Donnerstag, 14. Februar 2013

Vom Tode verwest - Jesse Bullington


Titel: Vom Tode verwest
Autor: Jesse Bullington
Originaltitel: The Enterprise of Death
Verlag: Bastei Lübbe
Dateigröße: 766 KB (497 Seiten)
Euro: 10,99
Veröffentlichungsdatum: März 2012
ASIN: B006G3L1EO
Keine Serie
Come in: Kauf
Medium: E-Book





Inhalt

Die junge, schwarze Sklavin Awa gerät im 15. Jahrhundert zusammen mit ihrer Herrin und einem Diener in die Fänge eines Nekromanten. Dieser zwingt sie dazu, seine Schülerin zu werden und das Handwerk einer Hexe und Totenbeschwörerin zu erlernen. Am Ende ihrer Jahre dauernden Ausbildung hat sie nicht nur festgestellt, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühlt, sondern auch, dass ihr Meister sie betrogen hat. Er belegt sie mit einem Fluch, den sie binnen zehn Jahren brechen muss, will sie nicht ihre Seele verlieren.
Auf ihrer Suche quer durch Europa wird sie schließlich als Hexe gefangen und soll zum Scheiterhaufen in Spanien gebracht werden. Die schweizer Söldnertruppe zu überwältigen, gelingt ihr, auch mit Hilfe des künstlerisch geprägten Manuel, der ein Begleiter für sie wird. Mit ihm, dem Arzt Paracelsus und der Hure/Söldnerin Monique versucht sie nun, ihrem einstigen Meister zuvor zu kommen - und die Zeit tickt.

Meinung

Jesse Bullingtons Werk einzuordnen, fällt schwer. Es ist sicher vieles, düster, grob, schonungslos, laut, sogar ordinär und vielleicht gerade deshalb eines der besten Bücher, die ich seit langer Zeit gelesen habe. Schubladendenken gehört nicht hierher, da sich diese Geschichte ohnehin in keine davon einsperren lassen würde. Zarte Gemüter oder jene mit hohem Ekelfaktor sollten nicht erst zugreifen, auch wenn sich hinter allem Derben viel Intelligenz und historische Recherche verbergen.
Awas Charakter bleibt den Roman über recht konstant, eine gewisse Unschuld, fast Naivität wird sie nie ganz los. Dabei ist sie aber nicht dumm und lernt schnell. Die Ausbildung bei ihrem Meister macht das erste Drittel des Romans aus und wird in aller Ausführlichkeit beschrieben. Das wirkt aber nicht ein einziges Mal langwierig oder aufgesetzt, sondern vielmehr sehr glaubhaft und durchdacht. Awa isst dabei das Fleisch der Toten und lässt Verstorbene wiederauferstehen, um sie mit gewissen Befehlen an sich zu binden und ihnen aufzutragen, was zu tun ist. Auch ihre einstige Herrin ist darunter, in die sie vom ersten Tage an verliebt gewesen ist und das auch nach deren Tod nicht ablegen konnte.
Dabei ist Awa aber keine Gebieterin, sondern Opfer, wie so viele andere auch, denn eine Flucht ist ausgeschlossen. Ihr Meister hat wandelnde Tote dazu abgestellt, dies sicherzustellen. Sie ist also gezwungen an diesem einsamen Ort erwachsen zu werden, die Toten und den Meister als einzige Gesellschaft.
Der letzte Tag ihrer Ausbildung ist ein Stichtag, an ihm geschieht so vieles, das es schwer fällt, die Geschichte beiseite zu legen. Awa überlebt und muss nun mit dem Wissen klar kommen, dass sie in zehn Jahren das Wichtigste überhaupt verlieren und erneut zur Sklavin werden könnte. Sie, die nie außerhalb von Mauern gewesen ist, muss sich nun mit dem Europa des 15. Jahrhunderts herumschlagen und das als Frau, dunkelhäutig, lesbisch und als Hexe.
Viele der Figuren, denen sie begegnet, haben tatsächlich gelebt, nicht zuletzt der Künstler Manuel, der sich als Söldner das Geld für seine Farben verdient. Das bekannteste Werk "Berner Totentanz" wird anschaulich in seiner fiktiven Entstehung an der Klostermauer geschildert. Manuel bittet nämlich Awa für ihn einige Tote aus den dortigen Gräbern zu erwecken, damit er diese darstellen kann.
Monique ist eine Klasse für sich. Ihr Leben war nie einfach, aber sie hat kämpfen gelernt und das in jeder Hinsicht. Sie ist frei heraus und spricht, wie es ihr einfällt, mir allen Ausdrücken und Flüchen, die sie je irgendwo gehört hat. Und obwohl sie das unsympathisch machen müsste, wächst sie einem regelrecht ans Herz.
"Vom Tode verwest" mag nicht den besten deutschen Titel erhalten haben und sich mittig etwas ziehen, es ist aber auch anders. Wer Abwechslung sucht, sollte nicht vorbeigehen; auch grandiose Charaktere und ein atmosphärisches Bild des mittelalterlichen Europas mit seinen Kriegen, Krankheiten und (eingebildeten?) Hexen überzeugen zusätzlich. Empfehlung!

http://jessebullington.com/
Jesse Bullington ist ein amerikanischer Phantastikautor aus Boulder, Kaliforniern. Geboren in Pennsylvania, wuchs er einige Zeit in den Niederlanden auf, bevor die Familie zurück in die Heimat zog. Er hat einen Abschluss in Geschichte und Englischer Literatur und in seinen beiden bisherigen Werken zeigt er seine Vorliebe für schwarzen Humor, Gothic Novels und seine Leidenschaft für das europäische Mittelalter.

4 Kommentare:

  1. Anonym16.2.13

    Hallo Soleil!
    Danke für diese Rezi!
    Das klingt ja interessant, allerdings schreckt mich doch der schräge Titel etwas ab. Aber da ja auch immer auf der Suche nach neuen Geschichten bin und bizarre Stories mag, versuche ich es vielleicht mal. Mist, jetzt habe ich gerade gesehen, dass es ein ebook ist. Da ich keinen reader habe, wird das wohl erst mal nix.
    Viele Grüße
    Jessica

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    1. Hallo Jessica,

      und willkommen im Blog!
      Nun ja, für seinen (deutschen) Titel kann das arme Buch ja nix. ;-) Der Originaltitel ist da wesentlich besser und sagt auch mehr aus.
      Das Buch ist auch als ganz normaler Papierroman zu erhalten, ich selbst habe ihn der Bequemlichkeit als E-Book gelesen. Aber jeder wie er mag :)

      LG
      Soleil

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  2. Anonym16.2.13

    Ah, das ist ja prima. Dann wird es vielleicht doch noch meines!
    VG
    Jessica

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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