Samstag, 21. Januar 2012

(Interview) Nerdpol-Verlag


Ole Johan Christiansen und sein Kollege Oliver Dierssen sind mit der Zeit gegangen und haben sich einen kleinen Traum erfüllt. Fasziniert vom Medium "E-Book" und traurig über den fehlenden Platz für Kurzgeschichten haben sie beschlossen, selbst Abhilfe zu schaffen. Gleich neben "Actionville, Horrortown, dem Fantasyforest und der Raumstation Sci-Fi" gibt es seit wenigen Wochen den NERDPOL, einen Verlag für digitale Kurzgeschichten von bekannten deutschen Autoren.


Wann und aus welchem Impuls heraus wurde der Nerdpol-Verlag gegründet?
Der Nerdpol-Verlag war ein eher spontaner Einfall, der vor allem aus zwei Überlegungen heraus entstand. Die eine war: "Viele Autoren haben Lust auf Kurzgeschichten, aber bei Publikumsverlagen gibt es dafür leider kaum Platz."
Die andere lautete: "Im Internet und beim E-Book passieren spannende Dinge. Wie könnte man da was beitragen?"
Und schon hatten wir die Grundidee für einen Verlag und für ein Verlagsprogramm.

Sind deutsche Autoren so unzufrieden mit der deutschen Verlagslandschaft, dass sie eigene Verlage erschaffen müssen?
*lach* Nein, absolut nicht, sonst würden wir ja alle in unsere alten Berufe zurückkehren oder uns neue suchen müssen. Mit dem Nerdpol-Verlag wollen wir sicher nicht reich werden. Wir sind bei unseren Verlagen sehr zufrieden. Nur beim Absatz von Kurzgeschichten gibt es in Publikumsverlagen eben ein leichtes Defizit.
Zwar kümmern sich viele kleinere Verlage um den Druck von Anthologien, aber im E-Book-Bereich passiert da relativ wenig. Also haben wir uns einfach überlegt, dass wir weder den Publikumsverlagen auf dem Massenmarkt noch den kleineren Verlagen in ihrer Printnische Konkurrenz machen wollen: Bücher vom Nerdpol gibt es daher nur als E-Books, und nur dafür holen wir bei Autoren die Rechte ein.
Die Autoren sind sicher auch der Hauptausschlag für die Gründung des Verlags gewesen: Die deutsche Fantasy-Szene ist ja gar nicht so groß, und wenn man etwas aktiver in ihr ist, dann kennt man rasch den Großteil der bekannteren Autoren. Gerade diese freundschaftlichen Beziehungen sind uns bei den Veröffentlichungen auch immens wichtig: Die Bücher vom Nerdpol kommen aus der Phantastik-Szene und sind für die Phantastik-Szene.


Wie seid Ihr auf den Verlagsnamen gekommen? Steckt da eine bestimmte Bedeutung oder eine erzählenswerte Geschichte dahinter?
Mit der Namensfindung mussten wir erstaunlich viel Zeit verbringen. Wir haben stundenlang darüber gegrübelt, ohne uns einig zu werden. Der Nerdpol war dann ein ganz spontaner Vorschlag aus Hamburg: Eine gewisse WG wird dort von ihrem Freundeskreis oft scherzhaft "der Nerdpol" genannt, weil sie in der Straße "Am Pool" beheimatet und vollgestopft mit allerlei Nerdkram in Form von Büchern, Spielen, Actionfiguren und Comics ist. Nerdpol hat uns beiden dann als Begriff so gut gefallen, dass wir uns sofort darauf einigen konnten.

