Titel: Der tote Schatten
Autor: Susanne Ferolla
Originaltitel, 480 Seiten
ASIN: B00LEUKOY2
Euro: 5,90
Warum ich Angst vor einem Schatten habe ...
Nicht
einmal für eine Millionen würde ich länger als nötig in Thoran
verbringen wollen. Obwohl die Stadt inmitten des reißenden Flusses
Korothá einmalige Sehenswürdigkeiten zu bieten hat und ich die Autorin
bin. Sie ist traumhaft (mein absoluter Geheimtipp ist die Gasse der
Heiler und Magier, wo kunstvolle Aushängeschilder die Geschäfte zieren) —
wenn auch die Gebäude am Abgrund durch die Gischt leider sehr anfällig
für den Hausschimmel sind.* Nicht einmal ins Hinterland zu den
Wolfselben würde es mich ziehen, egal wie romantisch es an den sandigen
Ufern des Korothá auch sein mag — in meiner Welt würden an so einem
Naturkleinod endlose Autoschlangen in der Sonne glänzen und die
Campingplätze in der Hochsaison hoffnungslos überbelegt sein.
Einheimische Wilde, wie zum Beispiel meine Ji`harbis, hätte man längst
in Reservaten gebändigt und dazu gebracht, Parkplatztickets und Eis zu
verkaufen. So schön und ursprünglich ist es dort.
Trotzdem verzichte
ich dankend auf einen Urlaub in dieser Region. Denn der tote Schatten
hat dort sein Unwesen getrieben. Angeblich der letzte seiner Art. Aber
wer weiß ...
Weil nicht einmal die Magier der Wolfselben die Macht
gehabt hatten ihn zu bändigen, wurde der tote Schatten kurzerhand in
Thorans Fundamenten gebannt. Beim Schreiben fragte ich den Obersten von
Thoran, wie ich mir das vorzustellen habe. Er blickte mich ganz
indigniert an. Natürlich habe man den Dämon nicht einfach nur
eingemauert, lächerlich. Nein, er wurde mit Hilfe der Wolfselben dazu
verflucht, im Gestein zu verharren, beteuerte mir der Oberste. Der Arme
hörte sich fast so an, als wollte er sich für die Taten des Wahnsinnigen
rechtfertigen, der den Dämon befreit und ein schreckliches Chaos
angerichtet hat. Ob der Oberste insgeheim gehofft hatte, Thorans
Schimmel könnte den Schatten da unten vernichten? Den Gefallen konnte
ich ihm leider nicht tun. Wäre eine ziemlich langweilige Geschichte
geworden. Vielleicht ist der Oberste deshalb schlecht auf mich zu
sprechen. Was soll`s, man kann es nicht jedem recht machen. Autoren
sind schließlich da, um zu quälen.
Die Greisin Abelka aus dem
Hinterland, deren Großmutter die dunklen Zeiten des Kriegsherren Xeres
miterlebt hat, beschreibt die Dämonen sehr treffend: „Die
Schatten sind halb Körper, halb Geist, von keiner Mutter geboren. Sie
sind nichts Richtiges, weder das eine, noch das andere. Da sie keine
eigene Seele besitzen, fressen sie die der Lebenden.“ Und weiter: „Sie
haben Menschengestalt, aber ihre Augen blicken leer und kalt wie der
Tod, weil sie seelenlos sind. Gehen sie an dir vorbei, wirst du dich
kaum an sie erinnern, denn du wirst glauben, es sei ein hoher Herr mit
einem schwarzen Umhang gewesen. Wenn dich der Lufthauch eines toten
Schattens streift, kannst du ihn nicht riechen. Er sieht aus wie ein
Körper, ist aber weniger als Luft. Du kannst nicht mit ihm
zusammenstoßen, wohl aber kann er dich festhalten und umarmen.“
Da
läuft es mir kalt den Rücken runter. Dabei ist ein Schatten lediglich
eine unbeleuchtete Fläche. Ihm kann man keine Eigenschaften zuschreiben.
Eigentlich ist er … nichts. Er wiegt nichts, man kann ihn weder fangen
noch zertreten. Trotzdem legt er sich auf uns. Und drückt uns nieder.
Tritt man ins Licht, ist der Spuk vorbei, vor uns liegt lediglich der
eigene Schatten. Bleibt einem das jedoch verwehrt, ist man gefangen.
Gruslig.
Der tote Schatten ist ein Seelendieb. Er nimmt dir alles.
Selbst wenn du nackt bist und du nur mehr dich selbst hast, frisst er
deine Träume und Wünsche. Außer deiner Körperhülle bleibt nichts von dir
übrig.
Das macht mir Angst. So was denkt man sich nicht einfach
aus. Hinzu kommt, dass er von dem größenwahnsinnigen Kriegsherren Xeres
auf der Suche nach der perfekten militärischen Waffe erschaffen wurde.
Nicht auszudenken, könnten heutige Diktatoren und Kriegstreiber zaubern
und Dämonen erschaffen. Ein Schatten klebt an dir, den wirst du nie los.
Deshalb sehe ich zu, meine Aufenthalte in Thoran so kurz wie möglich zu
halten. Wer weiß: vielleicht lauert der Schatten nur darauf, mit mir in
unsere Welt zu gelangen. Vielleicht gibt es die Seelenfresser ja
wirklich. Es wird schon seinen Grund gehabt haben, warum dieses Buch
entstanden ist.
* (Thoraner
husten viel. Das wird aber in der Geschichte nach Rücksprache mit dem
Obersten von Thoran verschwiegen. Ist aber leidiges Dauerthema dort. An
einer einzigen Stelle durfte ich auf diese Problematik eingehen: Während
Thorans Belagerung verschimmelte das Mehl und wurde ungenießbar.)
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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!
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