Leider sehr verwirrend gemacht.
Titel: Liebesromane schreiben für Dummies
Autorin: Annika Bühnemann
Originaltitel
Verlag: Wiley-VCH
ISBN: 978-3527722686
Euro: 19,99
Veröffentlichungsdatum: September 2025
Seiten: 320
Serie: nein
Come in: Agentur/vom Verlag
Inhalt/Klappentext
Sie wollen einen Roman schreiben und die
Romantik soll darin eine große Rolle spielen oder vielleicht soll es sogar ein
Liebesroman sein? Dann wird Ihnen dieses Buch gewiss eine große Hilfe sein.
Annika Bühnemann führt Sie einfühlsam in dieses Genre und seine Subgenre ein.
Sie erklärt Ihnen, wie Sie als Autor Gefühle auslösen, eine Idee und Figuren
entwickeln und eine glaubwürdige Chemie zwischen den Protagonisten schaffen.
Die Autorin widmet sich auch Trends, der Frage der Diversität und erklärt, wie
Sie Klischees und Vorhersagbarkeit vermeiden können. So ist dies ein Buch zum
Lernen, wie auch zum Schmökern.
Meinung
Ich muss gestehen, dass dies eine sehr schwere
Rezension werden wird, mit der ich lange gehadert habe. Doch handelt es sich
auch um das erste Buch, in das ich kleine Eselsohren gemacht habe, immer dann,
wenn ich die Stirn runzeln musste. Zusammenfassend sagen lässt sich, dass mich
die Autorin wahnsinnig verwirrt hat (und ich bin, wie man so sagt, vom Fach und
arbeite seit vielen Jahren mit und im Genre, wenn auch nicht nur). Das begann
mit der Definition des Genres (plus Untergenres), setzte sich mit dem Aufbau,
vor allem auch dem Ende fort, der Methode, die sie verwendet und hörte mit
einigen Tipps nicht auf. Mein Eindruck nach dem Beenden des Sachbuches war,
dass sie zwar eine Menge zum Thema „Schreiben“ gelesen und sicher auch ein
Stück weit auswendig gelernt hat, es jedoch leider nicht verinnerlichen konnte.
Auf dem Cover steht der Titel „Liebesromane schreiben für Dummies“. Die
Bücher der Dummies-Reihe vermitteln komplexe Themen an Leser, die im jeweils
behandelten Thema unerfahren sind. Dabei ist die Zielgruppe nicht wortwörtlich
zu verstehen: „Gemeint ist eher, dass die Bücher kein Wissen voraussetzen und
man sprichwörtlich mit „leerem Kopf“, also bei „Null“ anfängt.“ Ich fürchte,
wer an diesen Ratgeber blind und relativ unbelesen im Schreiben herangeht,
zudem noch nie einen Liebesroman gelesen hat, wird Schwierigkeiten haben, ihn im
Ganzen zu verstehen. Für mich liegen zwei völlig unterschätzte Probleme vor:
Die Definition des Genres und die Unterlassung der Einbeziehung einer
Zielgruppe (für die jeweils das Schreiben unterschiedlich umgesetzt wird).
Der Liebesroman (LiRo) als solcher ist hier um
Liebesdramen erweitert worden, die sich mit dem eigentlichen Genre jedoch
beißen. Denn ein LiRo braucht zwingend ein
Happy End, genauso wie die Liebesgeschichte der Protagonisten mindestens
fünfzig Prozent und mehr der Handlung ausmachen sollte. Wenn am Ende alle tot
sind, handelt es sich nicht um einen Liebesroman. Da differenziert die Autorin
zwar, indem sie auch von Liebesgeschichte
spricht, aber leider nicht klar genug, dass der Unterschied deutlich werden
würde. Zudem zitiert sie immer mal wieder aus Büchern, die als Beispiel für
ihren jeweiligen Punkt in den Kapiteln herhalten sollen, aber hier werden alle
gleich behandelt und nie steht dabei, ob es ein Liebesroman oder eine Liebesgeschichte
(ihrer Definition nach) ist. Am Ende ist es gar „Romeo und Julia“, aus dem
zitiert wird: Dies ist kein Liebesroman! Das ist eine Tragödie, ein Drama. Später
wird die Autorin (Seite 66) von Liebesgeschichte und „Romance“ (in
Anführungszeichen, nur warum?) sprechen und dass der zukünftige Autor sich
Gedanken um sein Genre machen sollte. Es war anstrengend und ein bisschen frustrierend
zu sehen, auf wie tönernen Füßen allein diese Definition des/r Genres stand.
Die Untergenres im LiRo sind wahnsinnig
vielfältig und alle aufzuzählen, würde unzählige Seiten verschlingen. In der
englischen Sprachwelt sind sie wesentlich einfacher voneinander abgegrenzt. Der
Autorin blieb nichts anderes übrig, als einige davon in Anführungszeichen zu
setzen, in etwa „Chick-Lit“ und „Nackenbeißer“. Beide Begriffe übrigens sind
mir schon ewig nicht mehr untergekommen.
Obwohl es hilfreiche Tipps im Sachbuch gibt,
fehlt die Erwähnung einer Zielgruppe leider komplett. Nur ein einziges Mal ist
dieses Wort im Buch vorgekommen und dann leider nur in einem einzigen Satz.