Wo liegt der "Nerd-Pol", was wird veröffentlicht und was nicht? Warum wird es Eure Bücher nicht in Print, sondern ausschließlich in Digital geben?
Der Nerdpol liegt natürlich in Nerdistan, gleich neben Actionville, Horrortown, dem Fantasyforest und der Raumstation Sci-Fi. Wir fühlen uns der Phantastik in all ihren Spielarten verpflichtet: Fantasy, Horror/Mystery und Sci-Fi - das sind die Genres, um die wir uns kümmern möchten. Immer als Kurzgeschichten und immer von neuen wie alten Namen aus der Phantastik-Szene. Wichtig ist uns dabei, dass wir bei Nerdpol aber niemanden entdecken können - das müssen und sollen die Publikumsverlage machen. Wer aber schon eine größere Veröffentlichung vorzuweisen hat, der ist gern herzlich eingeladen, bei uns mitzumachen.

Warum nur Kurzgeschichten? Warum wird es Eure Bücher nicht in Print, sondern ausschließlich in Digital geben?
Weil wir eben niemand anderem Konkurrenz machen wollen. Wir wollen weder mit den Publikumsverlagen noch mit kleineren Verlagen konkurrieren. Also gibt es bei uns nur Kurzgeschichten, und diese dann auch nur in Form von E-Books.
Das hat auch den Vorteil, dass wir mal eben so eine Geschichte für Zwischendurch präsentieren können, die man beispielsweise auf einer kleinen Zugfahrt herunterlesen und verschlingen kann.

Für welche Autoren macht es Sinn, sich an den Verlag zu wenden (Anm.: Stichwort Kurzvita)? Wie sollten diese dabei am besten vorgehen?
An uns kann sich jeder Autor wenden, der mindestens eine Phantastik-Veröffentlichung im Publikumsverlag hat - wobei wir in artverwandten Bereichen wie Thriller oder Historienroman vielleicht auch mal ein Auge zudrücken können. Wir werden wohl demnächst mit einer offenen Kurzgeschichten-Reihe starten und freuen uns immer über Interesse von Autoren - der Nerdpol-Verlag soll schließlich auch eine Möglichkeit der Kontaktaufnahme zu anderen Autoren sein.
Wer Interesse hat, schickt uns einfach eine E-Mail an info (at) nerdpol-verlag.de - aber bitte erst mal ohne Geschichte. Wir müssen schließlich schauen, wie schnell wir was veröffentlichen können. Wir haben schon festgestellt, dass viele Autoren Geschichten in der Schublade haben, weshalb wir leider auch keine Veröffentlichungsgarantie geben können.

Wer gestaltet die Cover der Titel?
Mit Jan Warncke haben wir einen guten Freund und großen Phantastik-Fan gewinnen können, der uns von Anfang an grafisch unterstützt hat - auch unser Logo mit dem Nerdbrillen-Eisbär ist von ihm. Prinzipiell haben wir je nachdem, wie sich alles entwickelt, auch Interesse daran, mit anderen Illustratoren und Künstlern zusammenzuarbeiten, aber Jan hat natürlich einen Bonus als Freund und Unterstützer.

Seit Dezember 2011 gibt es das erste Werk des Verlages. "Die Untoten" ist eine Anthologie mit sieben bekannten deutschen Phantastikautoren. Für wen ist sie am besten geeignet und warum darf man sich die nicht entgehen lassen?
"Die Untoten" waren wieder so eine spontane Idee. Aktuell treiben sich ja reihenweise wandelnde Leichen auf dem Buchmarkt herum, also beschäftigen sich natürlich auch viele Autoren mit der Idee des Wiedergängers. Mit unserer Anthologie präsentieren wir sieben sehr unterschiedliche Geschichten mit sehr unterschiedlichen Geistern, Gespenster, Wiedergängern und Zombies - Vampire haben sich überraschenderweise keine eingefunden.
Neben dem Grusel und der (Schauer-)Romantik, die mit dem Thema wohl fast schon zwangsläufig einhergehen, hat sich auch erstaunlich viel Humor in die Geschichten eingeschlichen - eben eine richtige gute Mischung mit richtig guten Geschichten. Es dürfte also für fast jeden etwas dabei sein.

