Titel: Der Zeit-Zwirbel-Effekt und seine Knöpfchendrücker
Autorin: Daniela Rohr
Originaltitel, 174 Seiten
ISBN: 978-1484194751
Euro: 6,99
»Viel
Spaß beim Lesen!«, schreibe ich bei meinem ersten Buch »Der
Zeit-Zwirbel-Effekt und seine Knöpfchendrücker« gern in die Widmung.
Denn es soll ja Spaß machen, und wenn ich mir die Rezensionen so
betrachte, die mir durchweg Humor unterstellen, dann weiß ich, dass ich
hier nicht zu viel verspreche.
Doch was schreibt man als Autor, wenn
man ein Buch verfasst hat, das keinen Spaß machen soll? Ein Buch, das
den Leser in seinen Bann ziehen, ihn mit der Protagonistin an den Rand
der Verzweiflung treiben, verwirren und erschaudern lassen soll? Ein
Warnhinweis? »Achtung! Dieses Buch könnte Sie in eine nicht
erstrebenswerte Stimmung versetzen.«
Wie kann ich jemandem Spaß bei
einem Buch wünschen, das zu schreiben mir selbst keine Freude bereitete,
sondern mich während dieser Zeit in ein tiefes Loch zog? Aber
vermutlich wirkt es auf Leser nicht ganz so intensiv wie auf mich. Denn
ich habe mehrere Monate mit Linea in ihrem Turm verbracht. Schnelle
Leser können ihm nach zwei bis drei Stunden entkommen und die Geschichte
je nach persönlichem Sensibilitätsfaktor mehr oder weniger verdrängen.
Seltsam, dass selten jemand fragt, wie sich der Autor beim Schreiben
fühlt. Wie ergeht es wohl Stephen King, wenn er seine Horrorgeschichten
verfasst? Gruselt er sich selbst – auch bei der hundertsten Horrorstory?
Oder hat er gelernt, sich zu distanzieren? Aber meistens fragen die
Leser nach etwas anderem – nach der Idee.
Wenn ich also gefragt
werde, wie ich auf die Idee zu »Im Turm des Panopticons« gekommen bin,
erzähle ich gern, wie mich das aktuelle Thema der Rundumüberwachung
fesselte, wie ich das Wort Panopticon entdeckte und über ein Bild
stolperte, bei dem die Gefangenen eines Panopticons an den Rändern ihrer
Zellen stehen. Nur Schatten, menschliche Umrisse im grellen Gegenlicht.
Ob sie ihren Blick auf den Fotografen richteten, der sie in dem Moment
ablichtete? Ich weiß es nicht. Aber so stellte ich es mir vor. Und es
ließ mich erschaudern.
Dieses Gefühl wollte ich auch in meinem Buch
unterbringen. Das Gefühl im Mittelpunkt zu stehen, und doch völlig
isoliert zu sein. Als ich die Novelle schrieb, zog ich mich sehr zurück,
wurde ebenfalls zu einer isolierten Person, deren einzige Gesellschaft
ihr Computer war und die hin und wieder einen Anruf von einem Freund
erhielt. Dementsprechend froh war ich, dass ich die Geschichte auf 100
Seiten beschränken wollte.
Und als ich es schließlich veröffentlichte
und ich wieder aus diesem Gefängnis entfliehen konnte, das ich mir
selbst erbaut hatte, zweifelte ich zunächst, ob überhaupt jemand so
etwas lesen wollte. Die Zweifel verflogen zum Glück, als ich die ersten
Rückmeldungen erhielt. Besonders gefielen mir die Rezensionen, bei denen
sich herausstellte, dass die Geschichte nachhallte – die Leser dazu
bewegte, sich noch Tage danach mit verschiedenen Aspekten meiner Novelle
zu beschäftigen.
Ja, ich liebe es, zu schreiben. Ich genoss es auch,
auf irgendeine masochistische Weise, »Im Turm des Panopticons« zu
verfassen. Doch es machte mir definitiv keinen Spaß. Denn Spaß bedeutet
für mich Lachen, Schmunzeln, Heiterkeit. Ein paar auflockernde Stellen
zum Schmunzeln konnte ich mir als langjährige Komödienschreiberin mit
Hang zu schwarzem Humor trotzdem nicht verkneifen. Doch wer gern
leichtverdauliche Lektüre zum Abschalten sucht, der sollte »Im Turm des
Panopticons« tunlichst meiden.
Das tue ich übrigens auch. Für mich
stand danach nämlich fest, dass ich mich lieber wieder humoristischer
Science-Fiction widme. Und so arbeite ich derzeit an einer elfteiligen
Serie über eine Frau, die nach einem One-Night-Stand mit einem
Außerirdischen feststellen muss, dass er ihren Vibrator gestohlen hat.
Und weil das einfach ein so dermaßen grausames Verbrechen ist, dass man
es nicht einmal Galaktopol erzählen möchte, folgt sie ihm
kurzentschlossen durch die halbe Galaxis.
Momentan habe ich wirklich sehr viel Freude bei meiner Arbeit. Und sobald ich es veröffentlicht habe, kann ich auch endlich wieder ruhigen Gewissens schreiben: »Viel Spaß beim Lesen!«
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