor vor
X – 2 Monate Beginn des Setzens
X – 1 Monat Probedruck
X Termin der Veröffentlichung, Werbung läuft an
Wenn
jemand Herausgeber wird, arbeitet er also in den nächsten 18 Monaten
mit mir zusammen. Mal sehr eng, mal eher weniger – aber regelmäßige
Absprachen sind einfach notwendig.
Die erste wichtige Aktivität, die
ansteht, ist das Schreiben des Ausschreibungstextes. Den sollte der
Herausgeber alleine vorbereiten und mir dann zum Absegnen schicken. Erst
danach wird der Text um rechtliche und formale Details erweitert und
schließlich dann nach Veröffentlichung auf der Verlags-HP über soziale
Netzwerke und Autorenforen verbreitet (wobei ich aktive Mithilfe durch
den Herausgeber erwarte).
Die Hauptaktivität des Herausgebers nach
Ausschreibungsstart besteht in den nächsten Monaten darin, alle
eingehenden Beiträge zu sichern, die Kontaktdaten zu verwalten,
Eingangsbestätigungen zu versenden und vielleicht auch den Kontakt zu
den bekannten Wunschautoren aufzubauen und sie für die entstehende
Anthologie zu begeistern. An der Stelle kann ich aus Erfahrung sagen,
dass die Anzahl der Einsendungen in den ersten Monaten sehr überschaubar
ist. Im letzten Monat steigt die Quote pro Tag sprunghaft an und am
letzten Tagen glüht normalerweise das Email-Postfach.
Nun geht es ans
Sichten der Einsendungen, wobei der Herausgeber auf eine ausgewogene
Mischung achten sollte. Am Ende der Sichtung hat der Herausgeber im
optimalen Fall eine Vorauswahl von 20 – 25 Geschichten, die er mir dann
zusendet. Im Laufe der nächsten Monate (meist brauche ich zwei Monate)
werde ich mich für die endgültige Zusammenstellung entscheiden und meine
Endauswahl an den Herausgeber schicken.
Nun sind die Absagen
rauszuschicken (bei einer Sammel-Absage ist an den Datenschutz zu
denken. Die Emailadressen müssen dann ins BCC) und die angenommenen
Autoren zu benachrichtigen. Die Kontaktdaten sind an mich
weiterzureichen, damit ich mich um die Verträge kümmern kann.
In
manchen Fällen kann es sinnvoll sein, dass der Herausgeber mit den
Autoren ein fachliches Vorab-Lektorat macht. Diesen Fall hatten wir
beispielsweise bei den „Göttern des Imperiums“. Die Herausgeberinnen
haben die Texte genauestens auf die existierenden Mythen hin abgeprüft
und in manchen Fällen auch den Autor vorab um Veränderung gebeten, wenn
Details im Widerspruch zu den bekannten Mythen und Sagen standen.
Ab
dem Zeitpunkt, an dem die Autoren den Vertrag unterschrieben haben und
die Geschichten ins Lektorat gehen, übernehme ich bzw. meine Lektoren
die Autorenbetreuung. Aber natürlich freue ich mich, wenn der
Herausgeber auch danach noch als Ansprechpartner für die Autoren zur
Verfügung steht.
Nun ist es Zeit, sich Gedanken über Covergestaltung,
Klappentexte und Werbung zu machen. Sowohl bei der Auswahl der
Coverkünstler, als auch bei der Motivwahl erwarte ich mir Unterstützung
(in Form von Diskussionen und Vorschlägen) durch den Herausgeber.
Selbiges gilt für den Klappentext. Klar – die Entscheidung liegt am Ende
beim Verlag. Aber ein Einbringen des Herausgebers ist explizit
gewünscht.
Werbeaktionen – gleich welcher Art – sollten vorab mit
mir abgesprochen werden. Dabei geht es nicht nur darum, dass ich „die
Hand drauf haben möchte“. Vielmehr können gemeinsame Werbeaktivitäten
viel besser kombiniert und wirksamer gebündelt werden. Zudem kann ich
bei bestimmten Aktivitäten auch einfach mit zusätzlichen „Gimmicks“
(Lesezeichen, Plakaten, Postkarten, T-Shirts) unterstützen.
Wichtig
ist es, die Anthologie schon vor dem Erscheinen bekannt zu machen. Wenn
es mir möglich ist, die Erstauflage innerhalb eines Jahres oder kürzer
abzusetzen, dann mache ich auch Gewinne. Und nur mit Gewinnen kann ich
auch weitere Projekte stemmen.
Ob nun das „H. P.
Lovecraft“-Team, welches bereits zum 3. Mal (in nur leicht abgewandelter
Form) antritt oder Fabienne Siegmund, die bereits 4 Ausschreibungen mit
mir gemeinsam bestritten hat, Carolin Gmyrek, deren Folgeprojekt im
Oktober an den Ausschreibungsstart geht oder die „Western“-Truppe, die
im Moment an einen Nachfolger für den „Fluch des Colorado River“
arbeiten – ich strebe in den meisten Fällen (zumindest, wenn die
Zusammenarbeit angenehm war) eine langjährige Kooperation mit meinen
Herausgebern an. Wer sich einmal bei mir bewährt hat, hat auch für
Folgeprojekte gute Karten.
Das alles hört sich sehr interessant an. Auch wenn das hier vielleicht nicht die richtige Stelle ist, aber bei dem Nachfolger von "Fluch des Colorado River" würde ich gern mitschreiben. Beim ersten Mal hat es aus zeitlichen Gründen einfach nicht geklappt. Aber dieses Mal würde ich mir definitiv genug Zeit nehmen. Es wäre super, wenn ich die Ausschreibung, sobald sie fertig ist, per e-mail bekommen könnte. Die Adresse ist behr-werne@t-online.de oder einfach über www.renatebehr.de.