Kleiner Ausblick zum Schluß: Was dürfen Leser zukünftig von Nerdpol erwarten?
Als nächstes Projekt arbeiten wir an einer Reihe mit Einzelkurzgeschichten, für die es auch schon Interessenten gibt. Und wir planen natürlich, auch nächsten Winter eine Anthologie zu machen, aber dazu kann ich leider noch nichts Näheres verraten.

Muss sonst noch etwas gesagt werden?
Aber ja: Herzlichen Dank für das Interview und die spannenden Fragen! Und übrigens findet man uns auch im Internet, nämlich unter: https://www.facebook.com/Nerdpolverlag - dort sind Kommentare und Anregen immer willkommen!



Was ist ein Nerd?!
Als Nerd wird jemand bezeichnet, der sich als recht sonderlich, langweilig oder streberhaft erwiesen hat und das Sonnenlicht meidet. Besonders Fachidioten, die aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Intelligenz knietief in Wissenschaft und Technik versinken, sind dazu zu zählen. Das soziale Leben eines Nerds läuft gemeinhin in Internetcommunitys ab, wo es ihm leichter fällt, emotional ansprechbar zu wirken (vorzugsweise durch ;-), :-), --,-- etc.) und er sich eigene Bestätigung in diversen (Online-)Rollenspielen holen kann, indem er das Leben eines anderen imitiert.
Nachdem sich der Begriff in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt hat, ist das Nerdtum inzwischen zu einer Modewelle avanciert. Dabei spielen gerade junge Menschen mit dem Stereotyp und kleiden sich in karierte oder bunt bedruckte Hemden und T-Shirts, setzen sich Hornbrillen auf und frisieren sich keiner Mode entsprechend.

Anmerkung Soleil: Woher der Begriff "Nerd" letztendlich stammt und wer ihn geprägt hat, weiß so recht niemand. Ich möchte dahingehend auf die weibliche Variante des Begriffes verweisen, die bereits seit einigen hundert Jahren existiert: Der Blaustrumpf.

6 Kommentare:

  1. Ein sehr interessantes Projekt. Das werde ich auf jeden Fall weiter verfolgen!

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    1. Hallo Asti,

      willkommen im Blog!
      Das finde ich im übrigen auch.

      LG
      Soleil

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  2. Wieder einmal ein tolles Interview und ein Verlag, den ich sicherlich beobachten werde. Die Herren haben schon Recht. Die großen Verlage tun sich wirklich schwer mit Anthologien. Ich bin gespannt.
    Der Eisbär ist natürlich ein absoluter Sympathieträger :-)

    LG
    Jo

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    1. Hallo Jo,

      Ich glaube, dass da bisher eine echte Marktlücke entdeckt wurde. Als Frisch-Kindle-besitzerin habe ich mich halbtot nach lesbarem Material gesucht. Klar gibt es eine ganze Menge Angebot, aber so unglaublich viel Schrott dabei ...! Wenn ich dagegen weiß, dass ich zumindest Qualität bekomme ... bin gespannt, wie sich das Projekt entwickeln wird und drücke auf jeden Fall die Daumen!

      LG
      Soleil

      PS: Der Eisbär ist genial :)

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  3. Argh! Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Ich hab mit den beiden Jungs vom Nerdpol-Verlag auch grad ein Interview geplant ,-)

    Aber so freue ich mich über dein Interview und ich muss sagen: Sehr tolle Fragen (und spannende Antworten) ,-)))

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    1. Hallo Darkstar,

      Danke für Dein Lob ;-)
      Ich muss gestehen, dass ich vor einer gewissen E-Mail noch gar nichts von Nerpol mitbekommen hatte (die Gelegenheit war dann auch zu güstig, um sie sich entgehen zu lassen) und deswegen ist es gut, wenn man hier und da von der Sache hört. Bin schon auf Deine Fragen gespannt!

      LG
      Soleil

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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