Samstag, 10. März 2018

Die Verräterin - Seth Dickinson

Titel: Die Verräterin
Autorin: Seth Dickinson
Originaltitel: The Traitor Baru Cormorant
Verlag: FISCHER Tor
ISBN: 978-3596296729
Euro: 16,99
Veröffentlichungsdatum: Juni 2017
Seiten: 560
Serie: Das Imperium der Masken 01
Come in: Tausch









Inhalt

Baru Kormoran, Tochter einer Speerjägerin und zweier Väter, ist noch ein Kind, als das Imperium der Masken nach Taranoke kommt. Der Fortschritt lässt nicht lange auf sich warten; die meisten Kinder kommen gegen den Willen der Eltern an eine Schule, gezahlt wird überwiegend mit Papiergeld, schließlich treten die ersten Seuchen auf. Am schlimmsten für die Gesellschaft ist jedoch das "hygienische" Denken, das gleichgeschlechtliche Beziehungen verdammt, die Familienbande zerfallen. Auch Barus Vater verschwindet spurlos. Das hochbegabte Kind schwört sich, es werde das Imperium vernichten, weiß aber bereits, dass dies nur von innen heraus geschehen kann. Sie arbeitet hart und besitzt auch einen Fürsprecher, doch als sie die Schule mit Bestnoten abschließt, geht es für sie nicht in die Hauptstadt, sondern als Buchhalterin in die Kolonie Aurdwynn. Hier schwelt seit Jahren der nächste geplante Aufstand und Barus Vorgänger sind heimtückisch ermordet worden. Zwischen den einzelnen Parteien gefangen, muss Baru sich entscheiden, auf welcher Seite sie steht. Und darauf achten, dass niemand hinter ihr tiefstes Geheimnis gelangt, das sie auch vor sich selbst zu verbergen sucht.


Meinung

Wer zu Seth Dickinsons "Imperium der Masken" greift, sollte sich zunächst zwei Dinge klarmachen: 1) Hier steht genau eine Figur im Mittelpunkt, die von viel Politik, Intrigen, Strategie umgeben ist, alles andere ist zweitrangig. 2) Der Vergleich des Verlages mit George Martin ist völlig absurd und trifft keinesfalls zu.
Baru ist ein normales kleines Mädchen, das gern die Vögel zählt, als die ersten Imperiumsschiffe anlanden. Schnell durchschaut sie die Machenschaften der Neuankömmlinge und erlangt so die Aufmerksamkeit ihres Fürsprechers. Obwohl Dickinson nicht viele Seiten auf Barus Kindheit aufwendet, wird das Leben vor und nach der stillen Invasion sehr spürbar und das fast allein durch die Veränderungen, die die Masken durchsetzen.
Als sie einen ihrer Väter gewaltsam verliert, lernt Baru, nicht nur an den Schulstoff analytisch heranzugehen. Astronomie, Mathematik, Verwaltung sind weit gediegen im Imperium, fortan muss das Mädchen ebenfalls lernen, ihre Gedanken und Gefühle zu verstecken und abzuwägen, mit wem sie Umgang pflegt und wem nicht. Daran wird sich auch bis zuletzt nichts ändern.
Nach ihrem Abschluss wird die inzwischen Achtzehnjährige nach Aurdwynn geschickt, wo die eigentliche Geschichte beginnt. Mit Baru und den Machenschaften des Imperiums bestens vertraut, ist es schwierig, keine Sympathien mit den Herzögen und der Bevölkerung zu entwickeln. Diese machen es Baru alles andere als leicht. Die junge Frau muss schnellstens lernen, wem sie trauen kann und wem nicht und vor allem, was ihre beiden Vorgänger falsch gemacht haben, so dass man sie beseitigt hat. Wer eine eher ruhige Erzählung auf der Handlungsebene verkraftet und auch für Politik und deren Wirrungen etwas übrig hat, wird hier bestens unterhalten; es ist schwer, das Buch länger aus der Hand zu legen.
Die Charakterisierung Barus und der sie umgebenden Figuren ist sehr fein nuanciert und verlangt nach einem sehr aufmerksamen Auge. Baru ist dabei natürlich am fassbarsten, nicht zuletzt, weil auch sie einiges vor sich selbst geheim zu halten sucht und es ihr aufgrund ihres Alters noch nicht recht gelingt. Vielleicht liegen hier erste Andeutungen versteckt, dass die Masken nicht nur etwas sind, das man sich vor das Gesicht hält. Denn jahrelang wie eine emotionslose Maske zu handeln, macht eine solche irgendwann unnötig. Baru hat ein Ziel und dem verschreibt sie sich mit Haut und Knochen, sie muss niemandes Sympathien erringen, am wenigsten die des Lesers. Und gerade deswegen bekommt sie sie doch.
Barus Intrigen und deren Vorbereitungen zuzusehen, zu spüren, wie ihr genialer Verstand jede Möglichkeit vorauszusehen anstrebt, entwickelt einen ganz eigenen Reiz. Schließlich wird die immer noch junge, aber etwas ältere Frau gezwungen, eine Entscheidung zu treffen und findet sich in einem Bürgerkrieg wieder. Hier kommt es zu einigen Scharmützeln und großen Kämpfen und wer Pierce Brown mochte, hat definitiv etwas für Strategie übrig und wird auch hier nicht enttäuscht. Auf den letzten Seiten wartet noch eine kleine Überraschung, nach der Baru vermutlich endgültig die Achtung des willigen Lesers erlangt hat. Meine hat sie.
"Die Verräterin" ist eine einzigartige, hochentwickelte Geschichte, die nur kurz an Tempo verliert, ansonsten aber das Herz des anspruchsvollen Fantasylesers im Sturm zu erobern vermag.

(Laut E-Mail vom Verlag am 26.02.18 wird Teil 2 leider nicht übersetzt.)


Das Imperium der Masken
1. The Traitor Baru Cormorant (Die Verräterin)
2. The Monster Baru Cormorant (2018)


Seth Dickinson hat zahlreiche Erzählungen in Analog, Asimov's, Clarkesworld und Strange Horizons veröffentlicht und schreibt für den Computerspiel-Blockbuster ›Destiny‹. Er unterrichtet Kreatives Schreiben beim Alpha Workshop for Young Writers und hat 2011 den Dell Magazines Award gewonnen. ›Die Verräterin‹ ist sein erster Roman.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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