AntwortenLöschenDanke und weiterhin viel Erfolg
Renate
@Renate: Die Anthologie ist diesmal keine offene, sondern eine geschlossene Ausschreibung (also wir haben in dem Falle die Autoren ausgewählt - haben dafür aber auch mehr Vorgaben gemacht). Aber ich bin sicher, wir werden den Wilden Westen nicht ganz verlassen. Da kommt sicher noch mal eine offene Ausschreibung ...
AntwortenLöschenOhne jetzt misstrauisch oder unhöflich zu wirken würde ich mich gerne erkundigen
AntwortenLöschen-weshalb Sie Anthologien verlegen
-ob Sie dafür Mindestabnahme-Exemplare oder Kostenbeteiligung verlangen
-was Sie sich von Anthologien erhoffen.
Eigentlich habe ich aber wirklich nur Gutes gehört und wollte einfach sicher gehen und mich dann evt. auch mal zu bewerben. :-)
LG
Hallo und Willkommen im Blog!
LöschenDas ist aber schon einmal keine gute Vorstellung so anonym und ohne Namen ... den Rest kann Torsten besser beantworten, wer sich allerdings genauer bei ihm umgesehen hat, der kommt von alleine drauf ;-)
Lieber anonymer Frager,
Löschendann werde ich mal Ihre Fragen beantworten.
Weshalb ich Anthologien verlege? Ganz einfach - ich liebe Kurzgeschichten. Ich liebe die Möglichkeiten, die man bei Anthos hat, um beispielsweise auch mit Illustrationen, Comics, Gimmicks und so weiter spielen zu können. Und ich finde es schade, dass die klassische Anthologie von Publikumsverlagen fast gar nicht mehr verlegt wird.
Und natürlich habe ich auch einen Hintergedanken gehabt: Als wir damals unseren Verlag gestartet haben, war eine Ausschreibung der einfachste Weg, auch Romanautoren auf unseren Verlag aufmerksam zu machen (ohne fett "Autor gesucht" auf die Webseite zu schreiben und dann sofort in die falsche Ecke gestellt zu werden.
Mittlerweile hat unser Verlag durch unsere Anthologie-Ausschreibungen einen sehr positiven Ruf erhalten, so dass nicht WIR den Romanautoren hinterherlaufen mussten, sondern sie freiwillig zu uns kamen. Und zwar so viele, dass wir in den nächsten Jahren keine Romanmanuskripte mehr prüfen können.
Und natürlich war auch die Idee dabei, ein wenig Geld damit zu verdienen. Aber wenn ich ganz ehrlich bin - wenn es mir nur ums Geld gegangen wäre, hätte ich lieber im letzten Winter einen Nebenjob als Schneeräumer annehmen sollen, anstatt fast täglich bis Mitternacht vorm PC zu sitzen und Anthos veröffentlichungsreif zu machen. Da wäre tatsächlich mehr rausgekommen.
Deswegen verweise ich dann doch wieder auf die erste Antwort: ich liebe Kurzgeschichten.
Wir verlangen grundsätzlich KEINE Kostenbeteiligung.
Für KEINES unserer Projekte.
Alles, was ich anpacke - sei es Antho, sei es Roman, sei es Comic, sei es EBook, sei es Hörstück, sei es die "Story to go" oder was auch immer uns irgendwann mal einfallen sollte - wird komplett von unserem Verlag finanziert.
Deswegen machen wir auch nur, wovon wir selbst zu mindestens 100 % überzeugt sind. Ein Projekt, was mich nicht überzeugt, werde ich mit diesem Verlag nicht angehen. Auch nicht, wenn mir ein Autor dafür Geld anbieten würde (was übrigens auch schon geschehen ist).
Unser Ruf unter Autoren ist hauptsächlich deswegen so gut, weil wir uns von Autoren ausschließlich überzeugen, aber nicht kaufen lassen.
Wir verlangen keine Mindestabnahmen.
Klar, wir freuen uns, wenn Autoren die Bücher zum Autorenrabatt kaufen und aktiv Lesungen bestreiten.
Aber unsere Autoren haben keine Verpflichtung dazu - und viele unserer Autoren haben noch nie Bücher bei uns abgenommen.
Auch die Auswahl der Geschichten ist absolut unabhängig von einer Bestellung der Autoren. Da kommt wieder das "wir lassen uns von Autoren ausschließlich überzeugen, aber nicht kaufen"-Motto zum tragen.
Wir sind halt der festen Überzeugung, dass das Verkaufen und Vermarkten von Büchern (nicht das Vertreiben - ich will ja meine Kunden nicht verjagen) die Aufgabe des Verlages ist und nicht die der Autoren.
Was wir uns von den Anthos erwarten?
Heute ganz andere Dinge, als vor 5 Jahren mit "Lichtbringer".
Damals war unser Ziel, junge Autoren von "VeWe" zu unterstützen. Und dabei selbst einen Namen zu bekommen.
Heute machen wir schlichtweg einfach das, worauf wir Spaß und Lust haben und wo wir obendrein auch noch glauben, dass wir unsere Kosten dafür wieder reinbekommen. Unabhängig davon, obs Trend ist oder nicht.
Was wir erwarten? Dass unsere Kunden mit unseren Büchern zufrieden sind, sich daran erfreuen, unsere Autoren mit uns zufrieden sind, unsere Autoren mit ihren Büchern zufrieden sind, dass wir unsere Unkosten reinbekommen und wir damit vielleicht auch noch ein klein wenig Geld verdienen.
Okay, danke! Ich glaube, ich bewerbe mich auch mal. :-)
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