Auch die Autorin hat eben diese für sich und ihr Sachbuch nicht stringent
beibehalten oder definiert. Oft war mein Eindruck, sie schreibe mit und über
Instagram verbundene Autoren. Dort begegnen mir in einigen Post ebenfalls
bestimmte Begriffe und Zusammenhänge, die hier aufgegriffen werden. Leider
werden aber etliche davon nicht erklärt. Wer nicht weiß, was ein Trope ist (und
nicht jeder zukünftige Autor ist dreißig und jünger) oder was Plotter und was
Pantser, hat leider Pech gehabt. Und obwohl ich noch kein Dinosaurier bin, aber
auch nicht mehr taufrisch, sind mir diese Begriffe noch nicht lange gewahr.
Denn vor Jahren hatten wir dafür andere Bezeichnungen; die englischen Begriffe
kamen erst mit der Flut an Schreibratgebern, die oft von englischsprachigen
Ratgebern, sagen wir mal, inspiriert waren.
Will sagen: Jeder Autor muss zwingend vor dem
Schreiben sein Genre/Untergenre UND seine Zielgruppe kennen. Viele Autoren
wissen, dass das Cover ihr Buch verkaufen wird. Und eben dieses ist an das
Untergenre und damit eben auch an die Zielgruppe gebunden. Ein Cover in
Pastellfarben enthält oft eine Geschichte für jüngere Leserinnen, die nichts
gegen Adjektive oder eine etwas blumigere Ausdrucksweise haben. Ein Krimiplot
als Grundlage verlangt dagegen dunklere, gesetzte Farben und eine klarere Schriftsprache.
Davon ist leider nichts im Buch zu lesen (und spätestens im Kapitel zu „Stil“
hätte es Erwähnung finden können). Meiner Erfahrung nach ist das der am meisten
unterschätzte Punkt im Schreibhandwerk überhaupt. Darum, lieber Autor, kenne
immer deine Zielgruppe! Der zweite unterschätzte Punkt ist übrigens die
korrekte Anwendung der deutschen Schriftsprache. Aber das würde jetzt zu weit
führen.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Autorin nicht
ein bisschen davon geahnt hat. Denn sie hat drei namhafte Autorinnen zu bestimmten Details im Schreiben befragt
und baut deren Antworten, die sich auf wenige Sätze belaufen, mit in ihren Text
ein. Allerdings nicht mehr, wenn er tiefer in die Materie eintaucht. Außer aus
marketingtechnischen Gründen würde sich mir nicht erschließen, warum das
gemacht wurde. Es schadet allerdings auch nicht.
Es folgen Hinweise auf das Erstellen eines
Plots, die für Neulinge hilfreich sein können.
Auf Seite 124 war ich verwundert, auf diesen
Satz zu stoßen: „Meiner Erfahrung nach ist es äußerst hilfreich, wenn Sie sich
frühzeitig Gedanken darüber machen, wie das Finale Ihrer Geschichte aussehen
könnte.“ Das ist nicht nur hilfreich, es ist zwingend geboten. Auch wer aus dem
Bauch heraus schreibt, sollte wissen, wohin seine Geschichte führen soll. Es
ist jeder Story anzumerken, die nur so drauflosgeschrieben wurde (man stelle
sich einen Autor vor, der bis ganz kurz vor Ende nicht weiß, wer der Mörder in
seinem Krimi ist …). Das steht auch in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Zielgruppe (und dem Untergenre).
Es gibt übrigens zahlreiche Seiten, die nur aus
Listen bestehen, die wiederum immer nur ein oder zwei Worte pro Punkt
beinhalten. Mussten hier mehr Seiten herausgeholt werden?
Bei vielen Hinweisen und Tipps wird schnell
klar, woher die Autorin diese hat. Leider gibt es keine Fußnoten oder
wenigstens eine Liste mit weiterführender Literatur. Was Beat Sheet ist, wird
kurz zusammengefasst, aber den Namen des Erdenkers dazu sucht man vergeblich.
Und dann stieß ich auf die Girlandenmethode und wusste nicht recht, ob ich
lachen oder weinen sollte. Da keine Quelle und keine Herkunft angegeben ist,
ging ich beim Lesen zunächst davon aus, dass sie dem Geist der Autorin
entsprungen ist. Worauf ihre Methode beruht, erwähnt sie leider mit keinem
einzigen Wort. Es ist aber dennoch schnell zu erkennen. Ich sage nicht, dass
sie nicht hilfreich ist, aber wer sich auskennt, kann hier nur mit
Bauchschmerzen mitlesen. Dass sie zudem an mehreren Stellen im Sachbuch dazu
rät, bei anderen abzuschreiben (wenn auch nicht zu veröffentlichen) oder sich
Listen mit Ideen von anderen anzulegen, ist hier schon fast nebensächlich.
Leider kann ich dieses Buch nicht
weiterempfehlen. Vielleicht werden Schreibeinsteiger etwas für sich
herausziehen können. Aber ihnen wird leider auch vieles vorenthalten. Die Autorin
kannte ihre eigene Zielgruppe nicht und konnte sich daher auch auf kein Genre
(Liebesroman, nicht –geschichte!) festlegen, womit sie äußerst verwirrend in
ihren Gedanken herumsprang, denn die Unterschiede bedingen auch verschiedene
Herangehensweisen und Definitionen. Zudem kann ich niemanden empfehlen, der
zukünftigen Autoren als Übung des Handwerks nicht auch das Lesen empfiehlt (vor
allem im eigenen Genre). Mich hat dieses Buch ratlos gemacht – und das in jeder
Hinsicht.
Annika
Bühnemann arbeitet
als Beraterin angehender und bereits etablierter Autoren und ist zudem
zertifizierter Life Coach. Außerdem hat sie selbst als Autorin zahlreiche
Krimis und Liebesromane veröffentlicht.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!
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